Schleswig-Holstein zählt zu den ersten Adressen am Kapitalmarkt
Das Land Schleswig-Holstein trägt bereits seit den 1970er Jahren eine vergleichsweise hohe Schuldenlast. Im Zuge der Konsolidierungsanstrengungen der Landesregierung konnte die Gesamtverschuldung in Höhe von rd. 27 Mrd. € in den letzten Jahren stabil gehalten werden. Die jährlichen Zinsbelastungen betragen rd. 1 Mrd. € und binden regelmäßig einen erheblichen Teil der finanziellen Mittel.
Hinter diesen nüchternen Zahlen verbirgt sich im Finanzministerium ein vielseitiges und spannendes Aufgabengebiet. Das Referat „Kredit- und Zinsmanagement, Schulden- und Derivatverwaltung“ kümmert sich in erster Linie um die optimale Finanzierung des Landeshaushalts. So werden pro Jahr am Geld- und Kapitalmarkt Kredite in Höhe von insgesamt 3 bis 4 Mrd. € aufgenommen, um alte Schulden zu tilgen und die vom Landtag beschlossenen Ausgaben zu finanzieren.
Wie wird finanziert?
Die Finanzierung erfolgt regelmäßig in Form von börsengehandelten Anleihen in Höhe von jeweils bis zu 500 Mio. €. Schleswig-Holstein ist auch steter Teilnehmer an Ländergemeinschaftsanleihen, die mehrfach im Jahr an den Markt gebracht werden. Diese „Länder-Jumbos“ bündeln die Kräfte mehrerer Länder und umfassen eine Größenordnung von mindestens 1 Mrd. €. Eine weitere Finanzierungsform sind die vergleichsweise kleinen Schuldscheindarlehen von bis zu 50 Mio. €, die direkt mit einzelnen, langfristig orientierten Investoren, z.B. Versicherungen, Pensionskassen, abgeschlossen werden. Aus Investorensicht gehört das Land zu den ersten Adressen am Markt. Die breite Anlegerschar aus dem In- und Ausland überzeugt insbesondere die erstklassige Bonitätseinstufung (AAA) des Landes.
Optimierung der Zinsausgaben
Die Finanzierung des Landeshaushalts ist zunächst die Kernaufgabe. Mindestens ebenso wichtig ist der bewusste Umgang mit den Folgewirkungen, d.h. die Optimierung der Zinsausgaben. Aus Landessicht besteht die ständige Herausforderung darin, die Zinsbelastungen einerseits möglichst niedrig zu halten und andererseits die Risiken, die sich aus Zinssteigerungen ergeben können, zu begrenzen. Aufgrund der hohen Summen haben bereits kleine Erfolge im Zinsmanagement große Auswirkungen auf den Landeshaushalt. Insgesamt verfolgt das Land seit Jahren eine nachhaltige Zinssicherungsstrategie.
Schleswig-Holstein als Vorbild
Die Kapitalmarktexperten des Landes setzen eine Vielzahl von Instrumenten, einschließlich Finanzderivate, zur Steuerung der Zinsausgaben ein. Die marktgerechte Finanzierung und die zielorientierte Steuerung der Zinsausgaben sind ohne den Einsatz fachspezifischer IT-Verfahren nicht möglich. Schleswig-Holstein nimmt seit Jahren eine Vorreiterrolle bezüglich der Entwicklung der geeigneten Fachverfahren sowohl für das Kredit- und Zinsmanagement (Verfahren PERZ) als auch für Schulden- und Derivatverwaltung (Verfahren SDW) ein.
Einsatz von Finanzderivaten im Rahmen des Kredit- und Zinsmanagements des Landes Schleswig-Holstein
Ausgangssituation und Hintergrund:
Die Verschuldung des Landes Schleswig-Holstein beträgt rd. 26 Mrd. €. Die Zinsausgaben haben sich im Zuge der Niedrigzinsphase seit 2011 in etwa halbiert und betragen aktuell rd. 500 Mio. €. Trotzdem bleiben sie eine wesentliche Ausgabenposition im Landeshaushalt.
Das Land Schleswig-Holstein befindet sich in der Rolle eines Dauerschuldners: Der überwiegende Teil der Kredite wird bei Fälligkeit durch neue Kredite ersetzt. Auch bei einem konstanten oder wie in den letzten Jahren- leicht sinkenden Schuldenstand müssen aufgrund der Fälligkeiten der bestehenden Schulden jährlich ca. 3 bis 4 Mrd. € neu finanziert werden. Eine vereinfachte Rechnung macht das Problem deutlich: Wenn die Zinsen nur um einen Prozentpunkt steigen, ist dies mit ungeplanten, höheren Ausgaben von 30 bis 40 Mio. € pro Jahr verbunden. Die Mehrausgaben kumulieren sich im Trend steigender Zinsen auf 60 bis 80 Mio. € im zweiten Jahr usw. Damit wird klar, dass der stärkste Druck auf die Ausgaben im Fall steigender Zinsen im Bereich der mittel- bis langfristigen Anschlussfinanzierungen entsteht. Die höheren Zinsausgaben müssen kurzfristig bei anderen Haushaltspositionen eingespart werden. Wichtige Zukunftsausgaben, wie etwa Investitionen in Bildung oder Infrastruktur, würden deutlich eingeschränkt. Insbesondere Infrastrukturausgaben benötigen einen langen Planungsvorlauf und einen verlässlichen Finanzierungsrahmen.
Hinzu kommt, dass sich Schleswig-Holstein seit 2012 an eine Konsolidierungsvereinbarung mit den anderen Bundesländern und dem Bund gebunden hat, wonach der Schuldenabbau festen, in der Verfassung verankerten Regeln unterliegt. Ab 2020 gilt die sog. „Schuldenbremse“. Danach dürfen neue Schulden nur noch in festgelegten Ausnahmesituationen aufgenommen werden. Im Zusammenhang mit der Schuldenbremse werden seit 2014 im jährlichen Haushalt Obergrenzen für die Zinsausgaben und für die anteiligen Zinsänderungsrisiken für die nächsten 5 Jahre verbindlich gesetzlich festgeschrieben. Die Festlegung der Obergrenzen basiert auf einer finanzpolitischen Grundsatzfrage, dievereinfacht lautet: Welche Zinsschwankungsbreite nach oben verträgt der Gesamthaushalt in Schleswig-Holstein? In diese Fragestellung werden weitere wichtige finanzielle Einflussgrößen wie beispielsweise die Steuereinnahmen oder die möglichen Ausgaben im Zusammenhang mit dem Verkauf der HSH-Nordbank einbezogen. Insgesamt wird deutlich, dass die finanzielle Planungssicherheit für Schleswig-Holstein eine besonders hohe Bedeutung hat.
Die Kreditfinanzierungen des Landes Schleswig-Holstein werden im Fachreferat für „Kredit- und Zinsmanagement, Schulden- und Derivatverwaltung“ umgesetzt. Mit jeder Kreditfinanzierung werden – wie bei der privaten Baufinanzierung – die Zinskonditionen festgeschrieben. Im Zuge der sehr niedrigen Zinsen verfolgt das Land seit Jahren eine konservative Finanzierungsstrategie. Die Zinskonditionen werden überwiegend über eine lange Laufzeit und zu festen Sätzen abgeschlossen. So beträgt die durchschnittliche Laufzeit der Kredite seit Jahren rd. 7 Jahre. Über 80% der Schulden tragen eine feste Verzinsung .
Aus der Sicht des Kredit- und Zinsmanagements ist folgender Aspekt wesentlich: Jede Finanzierungsentscheidung im Einzelfall ist eine Abwägung zwischen den damit verbundenen Kosten und Risiken. Sie ist unter Unsicherheit zu treffen. Die Festschreibung der Zinssätze über einen langen Zeitraum bedeutet zwar eine Begrenzung des sog. Zinsänderungsrisikos sowie ein – für den Haushalt so wichtiges – hohes Maß an Planungssicherheit. Die lange Zinsbindung ist aber in der Tendenz auch mit höheren Kosten verbunden. Das Land hat sich im Grundsatz in den letzten Jahren für ein Weniger an Risiken und damit verbunden für ein Mehr an Kosten entschieden. Die Notwendigkeit, mit den vorhandenen Risiken unter den finanziellen Rahmenbedingungen des Landes umgehen zu müssen, führt zur Nutzung von Zinsderivaten im Rahmen des Kredit- und Zinsmanagements.
Einsatz von Zinsderivaten:
Das Land Schleswig-Holstein setzt bereits seit Mitte der 90er Jahre Derivate im Rahmen seines Kredit- und Zinsmanagements ein. Der Derivateinsatz erfolgt auf gesetzlicher Grundlage und dient ausschließlich der Steuerung der Zinsausgaben aus aufgenommenen Krediten. Es wird nicht mit Derivaten gehandelt, um kurzfristig vermeintliche Gewinne zu erwirtschaften, also kein Handelsgeschäft betrieben. Vielmehr werden diese Instrumente verwendet, um Zinsänderungsrisiken zu begrenzen und um Zinskonditionen zu optimieren. Das Land hält aktuell fast 350 Derivate mit einem Nominalwert von annähernd 33 Mrd. Euro. Über 80% des …
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