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Thema : Minderheitenbericht 2021

Minderheiten in Schleswig-Holstein -
friesische Volksgruppe

Beitrag des Friesenrats zur Rubrik Forum des Minderheitenberichtes 2021

Letzte Aktualisierung: 28.09.2021

Zunächst einmal möchte der Friesenrat Sektion Nord seine Freude kundtun, dass es gelungen ist, eine Friesenstiftung zu etablieren. Hierbei gilt allen Beteiligten auf Landes- und Bundesebene großer Dank. Das Angebot im Vorfeld zum Minderheitenbericht der 19. Legislaturperiode des Landes Schleswig-Holstein einen Forumsbericht abzugeben, nehmen wir gern wieder auf und gliedern unsere Sichtweise wie folgt auf. Wir weisen darauf hin, dass unsere Sichtweise bereits in den Beratenden Ausschüssen auf Bundes- und Landesebene mehrfach thematisiert wurden:

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Welche Bedeutung wird der Charta für den Erhalt und die Fortentwicklung der Minderheitensprache Nordfriesisch zugemessen?

Weiterhin bildet die europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen den rechtlichen Rahmen, der die friesische Sprache schützen und fördern soll. Sämtliche Bestrebungen und Vorhaben, die die nordfriesische Sprache pflegen und fördern sollen, stützen sich mehrheitlich auf dieses Rechtsinstrument. Die Charta fungiert vor allem als politisches Instrument und dient vielen Vorhaben als Stütze. Grundsätzlich bietet die Charta ein wichtiges Argumentationselement, im Zusammenhang mit dem Austausch mit der Mehrheit. Letztendlich sind es aber die Menschen vor Ort, die einen entscheidenden Anteil an dem Erhalt sowie die Fortentwicklung der friesischen Sprache haben. Denn sie setzen letztendlich die Aspekte der Charta in die Praxis um.

Welche konkreten Fortschritte führen Sie auf die am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Charta zurück?

Das Friesisch-Gesetz von 2004 wurde mit Wirkung zum 30. Juni 2016 u.a. in § 2 novelliert. Friesischkenntnisse wurden damit Einstellungskriterium für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland.

Weiterhin begrüßt der Friesenrat Sektion Nord die Bestrebungen der Landesregierung den Handlungsplan Sprachenpolitik umzusetzen. Damit soll u.a. der Gebrauch von Friesisch in den Behörden erleichtert werden. Zudem sollen die besonderen Sprachkenntnisse, wie beispielsweise Friesisch, bei Bewerbern im öffentlichen Dienst stärker ins Gewicht fallen.

Des Weiteren beinhaltet der Plan eine Erweiterung der Zielsetzung von Kindertagesstätten, zu denen nun auch Minderheitensprachen gehören sollen. Diese ermöglicht, vergleichbar zu den fremdsprachigen Angeboten, eine finanzielle Förderung für die entsprechenden Einrichtungen.

Die zweisprachige Weg weisende Beschilderung im Kreis Nordfriesland ist ein guter und richtiger Schritt. Die friesische Volkgruppe wünscht sich bei weiteren Schritten stärker eingebunden zu sein.

Ein großer Schritt nach vorn ist wie bereits erwähnt die Etablierung der Friisk Stiftung / Friesenstiftung, die mehr Planbarkeit generiert und Ewigkeitscharakter hat.

Auch wird der Schritt der Staatskanzlei Schleswig-Holstein sehr begrüßt, dass im NDR Staatsvertrag eine Novellierung angestrebt wird, die das Senden von mehr Regional- und Minderheitensprachen zum Inhalt hat.

Im Bildungsbereich begrüßt der Friesenrat, dass der Zertifikatskurs Friesisch bei der Vergabe von Referendariatsplätzen mit Bonuspunkten berücksichtigt wird. Mit diesem Anreiz von außen gelingt es möglicherweise, interessierte Lehramtsstudenten zur Friesischlehrerausbildung zu motivieren.

Bei welchen vom Land Schleswig-Holstein übernommenen Verpflichtungen aus Teil III der Charta sehen Sie noch Umsetzungsdefizite?

Auch wenn es wie unter Punkt 2 beschrieben Fortschritte zu verzeichnen sind, so sind die Nordfriesen – gemessen an den Minderheiten in der Bundesrepublik und den Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland – noch weit davon entfernt, Entwarnung zu geben.

In Bezug auf Bildung und Medien gibt es zweifelsfrei Nachholbedarf. Beim Thema Friesisch an den Schulen gibt es im Sprachhandlungsplan der Landesregierung zumindest eine Entwicklung. Weitere Anpassungen mit Hinblick auf Aus- und Fortbildung von Lehrern und Pädagogen ist durchaus erstrebenswert. Ähnliches gilt für die Einstellungspolitik des Landes, welche beispielsweise Friesisch sprechende Lehrkräfte unabhängig vom Gebiet des friesischen Sprachraums einstellt. Dies ist durchaus bedauernswert.

Es bleibt abzuwarten, ob der NDR die oben erwähnte Novellierung im Staatsvertrag zugunsten von mehr Berücksichtigung von friesischer Sprache und friesischen Themen in den öffentlich-rechtlichen Medien umsetzt. Seit Jahren fand, abgesehen von den privaten Medien, eine Stagnation statt und die Beratungen erwiesen sich als festgefahren. Dass private Medien das Friesische stärker berücksichtigen, als die öffentlich-rechtlichen Institutionen, ist an dieser Stelle bemerkenswert.

Weiterhin gestaltet sich derzeit die Mittelvergabe als recht problematisch. Der Wechsel von Zuständigkeiten unmittelbar nach Landes- und Bundestagswahlen führt immer noch zu sehr schleppenden Geldflüssen, die ein kontinuierliches Arbeiten von friesischen Vorhaben sehr erschweren.

Im Bereich des Friesischunterrichts stagnieren die Schülerzahlen auf niedrigem Niveau. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass insbesondere in den weiterführenden Schulen mit Ausnahme von Föhr und Amrum Friesischunterricht ab Klassenstufe 5 entweder nicht angeboten oder Angebote nicht angenommen werden. Von einem geschlossenen Bildungsgang von der KiTa bis zur Hochschule sind wir derzeit weit entfernt. Eine attraktivere Gestaltung der äußeren Rahmenbedingungen, z.B. durch Anerkennung von Friesisch als reguläres Unterrichtsfach und somit Einbindung in den Vormittagsunterricht, hält der Friesenrat für unbedingt erforderlich. 

Im schulischen Bereich gibt es insbesondere in der Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien Defizite. Grundsätzlich vermisst der Friesenrat eine geregelte Zuständigkeit für das Konzipieren von Lehr- und Lernmaterialien für den Friesischunterricht, so wie es bei anderen Sprachminderheiten der Fall ist.

Die Veränderungen in der Friesischlehrerausbildung werden begrüßt (s.o.). Um dennoch ausreichend Friesischlehrkräfte zu gewinnen, wäre eine landesweite Kampagne wünschenswert, um auf die Möglichkeiten, Friesisch zu studieren, hinzuweisen. Der Friesenrat bietet sich als Projektpartner an. 

Was erwarten Sie in den nächsten fünf Jahren?

In Anlehnung an die vom Sachverständigenausschuss des Europarates häufig erwähnten Empfehlungen, nennen wir nachfolgende ungelöste Probleme, deren Lösung von existenzieller Bedeutung für den Fortbestand der friesischen Sprache und Kultur ist:

  • Friesischunterricht in allen Klassenstufen als reguläres Unterrichtsfach anerkennen,
  • Friesischunterricht aus dem Nachmittagsangebot in die reguläre Stundentafel integrieren,
  • Die äußeren Rahmenbedingungen für Friesischunterricht für alle Beteiligten attraktiver gestalten, um auf freiwilliger Basis eine Steigerung der Schülerzahlen zu bewirken,
  • Die Zuständigkeit für die Erstellung von Lehr- und Lernmaterialien für den Friesischunterricht klären sowie personell und finanziell absichern,
  • Die Ausbildungsmöglichkeiten von Friesischlehrkräften aktiv bewerben und bei angehenden Lehramtsstudierenden bekanntmachen,
  • Größere Medienpräsenz in den Gebühren finanzierten Medienanstalten,
  • Finanzielle Rahmen schaffen, der die Arbeit in den Kindergärten langfristig sicherstellt,
  • Langfristige finanzielle Absicherung der Organisationszentrale des Friesenrates,
  • Langfristige finanzielle Absicherung des Nordfriisk Instituut.

Besonders von der mittlerweile etablierten Friesenstiftung erhofft sich die friesische Volksgruppe eine schnellere und bessere Abwicklung der Geldflüsse.

Um die friesische Sprache und Kultur langfristig sicher zu stellen, ist in jedem Fall ein starkes Bekenntnis von Land und Bund zur friesischen Volksgruppe erforderlich.

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