1.111 Periodenzuordnung
Frage: Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns bei der Frage, zu welcher Periode ein Ertrag oder Aufwand gehört, weiterhelfen könnten.
Beispiele:
1) Ertrag
a) Im Dezember 2014 wird eine Ordnungswidrigkeit begangen (Rotlichtverstoß). Der Bußgeldbescheid vom 31.01.2015, wird im Februar zugestellt.
b) Krankentransport durch Rettungsdienst erfolgt im Dezember 2014, die Rechnung wird im Januar 2015 geschrieben
2) Aufwand
a) Fahrten im Rahmen einer Vollstreckertätigkeit im Dezember 2014. Die Fahrtkostenerstattung wird im Januar 2015 beantragt und festgesetzt.
b) Arztbesuch eines Beamten im Dezember 2014, Einreichung Antrag auf Beihilfe im Dez. 2014, Fertigung des Bescheids im Januar 2015
Handelt es sich bei diesen Konstellationen um Erträge/Forderungen und Aufwendungen/Verbindlichkeiten der Periode 01/2015?
In der Literatur finde ich nur Hinweis, wann Forderungen oder Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen entstehen (Vollzug aller Erfüllungshandlungen, u.a. Gefahrenübergang etc.).
Können Sie allgemein definieren, wann Verbindlichkeiten aus Transferleistungen entstehen?
Bei der Frage, welchem Haushaltsjahr die Erträge und Aufwendungen zuzuordnen sind, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verursachung maßgebend (vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 4 und § 10 Abs. 2 GemHVO-Doppik). Nach den Erläuterungen zu § 10 GemHVO-Doppik zählt zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung u. a. auch die Periodenabgrenzung (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB).
Für eine haushaltsmäßige Zurechnung bedarf es bei den skizzierten Ertrags-Beispielsfällen (1a und 1b) der Verwirklichung des Anspruchs durch einen Bescheid oder durch Rechnung. Das Realisationsprinzip (§ 39 Abs. 1 Nr. 3 letzter Halbsatz GemHVO-Doppik) steht über dem Grundsatz der wirtschaftlichen Zurechnung. Gewinne dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn sie auch realisiert sind („Inrechnungsstellung“). Das Periodenprinzip wird somit nicht verletzt, wenn die Buchung im Jahr des Entstehens der Forderung vorgenommen wird (hier: 2015).
Bei den Aufwendungen ist aus Gründen der ‘kaufmännischen Vorsicht‘ das Imparitätsprinzip zu beachten. Verluste sind zu einem früheren Zeitpunkt zu erfassen als Gewinne (lat. „impar“: ungleich). Nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 GemHVO-Doppik sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind.
Im Fall 2a ergab sich eine Erstattungspflicht aufgrund einer Reisetätigkeit in 2014. Rechtsgrundlage könnte eine gesonderte vertragliche Vereinbarung bzw. unmittelbar das Bundesreisekostenrecht sein. Die wirtschaftliche Verursachung (Reisetätigkeit für die Kommune) ergab sich im Jahr 2014. Wenn der konkrete Erstattungsbetrag (genaue Höhe) feststeht, handelt es sich um eine Verbindlichkeit, die als solche in den Jahresabschluss 2014 einfließt (also Aufwand in 2014).
Im Fall 2b ging der Beihilfeantrag bereits im Dezember 2014 ein. Mit Eingang des (berechtigten) Beihilfeantrags entsteht dem Grunde nach eine Verbindlichkeit. Es ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Fertigung des Bescheids im Januar 2015 der Jahresabschluss noch nicht erstellt war. Somit handelte es sich um eine Verbindlichkeit per 31.12.2014 (also Aufwand 2014).
Für den theoretischen Fall, dass der Antrag im alten Jahr eingeht und erst nach Erstellung des Jahresabschlusses beschieden werden kann, könnte man zunächst über die Bildung einer Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit nachdenken. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass das Innenministerium Schleswig-Holstein bewusst ein einfaches Haushaltsrecht schaffen wollte und vor diesem Hintergrund die Möglichkeiten zur Bildung von sonstigen Rückstellungen stark begrenzt hat (vgl. LVO v. 02.12.2014, GVOBl. S. 495). Neben den zuvor bereits abzubildenden Sachverhalten (vgl. § 24 Nr. 1 bis 9 GemHVO-Doppik) werden lediglich noch Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten aus L+L (Hinweis: die Gewährung von Beihilfe fällt nicht hierunter) für zulässig erachtet. Bei dieser Konstellation blieben dann periodenfremde Aufwendungen in 2015, die jedoch nicht als solche im Rechnungswesen gesondert nachgewiesen werden (vgl. Erläuterungen zu § 45 GemHVO-Doppik).
Zu den Verbindlichkeiten aus Transferleistungen vgl. Homepage NKR-SH - Bilanz 4.6 Verbindlichkeiten aus Transferleistungen (Kto. 36).