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Thema : Wahlen

Landtagswahl: Rechtliche Grundlagen

Vom Wahlsystem über die Stimmabgabe bis zur Listennachfolge - rechtliche Grundlagen für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein

Letzte Aktualisierung: 21.08.2023

Das in Artikel 20 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes verankerte Demokratiegebot gilt nicht nur für den Bereich des Bundes, sondern darüber hinaus auch für den Bereich der Länder und der Kommunen. Nach Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes muss das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Artikel 3 Abs. 1 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein bestimmt daher, dass die Wahlen zu den Volksvertretungen im Lande, in den Gemeinden und Gemeindeverbänden und die Abstimmungen allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim sind.

Wahlsystem

Der Schleswig-Holsteinische Landtag besteht aus 69 Abgeordneten (Regelzahl). Diese werden nach den Grundsätzen der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl nach dem System der personalisierten Verhältniswahl gewählt. Die Wahlperiode dauert fünf Jahre, sie beginnt mit dem Zusammentritt des neu gewählten Landtages.

In Schleswig-Holstein hat jede wahlberechtigte Person - wie zur Bundestagswahl - zwei Stimmen:

Mit der Erststimme werden in 35 Wahlkreisen des Landes 35 Mandate im Wege der Mehrheitswahl vergeben; hier ist diejenige Bewerberin oder derjenige Bewerber auf einem Kreiswahlvorschlag gewählt, die oder der die meisten abgegebenen gültigen Stimmen erreicht hat. Die Einteilung des Landes in 35 Wahlkreise und deren gebietsmäßige Abgrenzung zueinander oblag zuvor der Entscheidung des Wahlkreisausschusses.

Die Zweitstimme wird für die Landesliste einer Partei abgegeben. Für die Verteilung der nach Landeslisten zu besetzenden weiteren 34 Sitze wer-den für jede Landesliste der am Verhältnisausgleich teilnehmenden Parteien die abgegebenen gültigen Zweitstimmen zusammengezählt. Anhand dieser Gesamtstimmenzahlen wird nach dem Berechnungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers (in seiner Ausprägung als Höchstzahlverfahren) der verhältnismäßige Sitzanteil einer jeden Partei berechnet. Nach Abzug der in den Wahlkreisen jeweils erreichten Mandate wird festgestellt, wie viele Sitze einer Partei aus ihrer Landesliste noch zustehen.

Ist die Zahl der für eine Partei in den Wahlkreisen direkt gewählten Abgeordneten größer als ihr verhältnismäßiger Sitzanteil, verbleiben der Partei die darüber hinausgehenden Sitze (Mehrsitze oder Überhangmandate). In einem solchen Fall werden nach Fortführung der Berechnung zum Verhältnisausgleich ggf. weitere Mandate an andere Parteien vergeben (Ausgleichsmandate), bis die tatsächliche Zusammensetzung des Landtages dem Wahlergebnis (Zweitstimmenergebnis) nahezu entspricht.

An dem vorstehend beschriebenen Verhältnisausgleich nehmen diejenigen Parteien teil, deren Zweitstimmenanteil mindestens 5 v.H. der insgesamt abgegebenen gültigen Zweitstimmen beträgt („5 % - Sperrklausel“). Ausgenommen von dieser - verfassungsrechtlich zulässigen - Durchbrechung des ansonsten geltenden wahlrechtlichen Gleichheitsgebotes ist der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) als Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein.

Wahlorgane

Entsprechend der Bedeutung der Landtagswahl als Ausdruck demokratischer Willensbildung des Volkes sind die wichtigsten Funktionen bei der Wahlvorbereitung und -durchführung nicht den Behörden der allgemeinen Verwaltung, sondern besonders gebildeten Wahlorganen übertragen. Diese handeln überparteilich und unabhängig und sind an Weisungen von außen nicht gebunden. Ihre Entscheidungen und Maßnahmen können nur mit den in den wahlrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Rechtsbehelfen, ansonsten erst im Anschluss an die Wahl im Wahlprüfungsverfahren angefochten werden.

In diesem Sinne obliegt dem Landeswahlleiter im Rahmen seiner Aufgaben die Gesamtverantwortung für die Vorbereitung und Durchführung der Wahl im Land. Er ist zugleich Vorsitzender des Landeswahlausschusses, welcher im Übrigen aus acht von ihm aus dem Kreis der Wahlberechtigten des Landes nach den Vorschlägen der Parteien berufenen Beisitzerinnen und Beisitzern sowie zwei von ihm auf Vorschlag der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts Schleswig-Holstein (OVG) berufenen Richterinnen und Richtern des OVG besteht.

Für die Wahl im Wahlkreis sind die oder der vor der Wahl vom Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration ernannte Kreiswahlleiterinnen oder Kreiswahlleiter sowie der Kreiswahlausschuss zuständig. Die acht Beisitzerinnen und Beisitzer des Kreiswahlausschusses werden von der Kreiswahlleiterin oder dem Kreiswahlleiter aus dem Kreis der Wahlberechtigten des Wahlkreises nach den Vorschlägen der Parteien berufen.

Darüber hinaus werden am Wahltag in den Wahlbezirken als Wahlorgane die Wahlvorstände und Briefwahlvorstände tätig, die aus der Wahlvorsteherin oder dem Wahlvorsteher sowie einer Anzahl von Beisitzerinnen und Beisitzern bestehen, die aus dem Kreis der Wahlberechtigten der Gemeinde für diese ehrenamtliche Tätigkeit berufen werden.

Auf Gemeindeebene erfolgt die Vorbereitung und Durchführung der Wahl durch die Gemeindewahlbehörden (Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der amtsfreien Gemeinden, Amtsdirektorinnen und Amtsdirektoren, in ehrenamtlich verwalteten Ämtern die Amtsvorsteherinnen und Amtsvorsteher). Diese haben aber nicht die Stellung eines Wahlorgans, sie nehmen vielmehr Behördenfunktionen wahr.

Wahlvorschläge

Unmittelbare Wahlvorschläge für die Mehrheitswahl im Wahlkreis können von Parteien sowie von parteilosen Einzelbewerberinnen und Einzelbewerbern eingereicht werden. Listenwahlvorschläge können naturgemäß nur die Parteien aufstellen und einreichen; eine Verbindung von Listenwahlvorschlägen verschiedener Parteien ist unzulässig. Ebenso ist die Einreichung gemeinsamer Wahlvorschläge von Parteien nicht möglich.

Die Zahl Wahlvorschläge ist begrenzt. Eine Partei kann in einem Wahlkreis jeweils nur einen Kreiswahlvorschlag einreichen, auf dem nur eine Bewerberin oder ein Bewerber benannt ist. Darüber hinaus kann nur eine Landesliste eingereicht werden; allerdings ist Zahl der auf der Liste aufzuführenden Bewerberinnen und Bewerbern aber nicht begrenzt.

Die Bewerberinnen und Bewerber auf Wahlvorschlägen einer Partei werden in Mitglieder- oder Delegiertenversammlungen entsprechend den auch hier anzuwendenden demokratischen Grundsätzen von den Versammlungsteilnehmerinnen und Versammlungsteilnehmern in geheimer, schriftlicher Abstimmung gewählt.

Parteien, die bisher noch nicht mit mindestens einer oder einem für sie in Schleswig-Holstein gewählten Abgeordneten im Bundestag oder im Landtag vertreten sind, können nur dann Wahlvorschläge einreichen, wenn sie zuvor dem Landeswahlleiter ihre Beteiligung an der Wahl förmlich angezeigt haben und der Landeswahlausschuss ihre Parteieigenschaft festgestellt hat. Diese Entscheidung ist bindend für alle Wahlorgane. Hat der Landeswahlausschuss einer Vereinigung die Zuerkennung der Parteieigenschaft versagt, hat diese Vereinigung die Möglichkeit der Beschwerde zum Landesverfassungsgericht. Das Landesverfassungsgericht hat über die Beschwerde spätestens bis zum 52. Tag vor der Wahl zu entscheiden.

Eine Bewerberin oder ein Bewerber kann nur auf einem Kreiswahlvorschlag und nur auf einer Landesliste benannt werden; eine Mehrfachkandidatur ist nicht möglich. Als Bewerberin oder Bewerber einer Partei kann nur benannt werden, wer in einer Mitglieder- oder Vertreterversammlung der Partei hierzu gewählt worden ist; die Zustimmung zur Aufnahme in den Wahlvorschlag muss schriftlich erklärt werden.

Der Landeswahlleiter wird nach Bestimmung des Wahltages durch öffentliche Bekanntmachung zur Einreichung von Wahlvorschlägen (Kreiswahlvorschläge und Landeslisten) auffordern und hierzu die erforderlichen Hinweise geben. Die Bekanntmachung wird auch diejenigen Fristen und Termine enthalten, die von den Parteien im Rahmen des Wahlvorschlagsverfahrens zu beachten sind.

Die Kreiswahlvorschläge sind bei der zuständigen Kreiswahlleiterin oder beim zuständigen Kreiswahlleiter, die Landeslisten beim Landeswahlleiter spätestens bis zum 55. Tag vor der Wahl, 18.00 Uhr, mit allen erforderlichen Anlagen (Erklärungen und Bescheinigungen) einzureichen.

Am 51. Tag vor der Wahl werden in öffentlicher Sitzung die Kreiswahlausschüsse über die Zulassung der eingereichten Kreiswahlvorschläge und der Landeswahlausschuss über die Zulassung der eingereichten Landeslisten entscheiden; die zugelassenen Kreiswahlvorschläge und Landeslisten werden spätestens am 34. Tag vor der Wahl veröffentlicht.

Wahlberechtigung

Wahlberechtigt sind alle deutschen Staatsangehörigen, die am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet und seit mindestens sechs Wochen in Schleswig-Holstein eine Wohnung haben oder sich hier gewöhnlich aufhalten und keine Wohnung innerhalb und außerhalb des Landes haben. Wer in mehreren Orten innerhalb und außerhalb Schleswig-Holsteins eine Wohnung hat, ist zur Landtagswahl nur wahlberechtigt, wenn sich nach dem Melderegister die Hauptwohnung in einer Gemeinde des Landes befindet.

Vom Wahlrecht ausgeschlossen sind Personen, die infolge einer strafrichterlichen Entscheidung das Wahlrecht nicht besitzen. Die in Schleswig-Holstein lebenden Angehörigen der übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (Unionsbürgerinnen und Unionsbürger) haben im Gegensatz zu den Wahlen in den Gemeinden und Kreisen zur Landtagswahl kein Wahlrecht.

Um wählen zu können, muss man im Wählerverzeichnis des zuständigen Wahlbezirks eingetragen sein oder einen Wahlschein besitzen. Das Wahlrecht kann nur einmal und nur persönlich ausgeübt werden.

Wählbarkeit

Um in den Landtag gewählt werden zu können, ist es erforderlich, dass die Bewerberin oder der Bewerber am Wahltag mindestens 18 Jahre alt ist. Es müssen zudem die übrigen Voraussetzungen für das aktive Wahlrecht gegeben sein; darüber hinaus muss die Bewerberin oder der Bewerber seit mindestens drei Monaten vor dem Wahltag in Schleswig-Holstein eine Wohnung haben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten und keine Wohnung außerhalb des Landes haben. Ebenso darf die Wählbarkeit nicht durch Richterspruch oder auf andere Weise aberkannt worden sein.

Stimmabgabe

Alle Wahlberechtigten haben die Möglichkeit, am Wahltag zwischen 8.00 Uhr und 18.00 Uhr in rd. 2 600 Wahlbezirken ihre Stimmen abzugeben. Diese Wahlbezirke werden von den Gemeindewahlbehörden nach rein wahlorganisatorischen Gesichtspunkten ausgewählt und abgegrenzt. Sie haben eine ausschließlich eine wahltechnische Bedeutung. Je Wahlbezirk wird ein Wahlvorstand berufen, der sich jeweils aus bis zu zehn für ihre Gemeinde ehrenamtlich tätigen Wahlberechtigten zusammensetzt.

Um den Grundsatz der geheimen Wahl zu gewährleisten, muss die Wählerin oder der Wähler nach Feststellung der Wahlberechtigung den Stimmzettel in der Wahlkabine kennzeichnen, zusammenfalten und ihn anschließend in eine verschlossene Urne einwerfen. Im Wahlraum darf niemand Kenntnis von ihrer oder seiner Stimmabgabe erlangen. Unmittelbar nach Schluss der Wahlhandlung findet die öffentliche Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlbezirk durch den Wahlvorstand statt.

Briefwahl

Anstelle der Stimmabgabe im Wahllokal besteht auch die Möglichkeit der Wahlteilnahme durch Briefwahl. Wer die Unterlagen persönlich beim Wahlamt seiner Gemeinde abholt, kann die Briefwahl auch gleich an Ort und Stelle ausüben. Briefwahlunterlagen werden bis zum Freitag vor der Wahl, 12.00 Uhr, erteilt. Wer danach erkrankt und deshalb nicht im Wahlraum wählen kann, kann auch noch am Wahltag bis 15.00 Uhr Briefwahlunterlagen beantragen.

Feststellung des Wahlergebnisses

Im Anschluss an die Ergebnisermittlung und -feststellung im Wahlbezirk ermittelt der Kreiswahlausschuss nach Vorprüfung der Kreiswahlleiterin oder des Kreiswahlleiters das zahlenmäßige endgültige Wahlergebnis im Wahlkreis. Der Kreiswahlausschuss ist berechtigt, rechnerische Feststellungen des Wahlvorstands und fehlerhafte Zuordnungen gültig abgegebener Stimmen zu berichtigen und über die Gültigkeit abgegebener Stimmen abweichend zu beschließen.

Im Anschluss daran stellt der Landeswahlausschuss nach Vorbereitung durch den Landeswahlleiter aufgrund der Wahlniederschriften der Kreiswahlausschüsse das endgültige Ergebnis der Landtagswahl im Land Schleswig-Holstein fest. Abweichend von den Befugnissen der Kreiswahlausschüsse hat der Landeswahlausschuss nur die Möglichkeit, Feststellungen der Wahlvorstände und der Kreiswahlausschüsse rechnerisch zu berichtigen.

Mandatsannahme

Die gewählten Bewerberinnen und Bewerber erwerben die Mitgliedschaft im Landtag mit dem fristgerechten Eingang ihrer Annahmeerklärung beim Landeswahlleiter. Wird bis zum Ablauf der Frist von einer Woche keine schriftliche Erklärung abgegeben, gilt die Wahl zu diesem Zeitpunkt als angenommen. Innerhalb der Wochenfrist kann das Mandat auch abgelehnt werden; die Annahme- oder Ablehnungserklärung kann aber nicht widerrufen werden. Die Mitgliedschaft im Landtag wird allerdings nicht vor Ende der Wahlperiode des letzten Landtages erworben.

Der neu gewählte Landtag muss sich spätestens am 30. Tag nach der Wahl konstituieren. Mit der konstituierenden Sitzung beginnt die neue Wahlperiode.

Wahlprüfung

Gegen die Gültigkeit der Wahl kann von jeder wahlberechtigte Person innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntmachung des endgültigen Wahlergebnisses Einspruch erhoben werden. Die Wahlprüfung obliegt dem neu gewählten Landtag. Er entscheidet nach Vorprüfung durch den Landeswahlleiter und den Wahlprüfungsausschuss über die Einsprüche und über die Gültigkeit der Wahl von Amts wegen.

Die Entscheidungen des Landtages können binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe im Beschwerdewege angefochten werden; zuständig ist hierfür das Landesverfassungsgericht.

Die Wahlprüfung kann das Ausscheiden nicht wählbarer Abgeordneter, die (zahlenmäßige) Neufeststellung des Wahlergebnisses oder auch die Wiederholungswahl zur Folge haben. Anderenfalls wird das vom Landeswahlausschuss festgestellte Wahlergebnis ausdrücklich bestätigt.

Listennachfolge

Lehnt eine gewählte Bewerberin oder ein gewählter Bewerber die Annahme der Wahl ab oder stirbt eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter oder scheidet sonst nachträglich aus dem Landtag aus, findet eine Listennachfolge statt. Für sie oder ihn rückt die auf der Landesliste der betreffenden Partei nächstfolgende, bisher noch nicht berücksichtigte Person nach. Die Entscheidung über die Listennachfolge trifft der Landeswahlleiter.

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