Theodor Steltzer wurde als Widerstandskämpfer gegen Hitler zum Tode verurteilt. Doch am 25. April 1945 kam er überraschend aus dem Gefängnis frei – die Geschichte dahinter handelt von einer engen Freundschaft und einem Wettlauf gegen die Zeit.
Theodor Steltzer war nicht nur Schleswig-Holsteins erster Ministerpräsident, sondern leistete auch unermüdlichen Widerstand gegen die NS-Diktatur. Schon in der Weimarer Republik gab er sich offen als Gegner der Nationalsozialisten zu erkennen wurde später Mitglied der Widerstandsgruppe "Kreisauer Kreis" um Helmuth James Graf von Moltke.
Nach dem gescheiterten Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 wurde Steltzer von der Gestapo verhaftet und zum Tode verurteilt. Als sein Schicksal besiegelt schien, gelang es seinen Freunden vor genau 80 Jahren durch unermüdlichen Einsatz, ihn vor der Hinrichtung zu bewahren. Zum Jahrestag seiner Freilassung erzählen wir seine Geschichte.
Theodor Steltzer wurde 1885 in Trittau geboren. Nach dem Abitur studierte er Staats- und Wirtschaftswissenschaften und trat in die preußische Armee ein. Im Ersten Weltkrieg wurde Steltzer schwer verwundet und schied aus dem aktiven Militärdienst aus und wurde Landrat des Kreises Rendsburg. Sein offener Widerstand gegen die Nationalsozialisten in der Weimarer Republik führte nach der Machtübernahme zu seiner Entlassung aus dem Amt. Kurz darauf klagen ihn die neuen Machthaber wegen Hochverrats. Sein Verbrechen: Er hatte in einer Denkschrift für die österreichische Regierung die Politik des NS-Regimes offen kritisiert. Nach einigen Monaten in Haft wird Steltzer jedoch freigesprochen.
Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde Steltzer zur Wehrmacht einberufen: Als Transportoffizier beim Wehrmachtbefehlshaber wurde er in der norwegischen Hauptstadt Oslo eingesetzt. Seine enge Verbundenheit mit den Menschen vor Ort und seine eigenen Wertvorstellungen brachten Steltzer schnell in Kontakt mit dem norwegischen Widerstand, der Hjemmefront. Diesen unterstützte er immer wieder mit Informationen aus der Wehrmacht. Damals wusste er noch nicht, dass ihm die Kontakte und die Freundschaft zu Norwegen einmal das Leben retten würden.
Über Otto Heinrich von der Gablentz lernte er Helmuth James Graf von Moltke kennen, einen der führenden Köpfe des Widerstandsnetzwerks "Kreisauer Kreis". Dessen Mitglieder, einig in ihrer Ablehnung des Nationalsozialismus und dem Streben nach einer demokratischen Neuordnung Deutschlands, trafen sich regelmäßig auf dem niederschlesischen Gut Kreisau, aber auch in Berlin und München. Der Kreis wurde so zu einem Zentrum des zivilen Widerstands.
Doch nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 gerieten die Mitglieder des "Kreisauer Kreises" ins Visier der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Obwohl Theodor Steltzer weder an der Planung noch an der Durchführung des Attentats beteiligt war, reichte seine Mitgliedschaft in der Widerstandsgruppe aus, um ihn zu verhaften. Am 17. Januar 1945 wurde er vor dem sogenannten "Volksgerichtshof" zum Tode verurteilt.
Tiefe Freundschaft
Nur wenige Tage später erfuhr der Norweger Arvid Brodersen vom Todesurteil. Er war ein enger Freund Steltzers, den dieser durch seine Verbindung zum norwegischen Widerstand kennengelernt hatte. Für ihn stand fest: Er musste alles daran setzen, Steltzer vor der für Anfang Februar 1945 geplanten Hinrichtung zu retten.
Durch Kontakte kam Brodersen mit Felix Kersten in Verbindung, einem finnischen Arzt, der als Leibarzt von Heinrich Himmler, dem Reichsführer der SS, bekannt war. Trotz seiner Nähe zu Himmler verfolgte Kersten allerdings eigene politische Interessen: Er wollte militärische und politische Informationen an die finnische Botschaft in Berlin weitergeben. Durch seine enge Beziehung zu Himmler konnte er Einfluss auf den Reichsführer nehmen und sich in wichtigen Fragen Gehör verschaffen.
Felix Kersten hatte in der Vergangenheit bereits mehrere Staatsbürger vor dem Todesurteil gerettet. Und so hoffte Brodersen, dass auch Steltzer eine Chance auf Rettung haben würde. Daher wandte er sich an den Bischof von Stockholm, Dr. Manfred Björvist, der Kersten bitten sollte, sich für Steltzers Leben einzusetzen. Björvist, der Steltzer persönlich kannte, unterstützte diese Bitte und setzte alles daran, Kersten zu überzeugen.
Kersten willigte ein und schickte seine Sekretärin mit einem Brief, datiert auf den 31. Januar 1945 aus Stockholm in Richtung Berlin. Die Hinrichtung war für den 5. Februar angesetzt – gerade noch rechtzeitig erreichte Kerstens Sekretärin nach einer Autopanne am frühen Morgen des 4. Februar Himmlers Hauptquartier. Erst am Abend des Tages schrieb Himmler daraufhin eine Nachricht, in der er die Aussetzung der Hinrichtung anordnete. Eine Stunde vor der geplanten Hinrichtung erreichte sie den Gefängnisdirektor in Moabit.
Die Zeit nach der Haft
Steltzer selbst erfuhr die Gründe für den Aufschub seiner Hinrichtung nicht. Schließlich wurde er aber am 25. April aus dem Moabiter Gefängnis entlassen. Nach Kriegsende wurde er zu einem Mitbegründer der CDU und schließlich erster Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Nach seinem Rückzug aus der Politik 1947 wurde er Präsident der UNESCO-Kommission. Theodor Steltzer verstarb am 27. Oktober 1976 in München.
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