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Landesamt für Vermessung
und Geoinformation
Schleswig-Holstein
: Thema: Ministerien & Behörden

Amtlicher Lagebezug

Europäisches Terrestrisches Referenzsystem 1989 (ETRS89)

Letzte Aktualisierung: 13.10.2021

Exkurs zum Lagebezug 

Bevor mit dem ETRS89 durch satellitengestützte Messverfahren ein europaweites einheitliches Bezugssystem realisiert werden konnte, wurden Lagebezugssysteme über Winkelmessungen zwischen weiträumig (bis zu 50 km Entfernung) angeordneten sogenannten Trigonometrischen Punkten (TP) realisiert.

Ausgangswerte der Koordinatenberechnung waren die hochgenau gemessenen Innenwinkel der Dreiecke, die durch das Netz der TP gebildet wurden sowie eine ebenso hochgenau gemessene Strecke zwischen zwei sehr dauerhaft vermarkten Punkten, die dem Trigonometrischen System als Maßstab diente (die sogenannte Basis). Die ersten Anwendungen Trigonometrischer Netze reicht bis in das 16. Jahrhundert und in die darauffolgenden beiden Jahrhunderte zurück, in denen durch sogenannte Gradmessungen die Gestalt unserer Erde als abgeplattetes Rotationsellipsoid nachgewiesen wurde. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden dann landesweit Trigonometrische Netze zur Landesaufnahme und zum Aufbau des Grundsteuerkatasters angelegt.

Zur vermessungstechnischen Aufnahme der Grundstücke und zu deren kartographischer Darstellung in den Flurkarten des Grundsteuerkatasters (Urkarten) wurden Soldner-Koordinatensysteme mit begrenzter Ausdehnung in den Trigonometrischen Netzen als Bezugssysteme platziert. Der Ursprung der Soldner-Koordinatensysteme lag dabei jeweils in einem Trigonometrischen Festpunkt, der dadurch eine herausragende Bedeutung erhielt (siehe Soldner- Koordinatensysteme).

Mit fortschreitenden Anforderungen an die Landesaufnahme und das Liegenschaftskataster und mit weiterentwickelten Vermessungsgeräten, die eine höhere Genauigkeit ermöglichten, wurden im 20. Jahrhundert bestehende Trigonometrische Netze wiederholt vermessen und neu berechnet. Mit der Erfindung und dem Einsatz der elektrooptischen Distanzmessung wurde mit Beginn der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts zunehmend die direkte Entfernungsmessung zwischen den Trigonometrischen Punkten unter der Bezeichnung Trilateration möglich und die ehemaligen Basislinien verloren ihre Bedeutung.

Mit den 1980er Jahren waren die Verfahren zur Vermessung mit Satellitensignalen so weit entwickelt, dass die Koordinaten der Trigonometrischen Punkte über dieses Verfahren in einem europäischen Bezugssystem gemessen und berechnet werden konnten.

In der Gegenwart wird der Lagebezug durch den amtlichen Raumbezug durch den bundesweiten Satellitenpositionierungsdienst (SAPOS®) der Landesvermessungsbehörden sowie durch das Geodätische Grundnetz, flächendeckend zur Verfügung gestellt, womit die Trigonometrischen Netze ihre Bedeutung als Grundlage für das amtliche Lagebezugssystem überwiegend verloren haben.

Heute erinnern die Kulturdenkmäler der historischen Basislinien wie auch die in Wald und Flur gut erkennbaren Granitpfeiler der TP an die Trigonometrischen Netze und deren Bedeutung für die Landesvermessung.  

European Terrestrial Reference System 1989 (ETRS 89)

In Europa realisiert das ETRS89 für alle raumbezogenen Anwendungen den grenzübergreifenden Rahmen für den einheitlichen, integrierten geodätischen Raumbezug, der in der Bundesrepublik Deutschland durch das Geodätische Grundnetz und SAPOS® flächendeckend zur Verfügung gestellt wird. Das ETRS89 basiert auf den Ergebnissen geodätischer Wissenschaft und Forschung mit den Schwerpunkten Satellitengeodäsie und „Very Long Baseline Interferometrie“ (VLBI).

Im Jahre 1991 wurde dann erstmals ein bundesweites Netz amtlicher Vermessungspunkte im Bezugsrahmen des ETRS89 bestimmt (DREF91). Das so erhaltene homogene Netz amtlicher, bundesländerübergreifender Vermessungspunkte bildet die oberste Hierarchiestufe für alle weiteren amtlichen Vermessungspunkte. Unter Initiative und Koordination der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) wurde das Geödätische Grundnetz der rund 250 Vermessungspunkte in den Jahren 2008 und 2021 jeweils unter Verwendung satellitengestützter Messverfahren erneut vermessen. Die Differenzen aus den Ergebnissen der Messkampagnen geben Rückschlüsse auf die weiterentwickelte Mess- und Auswertetechnik aber besonders auch auf Verschiebungen der Erdoberfläche.

Geodätische Grundlagen zum ETRS 89

Das Amtliche Bezugssystem für die Lagekoordinaten (Ost- und Nordwert) in Schleswig-Holstein ist das European Terrestrial Reference System 1989 (ETRS89). Das ETRS89 stellt eine Realisierung des World Geodetic System 1984 (WGS84) dar. Es bildet die Grundlage für die Einführung eines einheitlichen Koordinatensystems in der Bundesrepublik Deutschland.

Das ETRS89 bezieht sich auf die durch den International Earth Rotation Service (IERS) festgelegten Punkte des International Terrestrial Reference Frame (ITRF) für die eurasische Platte zum Zeitpunkt 1989.

Das ETRS89 ist durch das 1989 beobachtete Europäische Referenznetz (EUREF89) und durch das 1991 gemessene Deutsche Referenznetz (DREF91) verdichtet worden. Auf dieser Grundlage ist durch Messungen aus dem Jahre 1993 ein Schleswig-Holsteinisches Referenznetz (SHREF93) eingerichtet worden.

Das ETRS89 gründet sich auf ein globales dreidimensionales kartesisches Koordinatensystem. Es bezieht sich auf den Erdschwerpunkt (Geozentrum) und hat folgende Bezugsrichtungen:

  • die Z-Achse zum Nordpol in seiner als Conventional Terrestrial Pole (CTP) bezeichneten Lage,
  • die X-Achse als Schnittgerade der Ebene des ETRS89-Bezugsmeridians und der CTP-Äquatorebene, wobei der Bezugsmeridian parallel zum Nullmeridian ist, den das Bureau International de l'Heure (BHI), seit 1988 International Earth Rotation Service (IERS), festgelegt hat (Meridian von Greenwich),
  • die Y-Achse rechtwinklig nach Osten auf der X-Achse in der Äquatorebene.

Im WGS84 ist ein geozentrisch gelagertes Erdellipsoid definiert mit den Parametern

  • große Halbachse        6 378 137 m,
  • Abplattung                  1 : 298, 257 223 563.

Es stimmt für Zwecke der praktischen Anwendung mit dem Erdellipsoid des 1980 von der Internationalen Union für Geodäsie und Geophysik (IUGG) empfohlenen Geodetic Referenz System 1980 (GRS80) überein, das im System des ETRS89 festgelegt worden ist (Abweichung in der kleinen Halbachse 0,1 mm).

Die Koordinaten werden in der Universalen Transversalen Mercatorabbildung (UTM) geführt. Die Ordinate wird als Ostwert benannt. Der Ordinate wird die Kennziffer der UTM-Zone vorangestellt. Die Abzisse wird Nordwert genannt.

Geodätische Grundlagen zum DHDN1990--Deutsches Hauptdreiecksnetz 1990

Das DHDN1990 besteht aus drei Netzblöcken

  • I. Nordwestblock = der 1895 fertiggestellte Schreibersehe Block zwischen Elbe, Main und deutscher Westgrenze mit späteren Erweiterungen nach Norden und Westen sowie Erneuerungen im Innern,
  • II. Südblock = die um 1940 im Süden an den Schreibersehen Block angefelderten Netzteile mit späteren Erweiterungen nach Süden,
  • III. Nordostblock = das 1983 berechnete Staatliche Trigonometrische Netz 1. Ordnung.

Die Netzblöcke I und II sind durch Aneinanderschließen von Netzteilen entstanden, der Netzblock III wurde in einem Guss berechnet. Bedingt durch diese Entstehung sind Maßstab und Orientierung nicht einheitlich.

Die Netzblöcke I und II sind auf das Erdellipsoid von Bessel mit den Parametern

  • große Halbachse 6 377 397,155 m,
  • Abplattung 1 : 299,152 812 85

bezogen.

Zentralpunkt ist der Hauptdreieckspunkt Rauenberg als Exzentrum der ehemaligen Sternwarte Berlin. Das Netz ist durch die Dreiecksseite Rauenberg Berlin, Marienkirche, astronomisch orientiert. Im Zentralpunkt Rauenberg wurde die Lotabweichung mit Null angenommen.

Dieses System der Preußischen Landesaufnahme wird seit 1984 als Potsdam Datum (Zentralpunkt Rauenberg) bezeichnet. Es ist identisch mit dem früher so bezeichneten Rauenberg Datum.

Der Maßstab ist gewonnen aus den auf das legale Meter umgerechneten, auf die Höhenbezugsfläche reduzierten Grundlinien bei Berlin (1846), Braak (1871), Göttingen (1880), Meppen (1883) und Bonn (1892).

Vom Zentralpunkt aus sind die geographischen Koordinaten der Hauptdreieckspunkte geodätisch mit Hilfe des Ausgangsazimuts und der ausgeglichenen ellipsoidischen Richtungen berechnet worden.

Die von der Preußischen Landesaufnahme in Bezug auf Ferro angegebenen geographischen Längen werden durch Abzug von 17° 40' 00" in Längen östlich von Greenwich umgewandelt.

Der Netzblock III ist auf das Erdellipsoid von Krassowski mit den Parametern

  • große Halbachse 6 378 245 m,
  • Abplattung 1 : 298,3

bezogen.

Er ist Bestandteil des 1983 fertiggestellten Einheitlichen Astronomisch-Geodätischen Netzes (EAGN) der osteuropäischen Staaten, dessen Ausgangsdaten 1942 für die Sternwarte Pulkowo bei Sankt Petersburg durch eine Minimierung der astronomisch-geodätischen und gravimetrischen Lotabweichungen bestimmt wurden.

Der Maßstab ist aus sechs im Gebiet des Netzblocks III gelegenen elektrooptisch gemessenen Netzseiten bei den früheren Grundlinien (1955) in Grevesmühlen, Wolmirstedt, Stadtilm, Anklam, Fürstenwalde und Bautzen sowie sieben weiteren Netzseiten im Südosten dieses Blockes gewonnen worden.

In die Ausgleichung des EAGN wurden 29 im Netzblock III gelegene Laplace-Punkte einbezogen.

Koordinaten, die auf dem EAGN beruhen, haben die Systembezeichnung 42/83. Früher berechnete Koordinaten des EAGN haben entsprechend dem Jahr ihrer Berechnung die Systembezeichnung 42/57 bzw. 42/63.

Koordinaten, die auf dem ehemaligen, um 1940 gebildeten endgültigen Reichsdreiecksnetz beruhen, haben die Systembezeichnung 40/xx, wobei für xx das Jahr der Berechnung des Netzteiles eingesetzt wird.

Im schleswig-holsteinischen Teil des DHDN1990 wurden für die TP und die übrigen Stationspunkte rechtwinklige Lagekoordinaten R, H im Gauß-Krüger Meridianstreifensystem bestimmt. Ferner wurden für sie Höhen im NivP-Feld ermittelt.

Der Meridianstreifen erstreckt sich über je drei Längengrade. Die Hauptmeridiane (Mittelmeridiane) für Schleswig-Holstein sind die Meridiane 9° und 12° östlich von Greenwich.

Die Abszissenachse ist das Bild des Hauptmeridians. Abszissenanfangspunkt ist der Schnitt der Abszissenachse mit dem Bild des Äquators. Der positive Zweig der Abszissenachse weist nach Norden. Der Verjüngungsfaktor ist gleich eins.

Die Ordinaten werden nach Osten positiv gezählt. Die Abszissenachse jedes Meridianstreifensystems erhält den Ordinatenwert 500.000 m. Hierdurch haben die Ordinaten der einzelnen Punkte stets positive Werte. Ihnen wird ferner eine Kennziffer vorangesetzt, die gleich dem dritten Teil der Längengradzahl des Hauptmeridians ist.

Die so ergänzten Ordinaten werden Rechtswerte R, die Abszissen Hochwerte H genannt.

Soldner-Koordinatensysteme

Als Bezugssysteme der preußischen Grundsteuervermessung (ab 1876 im heutigen Schleswig-Holstein) wurden Soldner-Koordinatensysteme verwandt. Die Soldner-Koordinatensysteme sind nach dem Physiker, Mathematiker, Astronomen und Geodäten Johann Georg von Soldner (1776-1833) benannt.

Soldner-Koordinatensysteme sind rechtwinklige Koordinatensysteme, deren Abszissenachse sich am Verlauf des jeweiligen Meridians orientiert. Bei dieser mittabstandstreuen zylindrischen Abbildung in transversaler Lage bleibt die Ausdehnung entlang des Meridians verzerrungsfrei. In dieser auch als „ordinatentreue Plattkarte“ bezeichneten Abbildung werden rechtwinklig- sphärische Abszissen auf der ebenen Abszissenachse und die rechtwinklig- sphärischen Ordinaten auf ebenen Ordinaten in wahrer Länge abgetragen. Diese ordinatentreue Abbildung führt zur verzerrten Darstellung der Winkel. Dadurch, dass diese Bezugssysteme in ihrem rechtwinkligen Abstand beidseits des Meridians auf ca. 60 km begrenzt wurden, bleiben die Verzerrungen in einem für die damalige Liegenschaftsvermessung vertretbaren Rahmen.

Der Vorzug der rechtwinkligen Soldner-Koordinatensysteme liegt darin, dass vermessungstechnische Berechnungen ohne weitere Korrekturen, möglich sind.

Den Ursprung eines Soldner-Systems wurde in einen markanten, ausgewählten Trigonometrischen Punkt gelegt, nach welchem diese Bezugssysteme auch benannt wurden. Für Schleswig-Holstein wurden die Systeme Rathkrügen, Bungsberg und Ostenfeld angelegt. Weitere der rund 40 im in Preußen angelegten Soldner-Koordinatensysteme haben z.B. den Ursprung im Turm des Hamburger Michels, im nördlichen Turm der Münchner Frauenkirche oder im Hauptturm des Schweriner Schlosses.

Im heutigen Liegenschaftskataster Schleswig-Holsteins sind die Soldner-Koordinaten erst durch Gauß-Krügerkoordinaten und dann im Zuge der ALKIS®-Einführung durch UTM-Koordinaten abgelöst worden. Dennoch sind die Soldner-Koordinaten für Recherchen ein wichtiger Bestandteil des Katasterzahlennachweises. Unter anderem fanden die Solder-Koordinaten in der Herstellung der Automatisierten Liegenschaftskarte ab den 1990er Jahren für die Einpasstransformation der Flurkarten über Polygonpunkte eine wichtige Verwendung.

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