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Ministerium für Justiz und Gesundheit : Thema: Ministerien & Behörden

Prof. Dr. Kerstin von der Decken

Ministerin für Justiz und Gesundheit

Landtag: Gerichtsstrukturreform

Rede anlässlich der Landtagssitzung am 27. September 2024 zu TOP 37 B

Letzte Aktualisierung: 27.09.2024

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

die Landesregierung hat im Zuge der Haushaltskonsolidierung beschlossen, mich als Justizministerin zu bitten, eine Fachgerichtsstrukturreform durchzuführen und die Amtsgerichtsstruktur zu prüfen. Dieser Beschluss hat in der Justiz, der Anwaltschaft und bei Rechtssuchenden große Sorgen, Befürchtungen und Kritik ausgelöst. Mir ist bewusst, wie viel wir der Justiz zumuten, und ich nehme diese Sorgen sehr ernst. Die Alternativen aber – pauschale Stellenkürzungen – wären nicht nur härter, sondern falsch gewesen. Und wir werden Lösungen finden.

Die Bedeutung der Justiz ist der Landesregierung sehr klar. In einer idealen Welt würde man bei der Justiz nicht sparen. Wir leben allerdings nicht in einer idealen Welt. Wir befinden uns in einer äußerst schwierigen Haushaltslage. Alle Ressorts – auch die Justiz – müssen Einsparungen erbringen.

Wie aber soll man bei der Justiz sparen? Der Haushalt des Justizministeriums umfasst – vereinfacht gesagt – nur Menschen und Gebäude.Als Landesregierung haben wir entschieden, nicht beim Personal zu kürzen. Und das ist richtig!

Wir tun sogar mehr: Wir stärken das Personal und schaffen 25 neue Planstellen. Sie werden bei der derzeit am stärksten belasteten Staatsanwaltschaft angesiedelt.

Statt bei Personal sparen wir bei Gebäuden. Und das macht auch Sinn: Bei den Gerichtsgebäuden besteht ein erheblicher Sanierungsstau, den wir nicht finanzieren können. Und einige Gerichte sind sehr klein – teilweise nur 11-12 Mitarbeitende. Sie sind nicht nur teuer. Wir haben zum Teil auch Schwierigkeiten, sie personell aufrecht zu erhalten.

Die Zusammenlegung von Gerichtsstandorten – nicht willkürlich, sondern strukturell und fachlich angemessen – ist die richtige Entscheidung!

Die Landesregierung hat daher beschlossen, das Modell der Verwaltungsgerichtsbarkeit (ein Gericht 1. Instanz und ein Gericht 2. Instanz für ganz Schleswig-Holstein an einem Standort) auf die Arbeits- und die Sozialgerichtsbarkeit zu übertragen. Örtlich werden beide Gerichtsbarkeiten an einem zentralen, noch festzulegenden Standort konzentriert, der verkehrstechnisch gut erreichbar ist. Es soll ein Gebäude angemietet werden und damit ein neues Fachgerichtszentrum entstehen.

Das Gebäude soll so groß sein, dass es auch das geplante Justizzentrum mit mindestens einem großen Verhandlungssaal, insbesondere für große Strafverfahren aufnimmt. Das Finanzgericht soll nach Schleswig in die Räume des Sozialgerichts ziehen.

Ich betone dabei noch einmal: Mir ist bewusst, dass wir mit der Fachgerichtsstrukturreform der Justiz viel zumuten.

Der Wechsel des Dienstortes ist für viele Betroffene mit erheblichem Aufwand verbunden und stellt einen Einschnitt auch in das private Leben dar. Wir werden allerdings gemeinsam nach guten Lösungen suchen und diese auch finden. Eines ist bereits klar: Die neuen Arbeitsformen (Homeoffice, Desksharing, Buchung von Arbeitsräumen in anderen Gerichten) werden es für viele nicht mehr nötig machen, jeden Tag ins Gericht zu fahren.

Auch die Rechtssuchenden werden nicht alle in das neue Fachgerichtszentrum fahren müssen. Es wird Gerichtstage an anderen Standorten geben. Und Videoverhandlungen werden immer weiter ausgebaut.

Die Entscheidung über die Fachgerichtsstrukturreform war eine Haushaltsentscheidung. Die mit der Reform einhergehenden Einsparungen belaufen sich bis 2040 – nach Abzug der erforderlichen Investitionen – auf rund 63 Millionen Euro, nach derzeitiger Prognose. Haushaltsentscheidungen werden vom Kabinett eigenständig und vertraulich gefasst. Und die Konzentration durch eine Fachgerichtsstrukturreform war alternativlos. Daher gab es keine vorherige Anhörung oder Beteiligung. Natürlich aber haben wir unmittelbar vor dem Kabinettsbeschluss mit den betroffenen Präsidentinnen und Präsidenten, Gremien und Schwerbehinderten- sowie Gleichstellungsbeauftragten in vertraulicher Runde gesprochen und sie informiert. Nun beginnt das angekündigte Anhörungsverfahren. Es wird sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen.

In den nächsten Tagen werde ich mit den betroffenen Mitarbeitenden und den beteiligten Verbänden in einen intensiven Austausch gehen. Mir ist es wichtig, alle umfassend über die anstehenden Veränderungen zu informieren, sie zu hören, ihre Anregungen entgegen zu nehmen und ihre Fragen zu beantworten.

Neben der Fachgerichtsstrukturform hat die Landesregierung beschlossen, in den nächsten Jahren auch die Struktur der Amtsgerichte in den Blick zu nehmen. Der zugrunde liegende Grundgedanke – Grundgedanke, nicht Pflicht! – lautet: ein Amtsgericht pro Kreis. Es soll geprüft werden, ob und in welchem Umfang durch die Zusammenlegung von Amtsgerichten Effizienz- und Wirtschaftlichkeitsvorteile erzielt werden können. Das Ergebnis ist offen.

Wir werden daher gemeinsam mit der Justiz einen Prozess auf den Weg bringen, um bis Ende 2025 ein Konzept zu erarbeiten.

Meine Damen und Herren: Die Landesregierung hat angesichts einer schwierigen Haushaltslage verantwortungsvoll gehandelt. Die Justiz wird durch Stellenzuwachs gestärkt. Wir schaffen ein Justizzentrum für große Strafverfahren. Gespart wird nicht bei Menschen, sondern bei Gebäuden. Die Einsparung bei Gebäuden erfolgt nicht willkürlich, sondern durch Strukturreformen.

Wir verschlanken damit die Justiz strukturell und stellen sie – auch und gerade in diesen herausfordernden Zeiten – zukunftsfähig auf.

Vielen Dank!

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