KIEL. Schleswig-Holsteins Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack hat heute (29. Juni 2023) gemeinsam mit dem Landespolizeidirektor Michael Wilksen und dem Leiter der kriminologischen Forschungsstelle im Landeskriminalamt, Dr. Lars Riesner, die wichtigsten Erkenntnisse zur Dunkelfeldstudie SKiD vorgestellt. Dabei wurden im Jahr 2020 insgesamt 23.500 Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner über 16 Jahren nach ihren persönlichen Erfahrungen und Meinungen zu den Themen Sicherheit und Kriminalität befragt.
Innenministerin Sütterlin-Waack sagte: "Mich freut es besonders, dass die Beteiligung an der Studie in Schleswig-Holstein bei 39,3 % lag und damit deutlich höher als im Bundesgebiet und in allen anderen Bundesländern war.
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SKiD bedeutet "Sicherheit und Kriminalität in Deutschland". Es handelt sich um eine Befragung zum Kriminalitätserleben. Dabei geht es beispielsweise um die Frage nach der Furcht vor Kriminalität, der Betroffenheit von Kriminalität, aber auch um die Frage nach dem Vertrauen in die Polizei.
"Die Antworten liefern wichtige Informationsquellen für die Bewertung der objektiven und subjektiven Sicherheitslage und somit auch Erkenntnisse für die Ausrichtung der polizeilichen Arbeit
", sagte die Ministerin.
Das Landeskriminalamt Schleswig-Holstein hatte bereits in den Jahren 2015, 2017 und 2019 wissenschaftlich fundierte und repräsentative eigene Viktimisierungsbefragungen durchgeführt. Auch damals wurde nach der Häufigkeit von Opfererfahrungen, Bedingungen des Anzeigeverhaltens und Folgen der Kriminalität gefragt. Die Ergebnisse dieser Befragungen wurden damals ebenfalls im Rahmen von Pressekonferenzen vorgestellt. Im Dezember 2017 wurde dann im Rahmen der Innenministerinnen- und Innenministerkonferenz beschlossen, eine regelmäßige bundesweite Viktimisierungsbefragung mit Beteiligungsoptionen für die Länder durchzuführen.
Das Landeskriminalamt Schleswig-Holstein hat sich entschieden, daran teilzuhaben und die bisherigen Forschungstätigkeiten in diesem Bereich fortan im Rahmen der Bund-Länder-Kooperation von SKiD fortzusetzen. Ein Vorteil dabei ist, dass damit direkte Vergleiche mit dem Bundesgebiet möglich sind.
Opfererfahrungen
Knapp 40 Prozent der schleswig-holsteinischen Bevölkerung wurden in 2020 mindestens einmalig Opfer einer Straftat. Etwa ein Drittel wurde Opfer eigentumsbezogener Kriminalität (Diebstahls- und Betrugsdelikte sowie Sachbeschädigung), etwa ein Achtel (13,1 %) wurde Opfer von Straftaten, die sich direkt gegen die eigene Person richteten (Raub-, Körperverletzungs- und Sexualdelikte sowie Droh- und Ehrdelikte).
Für diese personenbezogene Kriminalität sind in Schleswig-Holstein geringfügig höhere Prävalenzen zu verzeichnen als im Bundesgebiet (11,7 %). Für die eigentumsbezogene Kriminalität fallen die Werte etwas geringer aus als im Bundesgebiet (32,7 %). Die höhere Prävalenz für Schleswig-Holstein gegenüber dem Bundesgebiet lässt sich im Bereich der personenbezogenen Kriminalität zurückführen auf eine höhere Belastung bei den Droh- und Ehrdelikten im Internet sowie bei den Drohdelikten außerhalb des Internets und im Bereich der Körperverletzungen. Die Antworten der Bürgerinnen und Bürger lassen den Rückschluss zu, dass mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit einer Opferwerdung sinkt. Besonders stark ausgeprägt ist dieser Zusammenhang bei personenbezogenen Delikten. Hier werden junge Menschen im Alter zwischen 18 und 24 zehnmal eher Opfer (31,5 %), als die Gruppe der 75- bis 84-Jährigen (3,1 %).
Junge Menschen sind zudem auch besonders stark von Beleidigungen im Internet, Gewaltandrohung im Internet und außerhalb, Exhibitionismus und sexueller Belästigung betroffen. Das Geschlecht beeinflusst vor allem die Häufigkeit, im Bereich der eigentumsbezogenen Delikte Opfer einer Straftat zu werden. Diese fällt für Männer mit 34,1 % höher aus als für Frauen (29,8 %).
Im Bereich der personenbezogenen Kriminalität lassen sich kaum Unterschiede ausmachen, aber mit Blick auf einzelne Straftatbestände zeigen sich deutliche Unterschiede. So sind Frauen bei Sexualstraftaten deutlich überrepräsentiert, während Männer häufiger Gewaltandrohungen und Körperverletzungsdelikten ausgesetzt sind.
Anzeigeverhalten der Bürgerinnen und Bürger
In Schleswig-Holstein werden weniger als ein Drittel (29,6 %) aller Straftaten, bei denen es ein Opfer gibt, zur Anzeige gebracht. Hier besteht kein Unterschied zum Bundesgebiet.
Am häufigsten werden Eigentumsdelikte angezeigt, deutlich seltener dagegen Delikte im digitalen Raum, wie zum Beispiel Cyberangriffe gegen das Online-Banking (26,9 %), Missbrauch persönlicher Daten (24,4 %) oder der Online-Waren- und Dienstleistungsbetrug (23,1 %). Im Bereich der personenbezogenen Kriminalität werden am häufigsten Körperverletzungen zur Anzeige gebracht (zwischen 43,6 und 46,4 Prozent).
Die niedrigste Anzeigeneigung ist hingegen für Beleidigungen im Internet festzustellen. Hier wird nur etwa jedes dreißigste Delikt zur Anzeige gebracht (3,3 %).
Gewaltandrohungen werden in etwa einem Achtel der Fälle (Online: 12,9 %; Offline: 13,2 %) zur Anzeige gebracht. Schwere Sexualstraftaten wie Vergewaltigungen in etwa einem Viertel der Fälle (24,5 %).
Das Alter spielt beim Anzeigeverhalten eine bedeutsame Rolle. Während aus der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen heraus nur 15,1 Prozent der Straftaten der Polizei gemeldet werden, kommt dies im Altersbereich von 75 bis 84 Jahren anteilig dreimal so häufig vor (45,6 %). Das bedeutet, dass diejenigen, die am stärksten von Kriminalität betroffen sind, am seltensten Anzeige erstatten.
Sicherheitsgefühl der schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger
"Uns als Regierung interessiert aber nicht nur, wie es im Hinblick auf die Kriminalität an sich im Hell- und Dunkelfeld aussieht und wie häufig Straftaten zur Anzeige gebracht werden, sondern wir wollen auch, dass sich die Menschen in unserem Bundesland sicher fühlen und dem Rechtsstaat vertrauen. Daher ist es für uns so wichtig, sich auch mit dem Sicherheitsgefühl und der Furcht vor Kriminalität auseinanderzusetzen. Mich freut es wirklich sehr, dass sich 93,1 % der befragten Personen in ihrer alltäglichen privaten und öffentlichen Umgebung sicher in Bezug auf die Kriminalität in Schleswig-Holstein fühlen
", sagte die Ministerin.
Im Hinblick auf die Korrelation zwischen Sicherheitsgefühl und Geschlecht, sind deutliche Unterschiede feststellbar. Hinsichtlich der gefühlten Sicherheit bei der nächtlichen ÖPNV-Nutzung ohne Begleitung ergibt sich folgendes Bild: 63,0 % der Männer fühlen sich eher sicher oder sehr sicher. Bei den Frauen sind es nur 35,4 %. Frauen berichten ungefähr doppelt so oft wie Männer, dass sie häufig oder sehr oft bestimmte Straßen, Plätze oder Parks meiden, dass sie fremden Personen, denen Sie nachts begegnen nach Möglichkeit ausweichen und, dass sie es nachts vermeiden, den ÖPNV zu nutzen.
Dazu Sütterlin-Waack: "Gerade vor diesem Hintergrund halte ich unsere Ansätze, Waffenverbotszonen und Videoüberwachung in Zügen und an Bahnhöfen einzuführen und eine kostenfreie Nutzung des ÖPNV auch für zivile Polizeikräfte zu gewährleisten, für wichtig und richtig, um das Sicherheitsgefühl vor allem der Bürgerinnen zu steigern. Mich erfreut besonders, dass wir uns mit unseren Forderungen auch auf der letzten Innenministerkonferenz durchsetzen konnten und der Weg für die Erhöhung der Sicherheit in Zügen und auf Bahnhöfen nun bereitet ist.
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Meinungen über und Erfahrungen mit der Polizei
Die öffentliche Meinung über die Polizei ist im Einklang mit den bisherigen Erhebungen im Rahmen der landesweiten Viktimisierungsbefragungen in Schleswig-Holstein deutlich positiv geprägt.
Dazu der Landespolizeidirektor Michael Wilksen: "81,5 Prozent der Schleswig-Holsteiner und Schleswig-Holsteinerinnen sind der Auffassung, dass sich die Polizei in ihrem Handeln nicht von möglichen Vorurteilen gegenüber der Herkunft oder dem sozialen Status leiten lässt. Dabei schneiden wir in Schleswig-Holstein signifikant besser ab, als im Bundesgebiet mit 79,8 %. Damit wird deutlich, dass die Kolleginnen und Kollegen den am Grundgesetz orientierten Wertekompass verinnerlicht haben und ihr polizeiliches Handeln nachvollziehbar und transparent ist.
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Die Effektivität der Polizeiarbeit wird von 84,2 Prozent der schleswig-holsteinischen Bevölkerung eher positiv oder positiv gesehen. Unter dem Aspekt der Effektivität sind Bewertungen zur Qualität der Verbrechensbekämpfung und -verhinderung sowie zur Verfügbarkeit der Polizei zusammengefasst. Frauen (87,4 %) weisen einen signifikant höheren Anteil positiver Bewertungen auf als Männer (80,8 %). Der Anteil positiver Bewertungen steigt mit zunehmendem Alter an. Personen mit direktem Migrationshintergrund bewerten die Arbeit der Polizei als effektiver (89,0 %) im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund (83,6 %).
Knapp drei Viertel der schleswig-holsteinischen Bevölkerung (74,1 %) bewerten die Informationsarbeit der Landespolizei als eher positiv oder positiv.
Während vier von fünf Personen (81,1 %) mit der Aufklärungsarbeit der Polizei im Bereich des Straßenverkehrs zufrieden sind, trifft dies nur auf zwei Bevölkerungsdrittel (66,4 %) bei der Bewertung der Aufklärungsarbeit über die Kriminalitäts- und Sicherheitslage zu.
Diejenigen Befragten, welche in den zurückliegenden 12 Monaten mindestens einen Kontakt zur Polizei erlebt haben, wurden gebeten, den letzten dieser Kontakte mit Blick auf ihre Gesamtzufriedenheit sowie hinsichtlich 12 verschiedener Einzelaspekte zu bewerten. Insgesamt zeigten sich in Schleswig-Holstein 82,4 Prozent der auf diese Weise Befragten mit ihrem letzten Polizeikontakt als eher zufrieden bis sehr zufrieden. Dieser Anteil ist nahezu identisch mit dem Wert für das Bundesgebiet. Die meisten Befragten berichteten, dass die Polizei sich verständlich ausdrückte (94,5 %), fachlich kompetent war (89,9 %), sich ausreichend Zeit genommen hat (88,3 %) und hilfsbereit war (87,6 %).
Der Anteil der Personen, die der Polizei attestieren, dass diese sich ausreichend Zeit für sie genommen habe, liegt in Schleswig-Holstein signifikant höher als im Bundesgebiet (85,9 %).
Der vollständige Kernbefundbericht sowie die Ergebnispräsentation der Pressekonferenz sind am Donnerstag, den 29. Juni 2023 ab 11:00 Uhr unter folgendem Link erhältlich:
Zur Kriminologischen Forschungsstelle beim Landeskriminalamt
Das Projekt SICHERHEIT UND KRIMINALITÄT IN DEUTSCHLAND 2020 wird aus Mitteln des Fonds für die Innere Sicherheit durch die Europäische Union kofinanziert
Verantwortlich für diesen Pressetext: Tim Radtke / Jana Reuter / Dörte Mattschull | Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport | Düsternbrooker Weg 92, 24105 Kiel Telefon 0431 988-3007 / -3337 | E-Mail: pressestelle@im.landsh.de | Das Ministerium finden Sie im Internet unter www.schleswig-holstein.de/innenministerium.