KIEL. Das Kabinett hat heute den Entwurf der Novelle des Landeswassergesetzes (LWG) verabschiedet. Mit der Gesetzesnovelle reagiert die Landesregierung insbesondere auf die Zunahme von Extremwetterereignissen im Zuge der Klimakrise und nimmt notwendige gesetzliche Anpassungen nach der schweren Ostseesturmflut vor einem Jahr vor.
„Sturmfluten, Starkregen, Dürre: Die Klimakrise stellt Schleswig-Holsteins Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen. Wasser ist eine wertvolle Ressource, die wir gut schützen müssen. Wasser kann aber auch zur Gefahr werden. Daran hat uns die Oktobersturmflut 2023 dramatisch erinnert. Mit dem neuen Landeswassergesetz machen wir unsere Wasserwirtschaft fit für die neuen Herausforderungen der Klimakrise. Das Landeswassergesetz ist ein Gesetz zur Anpassung an den Klimawandel. Wir stellen die Weichen für einen besseren Hochwasserschutz und einen besseren Umgang mit unseren Wasserressourcen,“
sagt Umweltminister Tobias Goldschmidt.
Goldschmidt erkannte die große Kraftanstrengung an, die mit der Anpassung an den Klimawandel verbunden ist. „Der Meeresspiegel steigt, Stürme und Überflutungen nehmen zu. Wir tun mit dieser umfassenden Novelle des Wassergesetzes, was getan werden muss, wollen aber die Akteure der Wasserwirtschaft, Kommunen und der Küstenregionen auch nicht überfordern und legen deshalb einen Gesetzentwurf mit Augenmaß vor. Mir ist wichtig, dass wir der Klimakrise als Gesellschaft solidarisch begegnen, denn sie wird uns alle viel Kraft kosten“
, sagte Goldschmidt. „Vor allem auch deshalb haben wir ein paar Planungs- und Baubeschleuniger in das Gesetz aufgenommen.“
Das novellierte LWG ist ein ganzheitlicher Gesetzentwurf. Dabei lassen sich die beschriebenen Ziele der Klimaanpassung im Wesentlichen auf zwei Säulen aufteilen:
- Regelungen speziell im Bereich Küsten- und Hochwasserschutz
- Regelungen zur Klimaanpassung in der Wasserwirtschaft.
Klimaanpassung im Küsten- und Hochwasserschutz
- Bauten des Küstenschutzes wie Deiche liegen künftig im überragenden öffentlichen Interesse (§ 63) und genießen somit einen entsprechenden Vorrang bei der Abwägung entgegenstehender Belange. Für andere Maßnahmen des Hochwasserschutzes wird das öffentliche Interesse des Hochwasserschutzes gesetzlich verankert. Das schließt vorsorgenden Hochwasserschutz mit ein, etwa die Anlage von Flussauen oder von benötigten Retentionsflächen.
- Damit zusammenhängend fordert § 57 die Kommunen und Wasser- und Bodenverbände auf, kommunale Hochwasserschutzkonzepte zu erstellen. Wer dies tut, ist künftig im Vorteil bei der Vergabe von Fördergeldern bei Bau- und Wiederherstellungsmaßnahmen von Hochwasserschutzanlagen. Denn öffentliche Fördermittel sollen sich an diesen Konzepten orientieren.
- Da bei der Ostseesturmflut besonders hohe Schäden auf Campingplätzen an der Küste und in dortigen Sportboothäfen eintraten, werden deren Betreiber verpflichtet, die Nutzenden auf die besonderen Gefahren ausdrücklich hinzuweisen (§ 82a). Damit sollen Menschen frühzeitig vor Gefahren gewarnt und Schäden minimiert werden.
- In den Plan- und Genehmigungsverfahren von Hochwasserschutzanlagen können künftig Projektmanager eingesetzt werden (§ 84a). Das hat sich in anderen Bereichen, z. B. im Straßenbau, als Beschleunigungsinstrument bewährt. Diese Möglichkeit soll künftig auch im Küsten- und Hochwasserschutz bestehen, ohne dass damit Verantwortlichkeiten verschoben werden. Auch das ist ein Mittel zum Bürokratie-Abbau.
- Die Erstellung von Starkregenkarten durch die Kommunen wird gesetzlich verankert, sodass Menschen in Schleswig-Holstein das Überschwemmungsrisiko für ihre Wohnungen und Häuser genau kennen und entsprechend Vorsorge treffen können (§ 77). Solche neuen, flächendeckenden Karten hat das MEKUN kürzlich öffentlich vorgestellt.
Regelungen zur Klimaanpassung in der Wasserwirtschaft
- Diese Regelungen betreffen etwa den Wasserrückhalt in der Fläche als Element der Gewässerunterhaltung (§ 25). Ein solcher Wasserrückhalt stärkt den lokalen Wasserhaushalt und verbessert das Wasserdargebot in Trockenperioden
- In neu bebauten Gebieten – z. B. Wohn- oder Industriegebieten – soll Regenwasser nicht abgeleitet werden, sondern vorrangig versickern. Das bewirkt, dass das Wasser vor Ort bleibt und zur Grundwasserneubildung beiträgt (§ 44);
- die Möglichkeit für Kommunen, Maßnahmen zur Starkregenvorsorge in die Abwassergebühren einfließen zu lassen. Das können z. B. Kosten für eine Niederschlagswasserversickerung vor Ort sein, die Schaffung von Notwasserwegen oder Kosten für Retentionsflächen. Dies unterstützt die handelnden Kommunen bei der Finanzierung (§ 44);
- Angesichts künftig zunehmender Dürren sieht § 41 vor, dass Gemeinden verpflichtet werden können, Konzepte zur Sicherstellung der künftigen Wasserversorgung aufzustellen. So soll Vorsorge getroffen werden, dass in identifizierten kritischen Bereichen die Trinkwasserversorgung gewährleistet und die Wasserversorgungsansprüche aus anderen Wirtschaftsbereichen angemessen befriedigt werden können.
Regelungen zur Verfahrensvereinfachung:
Ein dritter Bereich des Gesetzes betrifft Verfahrensvereinfachungen:
- Behörden und Vorhabenträger können entscheiden, Projektmanager einzusetzen, die für eine Verfahrensbeschleunigung sorgen können.
- Auch im Küstenschutz setzen wir an: So wird die Regelung zu Deichschauen so modifiziert, dass ein effektiver Ressourceneinsatz erfolgt, der sich am Bedarf der unterschiedlichen Deichkategorien orientiert (§ 71).
- Die Nutzungsverbote von Deichen konzentrieren sich künftig auf die wesentlichen Sachverhalte (§ 70). Wo es vertretbar erscheint, genügt künftig eine Anzeige an den LKN (z. B. für das Aufstellen von Strandkörben).
- Weiter können in wenig problematischen Verfahren bei der Ausweisung neuer Wasserschutzgebiete oder der Umwidmung von Deichen die Erörterungstermine unterbleiben.
- Im Bereich der Abwasserbeseitigung erfolgen z. B. in § 45 Erleichterungen für die Gemeinden, die flexibler die Abwasserbeseitigung auf willige Private übertragen können.
- Schließlich wird die Arbeit der ehrenamtlich tätigen Wasser- und Bodenverbände unterstützt, indem sie künftig ihre Gremiensitzungen auch digital abhalten können (§ 2c Landeswasserverbandsgesetz).
Hafen- und Wasserverkehrsrecht
Ein vierter Regelungskomplex, der gänzlich novelliert wurde, ist das in der Zuständigkeit des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus (MWVATT) liegende Hafen- und Wasserverkehrsrecht.
- Dazu gehört z. B. die Regelung der Konzessionierung von Seeverkehrsleistungen, die auch künftig einen ganzjährigen Verkehr zu den Inseln und Halligen sicherstellen sollen.
- Außerdem wird das überragende öffentliche Interesse für Versorgungshäfen für die Inseln und Halligen sowie für Häfen, die der Landesverteidigung dienen, gesetzlich festgeschrieben (§ 94). Dies gilt auch für die Häfen, die der Energieversorgung, der Klimaanpassung/dem Klimaschutz oder der Versorgung der Inseln und Halligen dienen.
„Wir haben die Vorschriften für die Genehmigung von Häfen vereinfacht und entbürokratisiert“
, meint Minister Madsen zu dem von der Landesregierung vorgelegten Entwurf des Landeswassergesetzes. Gleichzeitig freut sich der Minister darüber, dass die Genehmigungsverfahren gleichzeitig beschleunigt und Projekte auch praktisch schneller umgesetzt werden können: „Wir führen alle bisher bekannten Planungsbeschleunigungs- und Umsetzungskonzepte aus anderen Infrastrukturbereichen auch für die Genehmigung von Hafeninfrastruktur ein und werden dazu in die Lage versetzt, in bestimmten Fällen auch das überragende öffentliche Interesse für bestimmte besonders wichtige Hafeninfrastrukturen festzustellen“
so der Minister. Dadurch hätten diese Häfen ein besonderes Gewicht in der Abwägung.
Erhöhung der Landeswasserabgabe
Nach über zehn Jahren soll im Landeswasserabgabengesetz ein Inflationsausgleich erfolgen. Insgesamt wird ein zusätzliches Abgabenaufkommen von rund 7 Millionen Euro pro Jahr erwartet. „Wir nutzen diese Mehreinnahmen, um die Wasser- und Bodenverbände trotz des Drucks auf unseren Haushalt bei der Unterhaltung der Gewässer weiter ausgewogen fördern zu können“
, sagte Goldschmidt. Die Mittel sollen auch der Finanzierung der Zielvereinbarung mit der Landwirtschaft im Rahmen des Aktionsplan Ostseeschutz dienen.
Weiteres Verfahren:
Der Gesetzentwurf wird nun an den Landtag zur weiteren Befassung übersandt. Das Inkrafttreten wird zum Jahresbeginn 2025 angestrebt.
Hintergrundinformation:
Im Juli hatte das Kabinett einen ersten Entwurf verabschiedet, der anschließend den kommunalen Landesverbänden, wasserwirtschaftlichen Verbänden, Naturschutzverbänden, landwirtschaftlichen Verbänden und anderen potentiell Betroffenen zur Stellungnahme übersandt wurde. 30 Institutionen haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Vielfach wurden die geplanten Änderungen begrüßt. Es gab aber auch kritische Anmerkungen und Ergänzungswünsche. Dem entsprechend wurde der Entwurf angepasst.
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