1.32 Umgang mit Sondervermögen eines Eigenbetriebes
Frage: Ist das in der Eröffnungsbilanz einer Gemeinde als Sondervermögen ausgewiesene Eigenkapital eines Eigenbetriebes auch in den künftigen Haushaltsjahren unabhängig von den Jahresabschlussergebnissen des Eigenbetriebes in unveränderter Höhe auszuweisen?
Problembeschreibung: Als Wert von Eigenbetrieben kann gemäß § 55 Absatz 3 GemHVO-Doppik bei der erstmaligen Bewertung in der Eröffnungsbilanz das anteilige Eigenkapital nach der Eigenkapitalspiegelmethode angesetzt werden. Gemäß § 55 Absatz 4 GemHVO-Doppik gelten die in der Eröffnungsbilanz nach den Absätzen 2 und 3 angesetzten Werte für die Vermögensgegenstände für die künftigen Haushaltsjahre als Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Es wurde die Frage aufgeworfen, ob die Regelung in § 55 Absatz 4 so zu verstehen ist, dass das in der Eröffnungsbilanz als Sondervermögen ausgewiesene Eigenkapital eines Eigenbetriebes auch in den künftigen Haushaltsjahren - unabhängig von den Jahresabschlussergebnissen des Eigenbetriebes - in unveränderter Höhe auszuweisen ist, oder ob die jährliche Veränderung des Eigenkapitals des Eigenbetriebes jeweils auch bei dem in der Bilanz ausgewiesenen Sondervermögen der Gemeinde zu berücksichtigen ist.
In den Hinweisen des Innenministeriums zur Umstellung auf eine Haushaltswirtschaft nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung wird unter Ziffer 9 darauf hingewiesen, dass Gemeinden, die ihre Haushaltswirtschaft auf die Doppik umstellen, auf ihre Eigenbetriebe und Einrichtungen, die nach den Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung geführt werden, einwirken müssen, dass diese Einrichtungen rechtzeitig ihren Jahresabschluss erstellen, damit die Ergebnisse der Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen, also eine Gewinnabführung oder eine Verlustabdeckung in den Jahresabschluss der Gemeinde aufgenommen werden kann.
Demnach wäre eine jährliche Veränderung des Sondervermögens entsprechend des jeweiligen Ergebnisses des Eigenbetriebes in der Bilanz der Gemeinde zu berücksichtigen.
§ 55 Abs. 3 GemHVO eröffnet die Möglichkeit, bei der erstmaligen Bewertung der Finanzanlagen, insbesondere für die Bilanzierung der Beteiligung an Eigenbetrieben, Kommunalunternehmen Sondervermögen usw., eine vereinfachte Bewertung vorzunehmen und als Bilanzwert das anteilige Eigenkapital im Sinne von § 266 Abs. 3 Buchstabe A HGB anzusetzen. Durch diese Vereinfachungsregel soll eine ggf. aufwendige Bewertung nach Marktwerten oder ähnlichen Verfahren vermieden werden.
Die nach § 55 Abs. 3 GemHVO ermittelten Wertansätze für die Eröffnungsbilanz gelten gemäß § 55 Abs. 4 GemHVO in den künftigen HH-Jahren als Anschaffungs- und Herstellungskosten (AHK).
Unter Berücksichtigung des für die Bilanzaktiva geltenden Niederstwertprinzips ergibt sich hieraus, dass zukünftig grundsätzlich kein höherer Wertansatz als die AHK für die Beteiligung zulässig ist. Eine Ausnahme stellt die Erhöhung der Beteiligung durch eine entsprechende zusätzliche Geld- oder Sacheinlage dar, die als nachträgliche AHK zu berücksichtigen wäre.
Nicht ausgeschüttete Gewinne bzw. Überschüsse führen folglich nicht zu einer Werterhöhung über die ursprünglichen AHK hinaus, auch wenn sich das Eigenkapital der Beteiligung hierdurch erhöht. In diesem Fall liegt eine stille Reserve vor, die ggf. im Anhang zur Bilanz erläutert werden sollte.
Anders sieht es bei Verlusten bzw. Defiziten aus. Sollte sich das Eigenkapital durch nicht ausgeglichene Verluste bzw. Defizite verringern, wäre eine Wertanpassung in der Bilanz aufgrund des Niederstwertprinzips grundsätzlich geboten.
Bei Finanzanlagen (§ 48 Abs. 1 GemHVO-Doppik) findet das gemilderte Niederstwertprinzip Anwendung, d.h. bei einer voraussichtlich nicht dauerhaften Wertminderung kann eine Wertanpassung durch Buchung einer entsprechenden Abschreibung vorgenommen werden (§ 43 Abs. 6 Satz 2 GemHVO-Doppik). Eine Pflicht hierzu besteht allerdings nicht. In diesem Fall liegt somit ein Wahlrecht vor.
Bei Vorliegen einer dauerhaften Wertminderung ist jedoch zwingend eine Wertanpassung durch Buchung einer Abschreibung erforderlich.
Derartige Wertminderungen wären bei entsprechenden nicht ausgeschütteten Gewinnen bzw. Überschüssen in den Folgejahren durch eine (Wert-)Zuschreibung bis zu den ursprünglichen AHK wieder aufzuholen (Wertaufholungsgebot).
Die in den „Hinweisen des Innenministeriums zur Umstellung auf eine Haushaltswirtschaft nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung“ unter Ziffer 9 dargestellte Notwendigkeit der rechtzeitigen Vorlage der Jahresabschlüsse von Eigenbetrieben hat auf die o. g. Vorgehensweise keine Auswirkung, da diese lediglich mögliche Gewinnabführungen oder Verlustabdeckungen betrifft, die einen Ertrag bzw. eine Aufwand für die Kommune darstellen und entsprechend im Rahmen des Jahresabschlusses der Kommune zu verbuchen sind.
Bei der Aufstellung des Gesamtabschlusses können sich aufgrund der o. g. Bewertungsregeln Differenzen zwischen dem Wert des Sondervermögens und dem tatsächlichen Kapital des Eigenbetriebes ergeben. In diesem Fall ist § 301 Abs. 3 HGB entsprechend anzuwenden.
Fazit: Das in der Bilanz als Sondervermögen ausgewiesene Eigenkapital eines Eigenbetriebes ist kein statischer Wert, sondern unterliegt Wertveränderungen, die im Rahmen des Niederstwertprinzips zu berücksichtigen sind. Gewinnabführungen oder Verlustabdeckungen stellen einen Ertrag bzw. Aufwand dar und haben keine Auswirkungen auf den Bilanzwert des Sondervermögens.