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Ministerium für Justiz und Gesundheit : Thema: Ministerien & Behörden

Prof. Dr. Kerstin von der Decken

Ministerin für Justiz und Gesundheit

Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz von der Decken im Bundesrat: Länder einig, dass Krankenhausreform praxistauglich gestalten werden muss!



Letzte Aktualisierung: 05.07.2024

BERLIN. Die Bundesländer haben heute (05.07.) mit einem Bundesratsbeschluss umfangreiche Änderungen zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) des Bundes gefordert. Die Forderungen zur Anpassung der Krankenhausreform basieren größtenteils auf der bereits gegenüber der Bundesregierung eingebrachten gemeinsamen Stellungnahme aller Länder, die von der Bundesregierung jedoch nicht beachtet wurde. Der Beschluss des Bundesrates wird nun den Abgeordneten des Bundestages zugeleitet, die über das KHVVG in den entsprechenden Ausschüssen beraten werden.

Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) Kerstin von der Decken betont anlässlich der Bundesratssitzung:  „Deutschland braucht eine Krankenhausreform – genauer: eine Reform der Krankenhausfinanzierung (Bundeszuständigkeit) und eine Reform der Krankenhausstrukturen (Länderzuständigkeit). Nur mit einer gelungenen Doppel-Reform werden wir die demographischen wie finanziellen Herausforderungen meistern. Darüber besteht zwischen allen Beteiligten Einigkeit. 

Umso unverständlicher ist es, dass das Bundesgesundheitsministerium keinen gemeinsam erarbeiteten Gesetzesentwurf in das parlamentarische Verfahren eingebracht hat. Dabei war genau das vereinbart: Auf der Basis gemeinsam erarbeiteter Eckpunkte sollte ein zustimmungsbedürftiger Gesetzesentwurf formuliert werden. Stattdessen liegt ein als Einspruchsgesetz deklarierter Gesetzesentwurf vor, der auf massiven Widerstand aller 16 Länder stößt. Wie kann das sein?

Wir haben insgesamt 13 Bund-Länder-Treffen auf Ministerebene gehabt. Es wurden ein Eckpunktepapier verabschiedet und im Anschluss eine redaktionelle Arbeitsgruppe von Bund und Ländern eingesetzt. Der Bund aber verließ den gemeinsamen Weg: Die Arbeit der redaktionellen Arbeitsgruppe wurde einseitig beendet, Übersendungen von Arbeitsentwürfen verzögert oder unterlassen. Immer wieder haben sich die Länder konstruktiv eingebracht: auf den Bund-Länder-Treffen, in GMK-Beschlüssen und -Schreiben, in formellen Papieren (Sieben-Punkte-Papier, Elf-Punkte-Papier). Berücksichtigt wurden unsere Forderungen in weiten Teilen nicht – trotz anderslautender Zusagen.

Stattdessen verkündete der Bundesgesundheitsminister im Januar 2024, dass das Gesetz angeblich zustimmungsfrei sei. Und die gemeinsame Stellungnahme aller 16 Länder zum Referentenentwurf – verfasst innerhalb der sehr kurzen Frist von zwei Wochen und fristgerecht am 30. April 2024 eingereicht – blieb unberücksichtigt.

Unsere Forderungen sind bekannt. Lassen Sie mich einige nennen:

- eine Überbrückungsfinanzierung bis zum Wirken der Reform. Wer die Krankenhäuser vor der Insolvenz „retten“ will, muss jetzt handeln. Der Bund ist gemäß Grundgesetz für die „wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser“ zuständig. Die vorgesehenen finanziellen Zusagen reichen nicht aus und kommen zu spät.

- eine echte, d.h. fallzahlenunabhängige Vorhaltevergütung. Die vorgesehene Vorhaltevergütung ist mittelbar fallzahlenabhängig. Sie bietet den Krankenhäusern gerade nicht die für die Sicherung der Grund- und Notfallversorgung benötigte finanzielle Stabilität.

- eine praxisnahe und auskömmlich finanzierte Regelung für die sektorenübergreifenden Versorger. Der Entwurf ist zu unkonkret und bedroht darüber hinaus bestehende, erfolgreiche ambulant-stationäre Einrichtungen.

- eine praxisgerechte Definition der Fachkliniken. Diese kommen bislang überhaupt nicht vor. Und sie müssen alle – neben ihren speziellen – die Leistungsgruppen Innere, Chirurgie und intensiv vorhalten. Die Schließung zahlreicher Fachkliniken wäre die Folge.

Bürokratieabbau statt Bürokratieaufbau. Der Entwurf besteht zu 1/3 aus Prüf- und Meldepflichten.

Gestaltungsfreiheit für die Krankenhausplanung der Länder. Ohne solche gesetzlichen Möglichkeiten wird das KHVVG zur Zerschlagung bestehender, passgenauer Strukturen vor allem im ländlichen Raum und damit zu Versorgungslücken führen. Bedarfsnotwendige Kliniken auf dem Land rettet man nicht nur durch Sicherstellungszuschläge, sondern vor allem durch dauerhafte Kooperationsmöglichkeiten und Netzwerke. Die Länder unterscheiden sich gewaltig. Die Idee „One size fits all“ ist für die Krankenhausplanung der falsche Ansatz.

Und: eine Auswirkungsanalyse. Die Verabschiedung einer so weitreichenden Reform ohne eine vorherige Prüfung ihrer Folgen wäre verantwortungslos. Wozu überhastet gemachte Gesetze führen, erleben wir gerade anschaulich beim Krankenhaustransparenzgesetz. 

Meine Damen und Herren, die Krankenhausreform darf nicht durch ein inhaltlich unzureichendes, handwerklich schlecht gemachtes, überstürztes und verfassungswidriges Gesetz geregelt werden. Ich appelliere an die Bundestagsfraktionen, den Entwurf grundlegend zu ändern. Nehmen Sie die Warnungen der Länder und der gesamten deutschen Fachwelt ernst!“

Fragen und Antworten

Wollen die Länder eine Krankenhausreform? Ja, die Länder setzen sich seit eineinhalb Jahren intensiv für eine gute und gelingende Krankenhausreform ein.

Verzögern die Länder eine Krankenhausreform? Nein, die Länder haben sich entsprechend der Vereinbarungen mit dem Bund an den gemeinsamen Fahrplan zu Reform gehalten. Der Bund hat diesen gemeinsamen Pfad jedoch Mitte 2023 verlassen und den jetzigen Gesetzentwurf entgegen der getroffenen Verabredung ohne die Länder verfasst. Auch die die geeinte Stellungnahme aller 16 Länder zum Referentenentwurf hat er nicht berücksichtigt. Inhaltlich hat sich der Bund von den vereinbarten Eckpunkten entfernt und Vereinbarungen mit den Ländern nicht eingehalten. Diese Vereinbarungen sind weiterhin öffentlich einsehbar: Krankenhausreform | BMG (bundesgesundheitsministerium.de). Zu den nicht eingehaltenen Vereinbarungen gehören beispielsweise die Zusage, den Gesetzesentwurf gemeinsam zu erarbeiten und ein zustimmungspflichtiges Gesetz zu erlassen (05.01.23), die Zusage zu einer Auswirkungsanalyse vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens (23.3.23 und 10.07.23), die Beteiligung des Bundes an einem Transformationsfonds zur Umsetzung der Krankenhausreform (Eckpunkte 10.07.) oder die Zusage, zentrale Kritikpunkte der Länder in einem neuen Arbeitsentwurf aufzugreifen (23.11.).

Welche Möglichkeiten für Verbesserungen des Gesetzentwurfes bestehen jetzt? Die Bundestagsfraktionen haben die Möglichkeit, im parlamentarischen Verfahren fachliche Forderungen aufzugreifen und mit Hilfe von Änderungsanträgen den Gesetzentwurf entsprechend zu verändern.

Wie beteiligen sich die Länder an diesem Verfahren? Die Länder haben am 5.7. im Bundesrat eine umfangreiche Stellungnahme mit konkreten Verbesserungsvorschlägen inkl. Begründungen beschlossen. Die Länder- und parteiübergreifende Stellungnahme basiert im Kern auf der Stellungnahme der Länder, die bereits in der Länderanhörung zum Referentenentwurf gegenüber der Bundesregierung fristgerecht eingereicht aber nicht berücksichtigt wurde.

Was sind die Hauptforderungen der Länder?

  • eine Überbrückungsfinanzierung für die Krankenhäuser bis zum Wirken der Reform
  • eine echte, d.h. fallzahlenunabhängige Vorhaltevergütung für die Krankenhäuser
  • Gestaltungsspielräume für die Krankenhausplanung der Länder, also die Möglichkeit von Kooperationen und Netzwerken, vor allem zu Sicherstellung der Versorgung im ländlichen Raum
  • keine Mindestvorhaltezahlen (zusätzlich zu den Mindestmengen des GBA)
  • Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben nicht nur durch Universitätsklinika, sondern auch durch andere große Krankenhäuser
  • eine Aufnahme und praxistaugliche Definition der Fachkliniken
  • eine praxisnahe und auskömmlich finanzierte Regelung von sektorenübergreifenden, d.h. ambulant-stationären Versorgern
  • Bürokratieabbau statt Bürokratieaufbau
  • eine Beteiligung des Bundes am Transformationsfonds zur Umsetzung der Krankenhausreform
  • eine Auswirkungsanalyse vor Verabschiedung des KHVVG
  • eine Zustimmungspflichtigkeit des KHVVG

Warum kritisieren die Länder die Vorhaltevergütung? Die Länder fordern seit Jahren eine Vorhaltevergütung – allerdings eine echte, d.h. fallzahlenunabhängige. Entgegen der kommunizierten Informationen des Bundes besteht im aktuellen Gesetzentwurf jedoch weiterhin eine mittelbare Abhängigkeit der – so genannten – Vorhaltevergütung von den erbrachten Fallzahlen einer Klinik (mittelbar, da ein Bezug zu den Fallzahlen in den Vorjahren besteht). Damit erzielt die derzeit im Gesetzesentwurf vorgesehene Regelung gerade nicht die gemeinsam verabredeten Ziele zwischen Bund und Ländern. Die vorgesehene Vorhaltevergütung führt nicht zu einer Entökonomisierung. Stand jetzt würden potentielle Fehlanreize bestehen bleiben, sogar neue geschaffen werden, und auch gerade die Grund- und Notfallversorgung in der Fläche weiterhin nicht gesichert sein.

Warum sorgen sich die Länder um bedarfsnotwendige Krankenhäuser auf dem Land? Der Gesetzesentwurf führt nicht dazu, dass kleine bedarfsnotwendige Krankenhäuser auf dem Land erhalten bleiben. Im Gegenteil: Zwar enthält der Entwurf weitere Sicherstellungszuschläge, die diesen Krankenhäusern zugutekommen. Um aber überhaupt arbeiten zu dürfen, müssen die Strukturvoraussetzungen so ausgestaltet sein, dass sie auch von kleinen bedarfsnotwendigen Krankenhäusern auf dem Land erfüllt werden können. Das gelingt nur, wenn sie mit anderen Krankenhäusern kooperieren und in Netzwerke eingebunden werden können. Solche Kooperationen sollen aber nach dem Gesetzesentwurf grundsätzlich nicht möglich sein.

Was passiert, wenn keine Forderungen der Länder im Gesetzgebungsverfahren des Bundestags aufgenommen werden sollten? Davon ist nicht auszugehen, da sowohl Fraktionen als auch der Bundesgesundheitsminister signalisiert haben, sich im parlamentarischen Verfahren mit die Forderungen der Länder auseinander setzen zu wollen. Sollten wider Erwarten keine oder nicht ausreichende Anpassungen erfolgen, werden die Länder beraten, inwieweit Verbesserungen durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses im Bundesrat erreicht werden können.

Käme die Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht einer Blockade gleich? Nein. Der Vermittlungsausschuss ist ein im Grundgesetz vorgesehenes Gremium, um eine Einigung zu erzielen, wenn Bund und Länder unterschiedliche Ansichten in Bezug auf ein Gesetz haben.

Drohen Verzögerungen im Reformprozess, die zur Insolvenz von Krankenhäusern führen könnten? Dass die Bundesregierung die Stellungnahme aller Länder bisher nicht berücksichtigt hatte, könnte das Verfahren verlängern – dies hängt aber vom Bundestag und Bundesregierung ab. Die Länder bringen die notwendigen Forderungen erneut fristgerecht über den Bundesrat ein. Krankenhäuser gehen jedoch derzeit nicht insolvent wegen Verzögerungen der Reform. Krankenhäuser gehen derzeit insolvent aufgrund einer unzureichenden Betriebskostenfinanzierung, für die der Bund zuständig ist.

„Rettet“ die Krankenhausreform die Krankenhäuser vor der Insolvenz? Die Krankenhausreform wird erst in zwei bis drei Jahren wirken. Wer bis dahin die Krankenhäuser „retten“ will, muss jetzt dafür sorgen, dass sie auskömmlich finanziert sind. Das kann nur der Bund, der für die „wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser“ (Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a Grundgesetz) zuständig ist. Der Bund muss daher eine Übergangsfinanzierung schaffen. Die Länder haben vor mehreren Monaten in einer Bundesratsinitiative fünf Maßnahmen genannt, die eine solche Übergangsfinanzierung ermöglichen würden. Der Bund könnte ohne Weiteres ein zusätzliches Gesetz erlassen oder den Gesetzesentwurf entsprechend ändern. Die bislang im Gesetzesentwurf vorgesehenen finanziellen Zusagen an die Krankenhäuser reichen nicht aus und kommen zu spät.

Können die Länder die Insolvenzen der Krankenhäuser durch Investitionen aufhalten? Nein. Eine Insolvenz ist in der Regel damit begründet, dass die laufenden Ausgaben die Einnahmen dauerhaft übersteigen. Die Gründe, warum Krankenhäuser Insolvenz anmelden, liegen vor allem in erhöhten Betriebsausgaben beispielsweise aufgrund von Tarifsteigerungen, der Steigerung von Energiekosten oder der Inflation insgesamt. Für die Regulierung der Krankenhausvergütung, bzw. die „wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser“ ist der Bund verantwortlich (Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a Grundgesetz). Er muss dafür sorgen, dass die Betriebskosten der Krankenhäuser entsprechend finanziert werden. Die Länder haben keine Kompetenzen, um die derzeitige, nicht ausreichende Betriebskostenfinanzierung zu ändern. Die Länder sind für die Investitionen in den Bau und in die Grundausstattung der Kliniken zuständig. Es ist richtig, dass auch dort großer Bedarf besteht. Dieser macht im Verhältnis zu den Betriebseinnahmen rechnerisch jedoch nur einen geringen Anteil an den Krankenhauskosten insgesamt aus und sind nicht ausschlaggebend für Insolvenzen.

Informationen zu den Positionen der Länder finden Sie unter Presse - Gesundheitsministerkonferenz (GMK) (gmkonline.de)

Verantwortlich für diesen Pressetext: Oliver Breuer / Christian Kohl | Ministerium für Justiz und Gesundheit | Lorentzendamm 35, 24103 Kiel | Telefon 0431  988-2654 | E-Mail: pressestelle@jumi.landsh.de | Medien-Informationen der Landesregierung finden Sie aktuell und archiviert im Internet unter www.schleswig-holstein.de | Das Ministerium finden Sie im Internet unter www.schleswig-holstein.de/mjg

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