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Thema : Verfassungsschutz

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Wer oder was ist der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein und was macht die Behörde eigentlich?

Letzte Aktualisierung: 22.08.2022

Verfassungsschutz in Schleswig-Holstein

Der Verfassungsschutz hat zur Aufgabe, die Werte zu schützen, die unseren demokratischen Rechtsstaat ausmachen: die freiheitliche demokratische Grundordnung. Geschützt werden die grundgesetzlich garantierten Menschenrechte sowie wichtige Verfassungsgrundsätze, die das Wesen der Demokratie ausmachen. Es handelt sich hierbei um Werte, die die Freiheit garantieren und den Einzelnen vor Diktatur und Bevormundung bewahren.

Freiheit ist aber nur in Sicherheit möglich. So muss der Verfassungsschutz auch den Bestand und die Sicherheit des Staates schützen, eben derjenigen Institution, welche als einzige die Freiheit effektiv garantieren kann. Andernfalls steht zu befürchten, dass der Staat zur Beute von Extremisten wird.

Der Verfassungsschutz als Früherkennungs- und Frühwarnsystem

Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland – das Grundgesetz – gibt den Rahmen unseres demokratischen Rechtsstaates vor. Danach ist die Demokratie in unserem Land wehrhaft gegenüber Personen oder Organisationen, die bestrebt sind, wesentliche Verfassungsgrundsätze zu beseitigen.

Den Verfassungsschutzbehörden der Länder und des Bundes kommt hierbei eine zentrale Aufgabe zu. Sie sollen Gefahren durch politischen Extremismus, Terrorismus sowie Bedrohungen durch Spionageaktivitäten bereits im Vorfeld polizeilicher Zuständigkeiten erkennen, einschätzen und die politisch Verantwortlichen, andere staatliche Stellen und die Öffentlichkeit darüber unterrichten.

Hierdurch sollen diese Stellen in die Lage versetzt werden, rechtzeitig mögliche Gefahren für unser demokratisches System zu erkennen und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen. Der Verfassungsschutz wird daher auch als Früherkennungs- und Frühwarnsystem der wehrhaften Demokratie bezeichnet.

Gesetzlicher Auftrag, Aufgaben und Befugnisse

Die Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörden sind gesetzlich geregelt. Das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG) gibt den gesetzlichen Rahmen für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern vor. Darüber hinaus haben alle Bundesländer eigene Verfassungsschutzbehörden und für diese die entsprechenden Gesetze. Für Schleswig-Holstein ist dies das Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein (LVerfSchG).

Die Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde Schleswig-Holstein ist in § 1 LVerfSchG geregelt. Danach obliegt es ihr, die Landesregierung und andere zuständige Stellen über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) sowie für den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu unterrichten.

Dazu sammelt die Behörde Informationen über verfassungsfeindliche Bestrebungen. Also über Verhaltensweisen von Organisationen, Personenzusammenschlüssen oder gewaltbereiten Personen, deren Ziel es ist, die obersten Werte und Prinzipien des Grundgesetzes - zusammengefasst unter dem Begriff der freiheitlich demokratischen Grundordnung (fdGO) - außer Kraft zu setzen.

Voraussetzung für die Beobachtung ist, dass tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Bestrebungen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder auch die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden.

Der Verfassungsschutz besitzt keine polizeilichen Befugnisse. Weitere Informationen finden Sie unter "Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz".

Was ist die freiheitliche demokratische Grundordnung?

Vereinfacht ausgedrückt beschreibt der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung die vom Grundgesetz vorgegebene demokratische Ordnung sowie die verfassungsmäßigen Prinzipien, die unveränderbar sind. Als Grundprinzipien für den Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG hat das Bundesverfassungsgericht 2017 die Würde des Menschen, das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatsprinzip festgestellt ((BVerfGE 144, 20-367). Dieser umfasst somit nur jene zentralen Grundprinzipien, die für den freiheitlichen demokratischen Staat schlechthin unentbehrlich sind.

Die in § 6 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 LVerfSchG für Schleswig-Holstein benannten Verfassungsgrundsätze sind quantitativ größer, stehen dem Urteil aber nicht entgegen. Die Verfassungsgrundsätze des Landesverfassungsschutzgesetzes für Schleswig-Holstein lassen sich allesamt unter die drei Grundprinzipien aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes subsummieren.

Was bedeutet "wehrhafte Demokratie"?

Die Demokratieform in Deutschland wird als wehrhaft bezeichnet, denn bei der Ausarbeitung unserer Verfassung, dem Grundgesetz, wurden Regelungen geschaffen, die es Feinden der demokratischen Staatsform unmöglich machen sollen, diese abzuschaffen.

Hierzu wurde die so genannte Ewigkeitsklausel in Art. 79 Abs. 3 GG verankert.  Diese bestimmt, dass einige grundlegende Regelungen im Grundgesetz nicht geändert werden dürfen. Demnach ist u.a. eine Änderung, in der die in den Art. 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, unzulässig.

Wehrhaft ist die Demokratie ebenfalls durch die Art. 21, Abs. 2 und Art. 9 Abs. 2 GG, die es ermöglichen Parteien und sonstigen Vereinigungen zu verbieten, wenn deren Aktivitäten sich nicht auf dem Boden der Vorschriften des Grundgesetzes bewegen. Außerdem ist es durch Art. 18 GG möglich, die Grundrechte abzuerkennen, sollten diese gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht werden (Art. 18 GG).

Begriff der Bestrebung

Nach § 6 Abs. 1 LVerfSchG sind Bestrebungen politisch motivierte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen oder Betätigungen einer Gruppierung oder Organisation, die sich unter anderem gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Ziel- und zweckgerichtet meint hierbei, dass eine gewisse Ernsthaftigkeit, Dauerhaftigkeit und Zielstrebigkeit im Hinblick auf die Beseitigung eines wesentlichen Elementes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vorliegen muss. Es muss also unter anderem erkennbar sein, dass beispielsweise das Ziel oder der Zweck einer Organisation die Abschaffung unseres demokratischen Systems, der Aufbau eines Gottes- oder Führerstaates oder eine Anarchie ist. Der Begriff der Bestrebung kann auch das Verhalten von Einzelpersonen einschließen, allerdings nur dann, wenn dieses Verhalten auf die Anwendung von Gewalt gerichtet oder wenn es dazu geeignet ist, die in § 5 LVerfSchG genannten Schutzgüter schwerwiegend zu gefährden. Zudem hat der Landesgesetzgeber in § 6 Abs. 4 LVerfSchG die sogenannte Aggressionsklausel aufgenommen. Diese besagt, dass eine Bestrebung nach der Maßgabe dieses Gesetzes eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Verfassungsordnung voraussetzt. Die Bestrebung muss planvoll das Funktionieren dieser Ordnung beeinträchtigen und im weiteren Verlauf diese Ordnung selbst beseitigen wollen.

Organisation des Verfassungsschutzes

Der Verfassungsschutz ist gemäß Art. 73 Abs. 1 und Art. 87 Abs. 1 GG eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern. Insgesamt gibt es 17 Verfassungsschutzbehörden: 16 Landesverfassungsschutzbehörden (LfV) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als deren Zentralstelle. Das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG) gibt den gesetzlichen Rahmen für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern vor und ist außerdem Rechtsgrundlage für das Tätigwerden des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Daraus ergibt sich der Verfassungsschutzverbund.

Die Landesverfassungsschutzbehörden sind entweder als eigenständige Landesämter oder als Abteilung des jeweiligen Innenministeriums organisiert, so auch in Schleswig-Holstein. Die für den Verfassungsschutz zuständige Abteilung des schleswig-holsteinischen Innenministeriums hat derzeit rund 130 Mitarbeiter verschiedenster Fachrichtungen. Die Abteilung ist in acht Referate gegliedert:

  • Grundsatz und Zentrale Dienste
  • Nachrichtenbeschaffung
  • Auswertung Rechtsextremismus
  • Auswertung Islamismus und islamistischer Terrorismus
  • Auswertung Linksextremismus und Extremismus mit Auslandsbezug, Spionageabwehr, Wirtschaftsschutz
  • Observation und nachrichtendienstliche Technik
  • Digitales Arbeiten, technische Aufklärung und Analyseunterstützung, IT, Geheimschutz und IT-Sicherheit
  • Datenschutz, Operative Sicherheit und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Die finanziellen Mittel der Abteilung für Sachausgaben und Investitionen werden im Haushaltsplan des Innenministeriums veranschlagt und sind dort jahresaktuell einsehbar.

Kontrolle des Verfassungsschutzes

Der Verfassungsschutz ist, so wie jede andere Behörde auch, an Recht und Gesetz gebunden. Doch wird der Verfassungsschutz nicht nur durch die Rechtsprechung, sondern auch durch das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) und das Parlament kontrolliert.

Besondere Bedeutung kommt dabei der parlamentarischen Kontrolle zu. Sie ist erforderlich, da die Gerichte bspw. die geheime Tätigkeit des Verfassungsschutzes nur eingeschränkt überprüfen können. Die parlamentarische Kontrolle erfolgt durch zwei vom Landtag eingesetzte Ausschüsse: dem Parlamentarischen Kontrollgremium und der G 10-Kommission. Das Parlamentarische Kontrollgremium kontrolliert den Verfassungsschutz insgesamt. Dazu unterrichtet die Landesregierung das Gremium umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde sowie über Vorgänge von besonderer Bedeutung und den Erlass und die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften.

Möchte der Verfassungsschutz den Post- und Telekommunikationsverkehr eines Verdächtigen überwachen, muss die Innenministerin oder der Innenminister dafür zuvor die Genehmigung der G 10-Kommission einholen. Auf diese Weise wird die Tätigkeit des Verfassungsschutzes nicht nur in ihrer Gesamtheit, sondern auch im Einzelfall vom Parlament überprüft.

Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz

Das organisatorische und funktionelle Trennungsgebot von Polizei und Verfassungsschutz wurde erstmalig im sogenannten Polizeibrief, ein Schreiben der Militärgouverneure der westdeutschen Besatzungszonen vom 14. April 1949 an den Parlamentarischen Rat inmitten der Schlussberatungen zum Grundgesetz erwähnt und hat bis heute Gültigkeit. Es besagt insbesondere, dass der Verfassungsschutz und die Polizeibehörden nicht in einer Behörde vereint werden dürfen. Umgesetzt wurde dies im § 2 Abs. 2 LVerfSchG. Zudem gibt es keinen uneingeschränkten Informationsaustausch untereinander. Nachrichtendienstlich erworbene Informationen dürfen nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 LVerfSchG an die Polizei weitergegeben werden (sogenanntes informationelles Trennungsprinzip).

Der Verfassungsschutz hat reine Beobachtungsbefugnisse. Die Behörden sind mit keinerlei Zwangsbefugnissen ausgestattet, wie beispielsweise das Recht, Personen festzunehmen, zu durchsuchen, vorzuladen, zu vernehmen sowie Wohnungen zu durchsuchen oder Gegenstände zu beschlagnahmen.

Unabhängig davon sind alle Sicherheitsbehörden gefordert, die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland zu schützen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit verläuft immer nach dem "Zwei Türen Prinzip". Informationsempfangene Behörden benötigen eine gesetzliche Ermächtigung für die Annahme der Informationen, genauso wie Behörden diese für die Informationsweiterleitung benötigen. Der Informationsfluss ist also doppelt rechtlich gesichert.

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