Intelligente Lösungen für Medizin, Wirtschaft oder Verwaltung: Schleswig-Holstein hat das Potenzial von Künstlicher Intelligenz (KI) früh erkannt und als erstes Land eine KI-Strategie mit konkreten Handlungsfeldern vorgestellt. Das Ziel: KI erforschen und weiter optimieren. Deshalb sollen auch Studierende mehr Einblicke in die KI-Forschung und -Anwendung bekommen.
Zu diesem Zweck will das Land zwölf KI-Professuren an den Hochschulen in Flensburg, Kiel, Heide und Lübeck einrichten. Die Details stellten Ministerpräsident Daniel Günther und Wissenschaftsministerin Karin Prien bei einer Pressekonferenz in Kiel vor. "Die neuen Professuren sollen ein Booster sein für die Entwicklung der Hochschulen, der außeruniversitären Forschung und der Zukunftsbranchen des Landes", sagte Günther. Unterstützung erhalten die Hochschulen vom Land: In den kommenden fünf Jahren werden neun Millionen Euro in die Professuren investiert – zum Beispiel für Personalkosten und neue Ausstattung. "Das ist eine Schlüssel-Investition in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes", betonte Günther. Prien ergänzte: "Es gibt einen harten internationalen Kampf um die besten Köpfe, und wir wollen das beste Gesamtpaket bieten."
Starkes KI-Netzwerk
Der Austausch rund um Forschungsprojekte, Ausstattung oder Fragen der Lehre sei daher besonders wichtig. "Wir wollen nicht zwölf Einzelkämpfer, sondern ein KI-Power-Netzwerk, in dem man sich abspricht und kooperiert", erklärte der Regierungschef. Mit der Auswahl der Professuren sei ein besonderer Mix gelungen – sowohl zwischen anwendungsorientierten und forschenden Professuren als auch zwischen den unterschiedlichen Branchen. "Besonders hat mich gefreut, dass bereits in der Konzeption der Professuren eine hohe Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft gelungen ist, denn an den Konzepten für die KI-Professuren haben sich sowohl außeruniversitäre Forschungseinrichtungen als auch sehr viele Unternehmen beteiligt, für die KI-Kompetenzen schon heute überlebenswichtig sind", sagte Günther.
Die zwölf Professuren wurden zunächst mithilfe des Instituts für Innovation und Technik (iit) ausgewählt und den Hochschulen im August 2021 genauer vorgestellt. Diese konnten sich bis zum 1. Oktober 2021 mit ihren Konzepten für die Professuren bewerben. "Wir hatten ursprünglich zehn Professuren angekündigt, uns aber aufgrund der erstklassigen Bewerbungen für zwei weitere entschieden", erklärte Prien.
Bei den Stellen handelt es sich um sogenannte W2- und W3-Professuren. Diese werden im Gegensatz zu W1-Professuren unbefristet ausgeschrieben. Eine Voraussetzung für die Förderung ist, dass die Hochschulen diese Stellen nach dem fünfjährigen Förderzeitraum selbst finanzieren.
Übersicht der zwölf KI-Professuren
Von Grundlagen und ethischen Fragen über Wirtschaft sowie Meereswissenschaften bis hin zu Bildung: Die Lehrstühle setzen verschiedene Schwerpunkte in den KI-Anwendungsbereichen.
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Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Lehren und Lernen in der digitalen Welt mit Schwerpunkt auf Learning Analytics und Machine Learning:
Die Professur untersucht, wie wir in Zukunft schneller und besser lernen können. Im Fokus stehen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zum Thema Learning Analytics. Damit könnten Lehrkräfte künftig mithilfe von KI die Lernfortschritte ihrer Schülerinnen und Schüler digital erfassen und messen. Individuelle Lernprobleme könnten dadurch schneller erkannt werden. Zudem soll die Professur in den Digital Learning Campus und in das landesweite Programm "Zukunft Schule" des IQSH eingebunden werden. Die Professur wird gemeinsam von der CAU und dem Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik eingerichtet.
Marine Data Science:
Das Ökosystem Meer besser verstehen, das Potenzial autonom fahrender Schiffe untersuchen sowie maritime Geodaten untersuchen – das sind die Schwerpunkte dieser Professur, in der technologisch ein Schwerpunkt auf Bild- und Sensordatenanalyse gelegt wird Sie soll eng mit dem Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel zusammenarbeiten und verschiedene Projekte unterstützen. Darunter auch die Initiative "Clean Autonomous Public Transport Network" (CAPTN), die Lösungen für einen nachhaltigeren Verkehr sowohl auf dem Wasser als auch auf dem Land finden soll.
KI-basierte Risikoerkennung und digitale Behandlungsunterstützung in der Medizin:
Die Versorgung von Patientinnen und Patienten soll in Schleswig-Holstein weiter verbessert werden – mit KI in der medizinischen Risikoerkennung und Entscheidungsunterstützung. Dabei soll KI nicht das medizinische Personal ersetzen, sondern mehr Zeit für die direkte menschliche Interaktion ermöglichen. Mithilfe der Professur soll auch die öffentliche Ringvorlesung zu ethischen Fragen in der Medizin weiter ausgebaut werden. Ebenso sind Gastvorlesungen mit anderen Fakultäten geplant. Kooperationen sollen zum Beispiel mit dem Forschungszentrum Borstel, der Muthesius Kunsthochschule und dem Deutschen Forschungszentrum für KI aufgebaut werden.
KI in der medizinischen Anwendung:
Diese Professur wird von der CAU und der Universität zu Lübeck zusammen eingerichtet. Das Ziel: die Ressourcen der beiden Hochschulen in den Bereichen klinische KI und Informatik bündeln. Unter anderem soll eine gemeinsame KI-Plattform entstehen und die Zusammenarbeit mit dem UKSH intensiviert werden. Der Schwerpunkt liegt vor allem darin, KI-Anwendungen in die Praxis einzubinden. Dies soll unter anderem in Kooperation mit dem Deutschen Forschungszentrum für KI und Exzellenzclustern möglich werden.
Fachhochschule Kiel
Künstliche Intelligenz für den nachhaltigen Umbau unserer Energiesysteme:
Wind, Sonne oder Wasser – Schleswig-Holstein setzt immer mehr auf den Ausbau erneuerbarer Energien. Ein Fokus der Professur liegt darauf, die Energiewende mithilfe sogenannten "Smart Grids" weiter voranzutreiben. Das sind intelligente Stromnetze in denen Energieerzeugung und -verbrauch sowie die anschließende Speicherung durch eine KI gesteuert werden. Ziel der Professur ist nicht nur, dass dieser Prozess gut funktioniert, sondern auch, dass die IT-Sicherheit und Netzstabilität konstant hoch bleiben. Kooperationen mit Unternehmen der Energiewirtschaft sowie mit dem Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie in Itzehoe und dem DLR--Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt-Institut für Maritime Energiesysteme sind vorgesehen.
Fachhochschule Westküste
Künstliche Intelligenz in der Mensch-Maschine-Interaktion:
KI kann in ganz verschiedenen Bereichen unterstützen. Damit das funktioniert, muss sie aber nicht nur gut funktionieren, sondern auch benutzerfreundlich sein. Darauf liegt der Schwerpunkt dieser Professur. Ein weiteres Ziel ist es, ethische Fragestellungen zu bearbeiten, Vorbehalte gegenüber KI abzubauen sowie zu zeigen, wie sie verantwortlich genutzt werden kann. Kooperationen sind unter anderem geplant mit dem Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie in Itzehoe, mit dem DLR--Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt-Institut für Marine Energiesysteme sowie zahlreichen regionalen und internationalen Akteuren.
Hochschule Flensburg
Künstliche Intelligenz und Software Engineering:
Diese Professur soll KI mit Software Engineering verbinden. Das heißt zum Beispiel, dass mit Hilfe von KI neue Software entwickelt oder Software beim Programmieren durch KI vervollständigt werden soll. Zudem kann mit KI nach Fehlern in bestehender Software gesucht werden, was insbesondere bei besonders sicherheitsrelevanten Bereichen wie in der Medizin von großer Bedeutung ist. An der Hochschule sind im Kontext mit der Professur fünf neue Lehrveranstaltungen geplant, darunter zum Beispiel "Advanced Programming" (dt. fortgeschrittenes Programmieren).
Technische Hochschule Lübeck
KI & Bildung:
Wie können KI-gestützte Bildungsangebote in der Praxis eingesetzt und weiterentwickelt werden? Eine wichtige Rolle spielen dabei die sogenannten "Edutechs", das sind KI-gesteuerte Hilfsmittel wie Augmented Reality, Robotik und Plattformen in Unterricht und Studium. Die Professur soll außerdem einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der Initiative "FutureSkillsSH" leisten, bei der Studierende ihre KI-Kompetenzen verbessern sollen. Außerdem soll der Digital Learning Campusmithilfe von maschinellem Lernen weiterentwickelt werden.
KI & Data Science:
Diese Professur beschäftigt sich vor allem mit dem sogenannten "Deep Learning". Das ist die Königsdisziplin der KI: Mithilfe künstlicher neuronaler Netze ist es möglich, dass die Systeme auch "von sich aus" lernen können. Kooperationen mit Unternehmen sowie im Rahmen des Erasmus-Mundi Master-Studiengangs Artificial Intelligence and Data-Science mit der Linné-Universität (Schweden) und der Süddänischen Universität werden angestrebt.
Universität zu Lübeck
Ethical, Legal, and Social Aspects of AI:
Wie sieht ein verantwortungsvoller Umgang mit KI aus? Diese Professur befasst sich mit den ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten von KI und begleitet die KI-Forschung in allen Bereichen. Sie soll außerdem die akademische Leitung des "Ethical Innovation Hubs" übernehmen – das Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist, dass ethische Fragestellungen von Anfang an bereits mit in die Forschung und in laufende Projekte einfließen. Eine Kooperation ist unter anderem mit dem Lorenz-von-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften der CAU Kiel geplant. Auch mit Partnern auf nationaler und internationaler Ebene soll die Professur kooperieren.
Hybride KI:
Damit die Entwicklung und der Einsatz von KI überhaupt erst möglich ist, müssen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits vorab Methoden und Theorien zur Herangehensweise erarbeiten. Das Ziel dieser stark forschungsorientierten Professur ist es, anwendungsunabhängige Methoden zu entwickeln. Das soll mithilfe von sogenannter "Hybrider KI" möglich sein – bei der bereits bestehende KI-Modelle durch Expertenwissen ergänzt werden. Kooperationen sind unter anderem geplant mit verschiedenen Fraunhofer Einrichtungen sowie mit der UniTransferKlinik Lübeck.
Intelligente Biosignalverarbeitung:
Der Fokus der Professur soll vor allem auf einem unserer Sinne liegen: dem Hören. Die Forschung kann zum Beispiel helfen, klassische Hörgeräte oder Cochlea-Implantate zu verbessern. Die Professur übernimmt nicht nur die Leitung des Studiengangs "Hörakustik und Audiologische Technik", sondern ist auch in sechs weitere Studiengänge involviert. Vernetzungen bestehen insbesondere zur Technischen Hochschule Lübeck, der Fraunhofer-Einrichtung für Individualisierte und Zellbasierte Medizintechnik, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz Lübeck sowie dem Joint Innovation Lab.
KI in der medizinischen Anwendung:
Diese Professur wird von der Universität zu Lübeck und der CAU zusammen eingerichtet. Das Ziel: die Ressourcen der beiden Hochschulen in den Bereichen klinische KI und Informatik bündeln. Unter anderem soll eine gemeinsame KI-Plattform entstehen und die Zusammenarbeit mit dem UKSH intensiviert werden. Der Schwerpunkt liegt vor allem darin, KI-Anwendungen in die Praxis einzubinden. Dies soll in Kooperation unter anderem mit dem Deutschen Forschungszentrum für KI und Exzellenzclustern möglich werden.
Aufgezeichnete Pressekonferenz zu den KI-Professuren
Aktueller Livestream
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