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Ministerium für Energie­wende, Klimaschutz, Umwelt und Natur : Thema: Ministerien & Behörden

Tobias Goldschmidt

Minister für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur

Umweltminister Robert Habeck im Landtag zur Erdölförderung im Wattenmeer: "Politisch halte ich sie für falsch. Aber wir prüfen nach Recht und Gesetz."

Letzte Aktualisierung: 16.11.2016

KIEL

"Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

vom Beginn meiner Amtszeit an habe ich immer wieder ausgeführt, dass ich eine Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer politisch für falsch halte. Ich halte im Übrigen auch Atomkraft für falsch – muss aber seit viereinhalb Jahren auch die Verantwortung für den sicheren Betrieb des AKW Brokdorf tragen.

Wir bewegen uns, glücklicherweise alle in einem Rechtsstaat. Recht und Gesetz sind für mich bindend, das gilt selbstverständlich auch für jedes Genehmigungsverfahren.

Im SH Nationalparkgesetz heißt es in § 5 Abs. 1:

"Im Nationalpark sind […] alle Handlungen unzulässig, die zu einer Zerstörung, Beschädigung, Veränderung oder nachhaltigen Störung des Schutzgebiets oder seiner Bestandteile führen können. Insbesondere ist es nicht zulässig,

1. Eingriffe im Sinne des Landesnaturschutzgesetzes, Sprengungen oder Bohrungen vorzunehmen, (…)."

§ 6 Abs. 4 des Nationalparkgesetzes besagt, dass die für den Nationalpark zuständige Behörde, also die Nationalparkverwaltung, von diesen Schutzbestimmungen Ausnahmen zulassen kann, wenn damit keine erhebliche Beeinträchtigung verbunden ist.

Im Übrigen gilt § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes, d.h. es ist die Möglichkeit von "Befreiungen" zu prüfen. Dazu später mehr.

Hinsichtlich der Erdölförderung sagt das Nationalparkgesetz in § 6 Abs. 3 Nr. 6, dass die Erdölbohrung und -förderung ausschließlich von der genehmigten Bohr- und Förderinsel Mittelplate A im Benehmen mit der Nationalparkverwaltung zulässig ist. Also nirgendwo anders! Der Antrag der Piraten, im Nationalparkgesetz zu ergänzen "Erdölbohrung im Sinne des Nr. 6 ist jede Bohrung zur Aufsuchung von Erdöl"" ist eine Präzisierung, die ich nicht falsch finde. Allein, auch sie wird nicht das intendierte Resultat bringen.

Gestatten Sie, dass ich es kurz erläutere: In den Antragsunterlagen von DEA heißt es: "Die DEA Deutsche Erdoel AG plant […] das Abteufen von Erkundungsbohrungen […]. An allen drei Lokationen erfolgen Messungen und Untersuchungen aber keine Fördertests. Nach Abschluss der Arbeiten werden die Bohrungen mit Zement verfüllt und abgedichtet. Der obere Teil wird ca. 15 m unter der Oberfläche geschnitten und beseitigt. Die Pontons werden wieder weggeschleppt und die Kolkschutzanlagen vollständig zurückgebaut."

Wenn man Erkundungsbohrungen zum (späteren) Zweck der Erdölbohrung mit "Erdölbohrungen" iSd § 6 NPG gleichsetzt, sind sie unzulässig. Wenn sie eher als wissenschaftliche Bohrung zu bewerten sind, wären sie unter Umständen genehmigungsfähig.

In jedem Fall aber müssen die zuständigen Behörden eine Abwägung treffen. Denn das übergeordnete BNatSchG schreibt in § 67 vor, dass eine Befreiungsmöglichkeit von (sämtlichen) naturschutzrechtlichen Verboten immer in Betracht zu ziehen ist (und daher immer zu prüfen ist):
"(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes [..] kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn

1. dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist."

Ein konkretes Beispiel aus Schleswig-Holstein: Auf der Grundlage des § 67 BNatSchG ist die Befreiung erteilt worden, das NordLink-Kabel durch den Nationalpark zu legen – hier war die Abwägung, dass das öffentliche Interesse am Stromtransport zwischen Deutschland und Norwegen im Sinne der Energiewende das öffentliche Interesse am Schutz des Nationalparks überwiegt.

Sollten also die beantragten Explorationsbohrungen ein höherwertiges Interesse beispielsweise an der Rohstoffversorgung Deutschlands mit Erdöl gegenüber dem Schutz der Natur im Nationalpark begründen, wäre der Antrag ggf. genehmigungsfähig. Dies war die veröffentlichte und auch mehrfach schriftlich dokumentierte Meinung der alten Vorgängerlandesregierung.

Seitdem jedoch hat sich vieles geändert. Wir haben das Wasserrecht und das Bergschadensrecht auf Bundesebene novelliert, hier im Land ein CCS-Verbotsgesetz beschlossen, über die Landesentwicklungsplanung neue Ziele für den Untergrund definiert, die Endlagersuchkommission hat die Suche im Tiefen Untergrund für ein Atommüllendlager neu gestartet und wie ganz neuen, viel höheren Stellenwert des Klimaschutzes und der Energiewende – dem widerspricht die Nutzung des Erdöls, noch dazu in einem Nationalpark. Wir haben im Land mit der Erhöhung des Erdölförderzinsens eine neue Definition des Schutzes unterirdischer Kohlenwasserstoffe beschossen. Wir haben eine stark gestiegene Anerkennung für die herausragende wirtschaftliche Bedeutung des Wattenmeerschutzes – der Tourismus ist die mit Abstand wichtigste Einkommensquelle der Westküste und seine Basis ist ein intaktes Ökosystem. Und wir haben eine gesellschaftlich veränderte Wertschätzung für die grandiose Natur des Wattenmeeres, die sich nicht zuletzt in der Anerkennung als Weltnaturerbe ausdrückt.

Um genau die Rechtsfragen in der Abwägung zwischen den Interessen des Bergrechts und des Nationalparkrechts klären zu lassen, habe ich ein Gutachten in Auftrag gegeben, dessen Ergebnis in wenigen Wochen vorliegen wird. Auch im Lichte dieses Gutachtens wird dann eine Entscheidung fallen."


Verantwortlich für diesen Pressetext: Nicola Kabel | Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume | Mercatorstr. 3, 24106 Kiel | Telefon 0431 988-7201 | Telefax 0431 988-7137 | E-Mail: pressestelle@melund.landsh.de
Presseinformationen der Landesregierung finden Sie aktuell und archiviert im Internet unter http://www.schleswig-holstein.de |

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