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Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung : Thema: Ministerien & Behörden

Aminata Touré

Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung

Rede von Aminata Touré zu TOP 8 + 21: "Ergebnisse der Evaluation des Kindertagesförderungsgesetzes (KiTaG) sowie Umsetzung durch die Landesregierung" am 21.02.2024


Es gilt das gesprochene Wort.

Letzte Aktualisierung: 21.02.2024

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

das Parlament hat mich um einen Bericht zu den Evaluationsergebnissen gebeten. Dieser Bitte komme ich gerne nach.

Wo stehen wir gerade?

2,5 Jahre hat die Evaluation des Kita-Gesetzes gedauert.

Nun ist der Bericht da. Letzte Woche habe ich der Öffentlichkeit dargestellt, was aus unserer Sicht die zentralen Erkenntnisse sind.

Was sagt der Bericht?

Er konzentriert sich auf zwei Bereiche: Qualität und Finanzierung.

Das Gute:

  • Die Betreuungszeiten haben sich
  • Schließzeiten haben sich verkürzt.
  • Die Deckelung der Elternbeiträge hat im Schnitt zu einer Entlastung geführt von rund 30 Prozent geführt. 
  • Kitas verfügen über eine bessere Personalausstattung als vor der Reform.
  • Die unterstützenden Kräfte wie helfende Hände werden gut angenommen.
  • Beim überwiegenden Teil der Kitas hat die Reform zu einer Verbesserung bei der Leitungsfreistellung geführt.
  • Die Einkommenssituation für Kindertagespflegepersonen hat sich im Schnitt deutlich
  • Wir haben insgesamt eine höhere Transparenz im System.

Und ich finde, dass wir, bevor ich zu dem komme, was nicht gut läuft, auch einmal für einen kurzen Moment festhalten können, was geleistet wurde und dass dieser Bericht uns das schwarz auf weiß zeigt.

Wir haben vor Ort tolle Fachkräfte, die von den Kindern und Eltern geschätzt werden.

Wir haben Kommunen, die mehr Geld ins System reingeben, als das Gesetz sie verpflichtet und das aus einem Verantwortungsbewusstsein heraus.

Wir haben Träger, die tolle Arbeit leisten. Und wir haben Eltern, die ihren Einrichtungen vertrauen und ihr Kind guten Gewissens in die Betreuung geben.

Und auch wir als Land haben rund 700 Mio. für eine gute Betreuung reingegeben - all das lässt sich sehen!

Das Nicht so Gute:

  • Ein Großteil der Kitas hat den gesetzlich vorgegebenen Betreuungsschlüssel häufig unterschritten oder noch nicht erreicht.
  • Die Sachkosten sind leicht unterfinanziert und es gibt erhebliche Schwankungen im Land.
  • Es sind nicht ausreichend Verfügungs- und Leitungsfreistellungszeiten bei Vertretungskräften einkalkuliert.
  • Fehltage sind nicht ausreichend
  • Insgesamt sind auch mehr Menschen krank.
  • Seit Corona auch in allen Arbeitsbereichen.

Was hat das zur Konsequenz?

All das führt zu Engpässen in der Betreuung.

Welche Rückschlüsse ziehen wir daraus?

Kurz zusammengefasst - wir brauchen:

  1. Mehr Verlässlichkeit.
  2. Qualität mit mehr Flexibilität.
  3. Gestärkte Fachkräfte.
  4. Eine faire Aufteilung der Finanzierung.

Im Detail:

  • Das Gesetz ist in Teilen zu bürokratisch und nicht flexibel
  • Es wird den Herausforderungen des Fachkräftemangels nicht gerecht.
  • Die vorgeschriebenen gesetzlichen Qualitätsstandards sind wichtig, denn wir wollen, dass Kinder vernünftig betreut werden.

Wir alle wollen, dass Fachkräfte unter vernünftigen Arbeitsbedingungen ihrem Job nachgehen können.

Dafür müssen wir uns ansehen, was in der Praxis nicht funktioniert und damit auch dem Qualitätsanspruch nicht gerecht wird.

Was sich wie ein roter Faden durch den Bericht zieht: Beim Personal knirscht es. Und das, obwohl wir mehr Fachkräfte im System haben.

Wo standen wir vor 10 Jahren?

Es gab rund 16.800 Fach- und Verwaltungskräfte.

Heute rund 25.000.

Ein Plus von 8.000 Menschen.

Deshalb bestärkt mich der Bericht auch darin, dass es genau richtig war und ist, dass wir gleich zu Beginn der Legislatur eine „Fachkräfte-Stärken Strategie“ auf den Weg gebracht haben.

Auch das wird positive Auswirkungen auf die Qualität und Verlässlichkeit der Betreuung haben.

Was sagt der Bericht zur Finanzierung des Systems?

Er liefert keine einfache Antwort darauf. Auch nicht auf die viel zitierte Finanzierungslücke im Kita-System.

Rund 80 bis 130 Millionen Euro.

Die derzeitige Finanzierung ist also insgesamt nicht voll auskömmlich.

Das, was wir als Standardqualität reingeben, reicht im Durchschnitt bis zu 94% aus.

Aber: Viele Kitas liegen über dem gesetzlichen Standard.

Der Bericht unterscheidet hier nicht, ob die Finanzierung ausschließlich mit Blick auf das ausreicht, was gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern bezieht sich auf das System insgesamt.

Also auch das, was Träger und Standortgemeinden darüber hinaus freiwillig zusätzlich an Qualität aufwenden.

Wie z.B. eine zusätzliche Fachkraft.

Der Wert kann also maximal ein Hinweis sein, kann aber durchaus höher oder niedriger liegen.

Aber: Wie viel Geld ist im eigentlich im KiTa-System drin?

Rund 1,5 Mrd. Euro wurden im vergangenen Jahr für die Kindertagesbetreuung in SH ausgegeben.

Davon stammen:

  • 43 % vom Land
  • 37% von den Kommunen
  • 20% von den Eltern.

Wie geht es nun weiter?

  • Bis Ende April werden die Ergebnisse in Workshops gemeinsam mit den Beteiligten des Fachgremiums beraten. Der erste findet bereits übermorgen statt.
  • Dort werden alle Beteiligten darstellen, welche Schlüsse sie aus der Evaluation ziehen.
  • Wir schauen gemeinsam, wie wir zu Kompromissen kommen.
  • Am 30. April wird unsere gemeinsame Stellungnahme als Fachgremium fertig sein.
  • Wir werden in Spitzengesprächen über Finanzierung und das Zielsystem sprechen.
  • Wir werden als Landesregierung mit dem Parlament über diese Fragen verhandeln.
  • Parallel dazu bin ich in allen Kreisen und kreisfreien Städten in KiTas unterwegs, im Gespräch mit den KiTa Leitungen, den Fachkräften, den Elternvertretungen, den kommunalen Verantwortlichen und natürlich mit den Kindern selbst.
  • Im Sommer wird die Formulierungshilfe ans Parlament überstellt.
  • Im September wird die erste Lesung stattfinden, gefolgt von der zweiten im November.
  • Damit dann, im Januar 2025, das neue Kita Gesetz in Kraft treten kann.

So, wie es Kommunen, LAG und LEV es sich ausdrücklich gewünscht haben.

Und ich kann es deshalb auch nicht nachvollziehen, wie man zum jetzigen Zeitpunkt, wissend um das Ergebnis, wissend um die Haushaltssituation, Vorfestlegungen beim Punkt Finanzierung erwartet.

Wenn 3 Parteien zu der Finanzierung eines Systems beitragen, und wenn sich zeigt, dass da eine Lücke ist, dann muss man doch auch gemeinsam darüber beraten, wie man gemeinschaftlich damit umgeht.

Man kann doch auch nicht einerseits sagen:

„Frau Ministerin, Sie müssen das alles mit den Beteiligten besprechen.“, was ich so oder so tue.

Und dann im nächsten Moment ernsthaft sagen: Dieser Punkt muss aber jetzt im Alleingang entschieden werden.

In einer gemeinschaftlichen Finanzierungslogik kann es keinen Automatismus geben, dass nur eine der drei Parteien eine Lücke schließt.

Und wenn wir schon dabei sind, was wird die Opposition wohl gleich sagen?

Die SPD wird sicher sagen:

  • Beitragsfreie KiTa
  • Keine Diskussionen um Anpassung von Qualitätsstandards
  • Es braucht eine „echte“ Fachkräfteinitiative
  • Das Land soll alle anfallenden Kosten alleine übernehmen

Und die FDP wird höchstwahrscheinlich sagen:

  • Keine Erhöhung der Elternbeiträge
  • Zusagen aus der Jamaika-Vergangenheit werden nicht eingehalten
  • Die Einigkeit, die es früher gab, wurde zunichtegemacht

Ich möchte dazu folgendes sagen:

Ich finde es unseriös, wenn man in einer solchen Haushaltslage solche Forderungen stellt, ohne ernsthaft zu benennen, wie es finanziert werden soll.

Die SPD sagt allen Ernstes: „Es kostet, was es kostet“. Das ist kein Vorschlag der Finanzierung der politischen „Wünsch-dir-was“ Ideen.

Man kann das machen, wenn man nicht die Verantwortung trägt, diese Frage zu beantworten. Wir tragen sie als Koalition und werden sie deshalb in aller Ernsthaftigkeit beantworten.

Und deshalb möchte ich nochmal wiederholen, was für uns als Landesregierung wichtig für den Prozess ist:

  • Mehr Verlässlichkeit für Eltern und ihre Kinder
  • Weiterhin gute Qualität, aber mit mehr Flexibilität
  • Weitere Stärkung der Fachkräfte
  • und eine faire Finanzierung zwischen allen Beteiligten.

Diese Schwerpunkte sind nicht in einem luftleerem Raum entstanden.

Sie sind Ergebnis des Berichts und der zahlreichen Gespräche mit Eltern, Kita- Fachkräften, Kindertagespflegepersonen, Trägern und Kommunen.

Und ich möchte noch eine Lanze für Fachkräfte und für alldiejenigen, die dieses KiTa-System am Laufen halten:

Fachkräfte, die ihren Job schätzen und sich wünschen, dass man mehr und positiver über ihre tolle Arbeit spricht. Und sie wollen natürlich entlastet werden. 

Verbände, Träger und Gemeinden, die gewillt sind, Einrichtungen gut aufzustellen, weiter zu entwickeln und bestehende Strukturen zu verbessern.

Tag für Tag gibt es Menschen, die sich, trotz herausfordernder Umstände, bereit erklären sich dieser wichtigen Aufgabe zu stellen: Kindern die beste Betreuung zu ermöglichen.

Das verdient unser aller Anerkennung.

Abschließend möchte ich folgendes sagen: Wir tragen eine gemeinsame Verantwortung dafür, dass KiTas bestehen bleiben und nicht schließen.

Wir werden als Landesregierung gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort Lösungen finden, um das zu realisieren.

Und was mich an der Debatte stört, ist, wenn wir so tun, als würden wir hier in Schleswig-Holstein als einzige vor dieser Herausforderung stehen.

Nennen Sie mir ein Bundesland, das es hinbekommt bei begrenzten Ressourcen, durch unter anderem sinkende Steuereinnahmen, zeitgleich eine Beitragsfreiheit, ausreichende Fachkräfte, maximale Qualitätsstandards, zufriedene Eltern und Fachkräfte zu haben.

Es gibt keinen Ort in der Bundesrepublik, an dem es einfach reibungslos läuft.

Wir stehen vor Problemen, die vor Jahrzehnten absehbar waren und uns nun vor die Herausforderung stellen, kurzfristige und wirkungsvolle Antworten zu geben.

Das Thema ist zu ernst, die Haushaltslage zu prekär, um für einen politischen Geländegewinn von 3 Sekunden einfach nur draufzuhauen.

Und dennoch bleibt es unsere Aufgabe gute Lösungen in schwierigen Zeiten zu finden.

Ich lade Sie alle dazu ein sich konstruktiv und lösungsorientiert an diesem Prozess zu beteiligen.

Denn es geht um nichts weniger als die Zukunft der Kinder in Schleswig-Holstein.

All das, was wir heute nicht investieren und an Lösungen finden, werden wir später doppelt und dreifach zahlen. Finanziell und gesellschaftlich gesehen.

Wir sind es den Kindern in dieser Gesellschaft schuldig Lösungen in ihrem Interesse zu finden.

Denn jedes einzelne Kind hat es verdient und den Rechtsanspruch, dass es die Betreuung bekommt, das es verdient.

Vielen Dank!

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