Rechtliche Bestimmungen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Küstenschutz in Schleswig-Holstein werden durch das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (WHG) und das Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein (Landeswassergesetz – LWG) bestimmt.
Neben dem Wasserrecht sind bei der Umsetzung von Küstenschutzmaßnahmen insbesondere die naturschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundes- und Landesnaturschutzgesetzes sowie die Gesetze über die Umweltverträglichkeitsprüfung in besonderem Maße zu beachten.
Nach dem LWG (§ 58) unterteilt sich der Küstenschutz dabei grundsätzlich in
- den Küstenhochwasserschutz und
- die Küstensicherung.
Unter Küstenhochwasserschutz ist der Schutz der Küstengebiete vor Meeresüberflutungen durch den Neubau, Verstärkung und Unterhaltung von Deichen, Halligwarften, Sperrwerken und sonstigen Hochwasserschutzanlagen zu verstehen.
Die Küstensicherung umfasst dagegen die Sicherung der Küsten gegen Uferrückgang und Erosion durch den Neubau, Verstärkung und Unterhaltung von Buhnen oder Deckwerken sowie durch andere geeignete Maßnahmen.
Mit dem „Generalplan Küstenschutz des Landes Schleswig-Holstein – Fortschreibung 2022“ hat das Land eine Grundlage bereitgestellt, in der es seine Handlungsgrundsätze für den Küstenschutz festlegt. Nach dem geltenden Landesraumordnungsplan ist der vorbeugende Hochwasserschutz an der Küste auf der Grundlage des „Generalplans Küstenschutz“ zu gewährleisten. Die im „Generalplan Küstenschutz“ enthaltenen Zielsetzungen sind damit zugleich Ziele der Raumordnung und Landesplanung. Die Raumordnungspläne sind von den Trägern der öffentlichen Verwaltung zu beachten.
Zuständigkeiten und Aufgaben
Die Zuständigkeiten und Aufgaben im Küstenschutz sind im LWG geregelt.
So ist nach § 101 LWG das für die Wasserwirtschaft zuständige Ministerium (Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein, MEKUN) oberste Küstenschutzbehörde. Als oberste Küstenschutzbehörde obliegt ihm die Aufsicht über die untere Küstenschutzbehörde. Die Aufgaben der unteren Küstenschutzbehörde nimmt der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) wahr.
Das MEKUN ist als oberste Küstenschutzbehörde zuständig für Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungen für das Errichten, Beseitigen, Verstärken oder wesentliche Umgestalten von Landesschutzdeichen sowie von Regionaldeichen in der Trägerschaft des Landes. Im Übrigen ist der LKN.SH als untere Küstenschutzbehörde zuständig. Dabei handelt es sich insbesondere um Aufgaben als Planfeststellungs- und Plangenehmigungsbehörde für das Errichten, Beseitigen, Verstärken oder wesentliche Umgestalten von Regionaldeichen in der Trägerschaft von Verbänden oder Kommunen. Weiter ist der LKN.SH zuständig als Aufsichtsbehörde über den Zustand und die Benutzung der Deiche an der Küste, als Genehmigungsbehörde für alle sonstigen Maßnahmen und Anlagen an den Küsten und auf den Deichen, sowie für die Gefahrenabwehr und das gewässerkundliche Messwesen.
Nach dem LWG gilt zunächst der Grundsatz, dass der Küstenschutz Aufgabe derjenigen ist, die davon Vorteile haben, sofern das LWG nicht ausdrücklich andere dazu verpflichtet.
Der Bau und die Unterhaltung der Landesschutzdeiche sowie der Regionaldeiche auf den Inseln und Halligen obliegen nach § 60 LWG dem Land Schleswig-Holstein.
Alle übrigen Regionaldeiche sind von den Wasser- und Bodenverbänden im Rahmen ihrer satzungsgemäßen Aufgaben oder den Gemeinden, sofern die Bildung eines Wasser- und Bodenverbandes unzweckmäßig ist, zu unterhalten.
Für Maßnahmen der Küstensicherung sind entsprechend dem Grundsatz des LWG diejenigen zuständig, die davon Vorteile haben. Küstensicherungsmaßnahmen werden zum Beispiel von den Gemeinden zum Schutz öffentlicher Infrastruktur (z.B. Promenaden, Straßen, Gebäude) oder auch von Dritten z.B. zum Schutz von privatem Eigentum durchgeführt.
Neben den Belangen des Küstenschutzes sind bei allen Küstenschutzmaßnahmen auch immer die Belange des Naturschutzes von Bedeutung. Der LKN.SH ist die zuständige Naturschutzbehörde für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. In den nicht eingemeindeten Teilen der Küstengewässer, die nicht zum Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer gehören nimmt das MEKUN als oberste Naturschutzbehörde diese Aufgabe wahr. Die weiteren Zuständigkeiten der Naturschutzbehörden richten sich nach der Örtlichkeit.
Zulassung von Küstenschutzmaßnahmen
Gem. § 68 WHG in Verbindung mit den §§ 63 und 83 LWG bedarf das Errichten, Beseitigen, Verstärken oder wesentliche Umgestalten von Deichen, Sicherungsdämmen und Sperrwerken (Bauten des Küstenschutzes), die dem Schutz gegen Sturmfluten oder in anderer Weise dem Küstenschutz dienen, der vorherigen Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens, dessen Ablauf sich aus den Vorgaben des Landesverwaltungsgesetzes (LVwG, §§ 139 ff.) ergibt. Im Planfeststellungsverfahren ist die Beteiligung der Öffentlichkeit, der Naturschutzverbände und der Träger öffentlicher Belange vorgesehen. Innerhalb dieses Verfahrens ist gem. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) bzw. Landesumweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (LUVPG) auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbständiger Teil des Gesamtverfahrens durchzuführen. Entsprechend § 68 Abs. 2 Satz 2 WHG können die Länder bestimmen, dass für Bauten des Küstenschutzes, für die nach dem UVPG keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, anstelle einer Planfeststellung oder Plangenehmigung eine andere Zulassung erteilt werden kann. Dazu regelt § 63 Abs. 2 LWG, dass Bauten des Küstenschutzes ohne Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens genehmigt werden können, wenn:
es sich um eine Verstärkung oder Änderung innerhalb des bereits bestehenden Deiches einschließlich des Zubehörs handelt oder das Vorhaben von unwesentlicher Bedeutung ist und jeweils gemäß §§ 3, 6 und 7 des LUVPG keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht.
Die Errichtung, Beseitigung oder wesentliche Änderung aller übrigen Anlagen an der Küste bedürfen gem. § 80 LWG der Genehmigung der unteren Küstenschutzbehörde. Dabei kann die Genehmigung für Vorhaben, die in der Anlage 1 des LUVPG aufgeführt sind, nur in einem Verfahren erteilt werden, das den Anforderungen des LUVPG entspricht.
Des Weiteren bestehen gemäß § 81 LWG Nutzungsverbote auf Küstenschutzanlagen, in den Dünen und auf den Strandwällen sowie im Bereich der Steilufer, am Meeresstrand und auf dem Meeresboden. So dürfen in diesen Bereichen beispielsweise keine Abgrabungen oder Aufschüttungen vorgenommen werden. Im Bereich der Steilufer gelten diese Bestimmungen bis 50 m landwärts der oberen Böschungskante.
Genehmigungen nach § 80 LWG sowie Ausnahmegenehmigungen nach § 81 LWG können von der unteren Küstenschutzbehörde erteilt werden, wenn von den Anlagen oder Nutzungen keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Belange des Küstenschutzes oder der öffentlichen Sicherheit zu erwarten ist, die nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden kann.
In den Fällen, in denen keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, gelten die Genehmigungen gem. § 111a LVwG auch als erteilt, wenn die untere Küstenschutzbehörde nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang des Antrages widerspricht.
Diejenigen, die die Anlage errichtet haben, tragen die Verantwortung für deren ordnungsgemäßen Zustand. Nach Beendigung der Nutzung ist die Anlage vom Bau- und Unterhaltungspflichtigen zu beseitigen. Die untere Küstenschutzbehörde kann Maßnahmen zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes oder die Beseitigung der Anlage anordnen. Mit den Genehmigungen nach §§ 80 und 81 LWG entscheidet die untere Küstenschutzbehörde nach § 17 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zugleich über die Zulässigkeit von Eingriffen in Natur und Landschaft nach § 15 BNatSchG i.V.m. § 11 Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) (sog. Huckepackverfahren).
Für die Zulassung von baulichen Anlagen gelten außerdem noch die Bauverbote nach § 82 LWG. Hiernach dürfen bauliche Anlagen z.B. in einer Entfernung von 50 m landwärts vom Fußpunkt der Innenböschung der Landesschutzdeiche, in einer Entfernung von 25 m landwärts vom Fußpunkt der Innenböschung der Regionaldeiche und im Deichvorland nicht errichtet oder wesentlich verändert werden. Weitere Verbote gelten für die Errichtung oder wesentliche Änderung von Anlagen bis zu einer Entfernung von 150 m landwärts der obersten Böschungskante von Steilufern oder vom seewärtigen Fußpunkt einer Düne oder eines Strandwalls sowie in Hochwasserrisikogebieten an der Küste. Ausnahmen von diesen Verboten sind aufgrund gesetzlicher Ausnahmen möglich, z.B. in Hochwasserrisikogebieten an der Küste, wenn das Gebiet ausreichend auf dem Schutzniveau eines Landesschutzdeiches geschützt ist bzw. ausreichende Maßnahmen zur Minderung des Hochwasserrisikos mit Herstellung der baulichen Anlage durchgeführt werden. Darüber hinaus sind Ausnahmen im Einzelfall möglich, wenn sie mit den Belangen des Küstenschutzes und des Hochwasserschutzes vereinbar sind und wenn das Verbot im Einzelfall zu einer besonderen Härte führen würde oder ein dringendes öffentliches Interesse vorliegt.
Finanzierung/ Förderung von Küstenschutzmaßnahmen
Küstenschutzmaßnahmen in der Trägerschaft von Gemeinden oder Wasser- und Bodenverbänden können im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ nach den Grundsätzen für die Förderung von Küstenschutzmaßnahmen gefördert werden.
Die zurzeit gültige Förderrichtlinie ist im Internet auf der Seite der Landesvorschriften zu finden.
Richtlinie zur Förderung von Küstenschutzmaßnahmen in Schleswig-Holstein
Die EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (EG-HWRL)
Am 26.11.2007 ist die Richtlinie 2007/60/EG über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (EG-HWRL) in Kraft getreten.
Ziel der Hochwasserrichtlinie ist es, einen Rahmen für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken zur Verringerung der hochwasserbedingten nachteiligen Folgen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und die wirtschaftlichen Tätigkeiten in der Gemeinschaft zu schaffen. Voraussetzung für eine wirksame Hochwasservorsorge und die Begrenzung von Hochwasserschäden ist die nationale und internationale Koordinierung innerhalb der durch die Einzugsgebiete begrenzten Flussgebiete.
Ausführliche Informationen zur Umsetzung der Hochwasserrichtlinie in Schleswig-Holstein finden Sie hier:
Hochwasserrichtlinie
Zur Umsetzung Art. 6 HWRL wurden Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten getrennt für die Küstengebiete (Küstenhochwasser) und das Gewässernetz (Flusshochwasser) für verschiedene Hochwasserszenarien erarbeitet. Im WebGIS-Kartenportal sind diese Ergebnisse unterschieden nach Hochwassertyp und -szenario bereitgestellt.
Hochwasserkarten Schleswig-Holstein
Natur-, Landschafts- und Artenschutzrechtliche Bestimmungen
Die Maßnahmen des Küstenschutzes haben oft Auswirkungen auf Natur und Landschaft. Im Rahmen des jeweiligen Zulassungsverfahrens sind daher verschiedene naturschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten, die eine möglichst naturverträgliche Maßnahmenausgestaltung sicherstellen sollen. Zu diesen Bestimmungen des Bundes- und Landesnaturschutzgesetzes (BNatSchG/LNatSchG) gehören die Eingriffsregelung, der gesetzliche Biotopschutz, der Habitat- und Artenschutz sowie spezielle Schutzgebietsbestimmungen (Nationalparkgesetz, Verordnungen der Naturschutzgebiete).
Da fehlerhafte naturschutzrechtliche Beurteilungen erhebliche Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Zulassung des geplanten Vorhabens haben können, ist eine frühzeitige Abstimmung mit der zuständigen Naturschutzbehörde sinnvoll.
Zu den naturschutzrechtlichen Bestimmungen im Einzelnen:
Eingriffsregelung: Die Errichtung oder wesentliche Umgestaltung von Deichen sowie andere Maßnahmen zum Hochwasserschutz und der Küstensicherung stellen i. d. R. Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG dar. Solche Eingriffe sind möglichst weitestgehend zu vermeiden und zu minimieren. Unvermeidliche Eingriffe sind durch Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen oder, sofern entsprechende Maßnahmen nicht verfügbar sind, eine Ersatzzahlung zu kompensieren.
Gesetzlicher Biotopschutz: Küstenschutzmaßnahmen können zur Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung gemäß § 30 BNatSchG in Verbindung mit § 21 LNatSchG gesetzlich geschützter Biotope (z.B. Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle) führen. Da solche Handlungen gemäß § 30 Abs. 2 BNatSchG verboten sind, bedürfen derartige Vorhaben in der Regel einer Befreiung der zuständigen Naturschutzbehörde.
Habitatschutz: Das schleswig-holsteinische Wattenmeer und große Teile der Küsten- und Uferbereiche der Nord- und Ostsee sowie der Elbe sind Bestandteil des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000, das aus den FFH-Gebieten (Flora-Fauna-Habitat) und den europäischen Vogelschutzgebieten besteht. Für Maßnahmen, die diese Gebiete erheblich beeinträchtigen können, ist eine sog. FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG in Verbindung mit § 25 LNatSchG durchzuführen. Bei einer erheblichen Beeinträchtigung dieser Gebiete kann das Vorhaben nur durchgeführt werden, wenn dies aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist, eine mit geringen Beeinträchtigungen verbundene Alternative nicht gegeben ist und sogenannte kohärenzsichernde Maßnahmen durchgeführt werden.
Artenschutz: Die artenschutzrechtlichen Vorgaben des BNatSchG sind auch bei Maßnahmen des Küstenschutzes zu beachten. Relevant sind in diesem Zusammenhang insbesondere die artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG (sogenannte Zugriffsverbote).
Schutzgebiete: In Schutzgebieten (z.B. Naturschutzgebieten, Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer) können zudem spezifische Schutzbestimmungen zu berücksichtigen sein. Diese sind in der jeweiligen Schutzgebietsverordnung und im Falle des Nationalparks im Nationalparkgesetz (NPG) festgesetzt.
Weitere Informationen zu den einzelnen Schutzgebieten finden Sie hier.