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Der Ministerpräsident - Staatskanzlei : Thema: Ministerien & Behörden

Daniel Günther

Ministerpräsident

Regierungserklärung von Ministerpräsident Daniel Günther im Schleswig-Holsteinischen Landtag am 26. März 2025

"Chancen nutzen – Impulse setzen"

Regierungserklärung zu den Auswirkungen der Reform der Schuldenbremse auf Schleswig-Holstein.

Letzte Aktualisierung: 26.03.2025

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,

vor genau einem Monat hat der Landtag des dritten Jahrestages des Überfalls Russlands auf die Ukraine gedacht.

Von Dr. Claudia Major, der Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, haben wir dabei in einer sehr eindrücklichen Rede gehört, dass es eine Deadline gibt für Europas Verteidigungsfähigkeit: 2029.

Bis dahin haben wir Zeit, so aufzurüsten, dass wir "siegfähig" sind, wie Claudia Major uns drastisch vor Augen geführt hat. In Europa und in Deutschland.
Damit unsere Bundeswehr gemeinsam mit unseren europäischen Verbündeten einen Verteidigungskrieg erfolgreich führen könnte.

Dazu brauche es einen Dreischritt aus Abschreckung, Verteidigung und Resilienz. Das ist die Realität, der wir ins Auge blicken müssen. Und wir müssen ganz selbstkritisch sagen: Dieser Realität hätten wir uns schon längst stellen müssen.

Frieden ist keine Selbstverständlichkeit

Wir leben seit über sieben Jahrzehnten in Deutschland und Europa weitestgehend in Frieden. Aber wir wissen seit dem 24. Februar 2022, dass es schon lange kein echter Frieden mehr war. Wir haben zu lange die Augen verschlossen, denn die Zeichen waren da. Spätestens seit der russischen Annektion der Krim 2014.

Zur Wahrheit gehört leider, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist. So zu tun und weiter die Augen zu verschließen, ist schlicht nicht mehr möglich. Gerade in Schleswig-Holstein wissen wir das. Wir erleben hier ganz konkret die Auswirkungen der hybriden Kriegsführung – wir sehen sie jeden Tag auf der Ostsee.

Und wir haben aufgrund der geographischen Lage als Drehscheibe zwischen Nord- und Ostsee eine besondere Verantwortung für Deutschland und für unsere Verbündeten.

Wir sind darüber hinaus seit zwei Monaten damit konfrontiert, dass die US-Regierung einen unberechenbaren und gefährlichen Kurs fährt: Die Amtseinführung von Donald Trump am 20. Januar 2025 war eine Sicherheitswende für Europa und die ganze Welt.

Wir müssen als Europäer mehr Verantwortung für unsere Sicherheit übernehmen. Die EU wird sich von einer Wirtschafts- und Wertegemeinschaft nun auch zu einer Verteidigungsgemeinschaft weiter entwickeln müssen.

Die Bundesregierung wird in den kommenden Jahren damit vor der Herausforderung stehen, die Fähigkeiten der Landes- und Bündnisverteidigung deutlich zu stärken und ihrer Mitverantwortung für Sicherheit in Europa nachzukommen.

Darum haben Bundestag und Bundesrat mit unserer Zustimmung in historischen Sitzungen entschieden, die dafür notwendigen Mittel bereitzustellen. Die Änderung des Grundgesetzes ist dafür die Grundlage. Und sie ist richtig.

Impulse setzten

Das Paket, das auf Grundlage unter anderem des fachlichen Inputs des Kieler Instituts für Weltwirtschaft entstanden ist, bringt vieles in Bewegung.

Auch für unsere Resilienz duldet die Modernisierung unseres Landes keinen Aufschub. Doch neben der Resilienz-Stärkung geht es auch darum, Kräfte in der Wirtschaft freizusetzen.

Wir alle wissen: Deutschland hat in den vergangenen Jahren an Wirtschaftskraft verlorenund in vielen Bereichen auch den Anschluss.

Derzeit hören wir fast täglich von massivem Stellenabbau in deutschen Schlüsselindustrien. Dem müssen wir etwas entgegensetzen, wenn wir den Wohlstand unseres Landes erhalten und die weltweit drittgrößte Volkswirtschaft bleiben wollen.

Bund, Länder und Kommunen müssen die jetzt geschaffenen ökonomischen Chancen nutzen und Impulse für Wachstum und Beschäftigung setzen.

Darauf kommt es entscheidend an, denn die zusätzlichen Schulden belasten unsere Haushalte in der Zukunft mit Zinsausgaben. Wir brauchen Wirtschaftswachstum, um diese enorme zusätzliche Zinslast finanzieren zu können.

Deshalb ist es so wichtig, dass mit den zusätzlichen Investitionen Wachstumsimpulse ausgelöst werden.

Dank des Sondervermögens werden wir Impulse setzen können bei unserer Verkehrsinfrastruktur, bei Investitionen in die Energieinfrastruktur, Krankenhäuser in die Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur, in Forschung und Entwicklung sowie Digitalisierung und in den Klimaschutz.

Dass dies möglich geworden ist, hat mit der konstruktiven Position der Grünen zu tun. In dieser schwierigen Situation haben sie Verantwortung übernommen und haben wichtige Punkte in die Verhandlungen eingebracht.

Wie etwa ihr Anliegen, den Sicherheitsbegriff breiter zu definieren. Und darunter auch Cybersicherheit, Nachrichtendienste oder die Unterstützung für angegriffene Staaten zu fassen.

Mehr Unabhängigkeit

Die EU muss insgesamt unabhängiger und selbstständiger werden. Das gilt auch mit Blick auf die weltwirtschaftlichen Entwicklungen. Wer im Welthandel weiter mitspielen möchte, muss den Partnern auf Augenhöhe begegnen können. Dafür muss die EU Lieferketten und Schlüssel-Industrien sichern.

Ein Beispiel dafür ist der Aufbau einer souveränen Batteriezellen-Fertigung. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, dass im Sondierungspapier von Union und SPD die Unterstützung für den Aufbau einer deutschen Batteriezellen-Fertigung angekündigt und sie damit als strategische Industrie herausgestellt wird.

Auch mit der neuen Bundesregierung werden wir die gute Zusammenarbeit in dieser Frage fortsetzen und auf dem aufbauen, was Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner gemeinsam angestoßen und ermöglicht haben.

Ohne die Zustimmung des Bundesfinanzministers hätte es das Gesamtfinanzierungspaket und damit die Chance auf eine Batteriezell-Fabrik in Schleswig-Holstein nicht gegeben. In diesem Sinne und im Sinne der Beschlüsse des Landtages werden wir als Landesregierung weiter mit aller Kraft dafür arbeiten, dass der Bau der Batteriezell-Fabrik realisiert wird.

Das ist genau ein solcher Impuls, den wir jetzt brauchen für die deutsche Wirtschaft. Er hinterlegt die Chancen, die wir für Schleswig-Holstein darin sehen.

Und das stärkt auch unser Vorhaben einer Batteriezell-Produktion in Heide. Denn wo sollte sie entstehen, wenn nicht im Land der Autobauer? Und in welcher Region, wenn nicht an der Quelle grüner Windenergie?

Investitionen in Sicherheit

Meine Damen und Herren,

die geplanten Sondervermögen geben uns die Möglichkeit, in Deutschland insgesamt mehr zu investieren. Starke Impulse für Wachstum und Beschäftigung zu setzen. Und uns der Verantwortung für unsere Sicherheit angemessen stellen zu können. Auch hier in Schleswig-Holstein.

Das gehört zusammen. Der Operationsplan Deutschland macht deutlich: Auch eine verlässliche Infrastruktur ist für unsere Verteidigungsfähigkeit unverzichtbar.

Wir müssen unsere Straßen, Schienen und Brücken dringend instandsetzen. Die Resilienz unseres Landes hängt davon ab.
In Schleswig-Holstein müssen beispielsweise die A 20, unsere Häfen und viele weitere Vorhaben unter diesem Blickwinkel als strategische Infrastruktur neu bewertet werden.
Wir müssen unsere Resilienz und Verteidigungsfähigkeit gleichermaßen ausbauen. In Schleswig-Holstein haben wir dafür seit Jahrzehnten die Kompetenzen und die Expertise in unserem Land:

Wenige Regionen haben so viel geballtes Knowhow wie Schleswig-Holstein im U-Bootbau, in der Fertigung von Marine-Schiffen, in der Marine-Technik oder in der Landsystemindustrie wie dem Bau und der Modernisierung von gepanzerten Fahrzeugen.
Und die Kapazitäten werden gerade enorm erweitert.

Unsere Unternehmen stehen in den Startlöchern: Sie wollen und werden dazu beitragen, die Fähigkeiten der Bundeswehr zu stärken.

Wir müssen deshalb noch mehr als in den letzten Jahren darauf drängen, dass die Mittel im Sondervermögen schnell in konkrete Ausrüstungsaufträge münden.

Das gilt auch für Mittel aus Brüssel, die für die Wehrhaftigkeit Europas bereitgestellt werden.

Effiziente Nutzung bereitgestellter Mittel

Meine Damen und Herren,

abgesehen von der Wehrtechnik bringen die beschlossenen Änderungen für Schleswig-Holstein konkrete Verbesserungen:

Wir werden in Schleswig-Holstein über das Sondervermögen Infrastruktur für erhebliche zusätzliche Investitionen sorgen können.
Wir können verstärkt in unsere Infrastruktur investieren und die Grundlagen für nachhaltiges Wachstum schaffen.

Genau das werden wir auch in Schleswig-Holstein tun.

Das ist dringend notwendig, um den Alltag der Menschen zu verbessern und ihnen damit wieder Zuversicht und den Glauben an die Stärke unseres Landes zu geben.

Darum ist es gut, dass der Bund den Ländern einen Teil der Mittel in Höhe von 100 Milliarden Euro unmittelbar zur Verfügung stellt.

Das Investieren ergibt aber nur Sinn, wenn wir alle Möglichkeiten der Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung nutzen und uns nicht in unserem komplexen Bürokratie-Dickicht verheddern.

Ein gutes Beispiel, wie es laufen kann, ist die LNG-Infrastruktur in Brunsbüttel. Innerhalb von neun Monaten ist es gelungen, die dafür notwendige Anbindungsleitung zu realisieren.

Ein hohes Tempo legen wir in Schleswig-Holstein nicht nur in Notlagen vor. Bundesweit ist Schleswig-Holstein Spitzenreiter bei der Umsetzung von Höchstspannungsleitungen in Landeszuständigkeit. 

Insgesamt 2.162 km der Vorhaben sind in Deutschland realisiert. Davon entfällt circa ein Viertel (532 km) auf Schleswig-Holstein.

Wir stehen vor einer ähnlich historischen Aufgabe wie 1990. Damals haben wir sämtliche Beschleunigungspotenziale ausgeschöpft. Mit diesem Geist müssen wir auch jetzt wieder an unsere Modernisierung herangehen.

Jetzt ist der Moment, die ökonomischen Chancen zu erkennen und zielgerichtet neue Impulse für Wachstum, Beschäftigung und Sicherheit zu setzen.

Dieser Aufbruch darf nicht bedeuten, dass wir in einen Goldrausch verfallen. Wir müssen stattdessen besonnen und verantwortungsvoll sinnvolle Impulse setzen.

Teil des Gesamtpakets ist auch die neue Länder-Regelung zur Schuldenbremse. Damit werden wir verantwortungsvoll umgehen. Gerade weil wir die Erfahrung gemacht haben, wie Zinslasten einen Haushalt erdrücken können.

Wir kennen unsere strukturelle Lücke und deshalb werden wir weiter konsolidieren.

Wir kennen auch unseren Sanierungsstau. Dafür wollen wir die Mittel nutzen und die in den letzten Jahren angestoßenen Investitionen mit Hilfe des Bundes noch schneller umsetzen.

Die Mittel werden wir kontinuierlich und effizient einsetzen. Und wir werden in Schleswig-Holstein keine Zeit verlieren.

Der Bund muss jetzt schnell mit den Ländern abstimmen, wann und wie die Mittel verteilt werden und wie wir die für die Beschleunigung notwendigen Reformen auf den Weg bringen.

Das der Verteilung zugrunde liegende Ausführungsgesetz sollte in dem Geist gestaltet sein, den wir jetzt brauchen: Schlanke und effiziente Verfahren, die auf Vertrauen fußen – statt auf überbordender bürokratischer Kontrolle. Das ist es, was Land und Kommunen jetzt brauchen.

Eine unmittelbare Verpflichtung, die Landesverfassung zu ändern, ergibt sich nun nicht mehr – anders als zunächst angenommen. Mit den Änderungen zum Grundgesetz sind die Regelungen für die Länder getroffen worden.

Dennoch macht es Sinn, dass die grundgesetzlichen Regelungen und die landesgesetzlichen synchronisiert werden. Dazu werden zu gegebener Zeit, wie von mir angekündigt, die notwendigen Gespräche geführt.

Spürbare Veränderungen bewirken

Der Staat wird insgesamt mehr als 1 Billion Euro an Schulden aufnehmen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten nach dieser tiefgreifenden Entscheidung, dass Bund und Länder schnell liefern und sich spürbar etwas ändert.

Das ist für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft essentiell. Die Menschen müssen das Gefühl haben, dass unser Land vernünftig organisiert und handlungsfähig ist.

Ich bin überzeugt: Wenn wir die Dinge jetzt anpacken, können wir damit auch bereits verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen und Deutschland wieder auf Kurs bringen. Es passt und gehört einfach auch zu der historischen Entscheidung, die der Bundestag und Bundesrat getroffen haben.

Dafür müssen wir jetzt konkret werden:

Konsequent die Digitalisierung ausbauen und beschleunigen sowie die Transformation der Wirtschaft vorantreiben und Fachkräfte gewinnen, ausbilden und sichern.

Damit geben wir die starken Impulse, die unsere Wirtschaft jetzt braucht.

Wenn wir die Chancen nutzen wollen, die sich aus der veränderten Weltlage ergeben, dann dürfen wir jetzt nicht knauserig sein und nicht zögerlich.

Auf der anderen Seite werden wir nicht nur Wohlfühl-Entscheidungen treffen können.

Die Investitionen des Bundes müssen auf einem hohen Niveau bleiben und dauerhaft müssen sie aus dem Haushalt bestritten werden.

Das bedeutet: Wir werden Strukturen ändern und den Menschen etwas zumuten müssen. Das gehört zur Wahrheit dazu.

Doch ich bin überzeugt: Der Weg ist richtig und er lohnt sich.

Und Schleswig-Holstein wird seinen Teil dazu beitragen.

Klima schützen

Das gilt auch für den Klimaschutz.

Sicherheit bedeutet heute mehr als militärische Verteidigungsfähigkeit. Der Klimawandel stellt eine ebenso fundamentale Bedrohung dar.

Als Land zwischen den Meeren spüren wir die Folgen des Klimawandels unmittelbar. Für uns sind der Klimaschutz, die Anpassung an die Klimafolgen und der Küstenschutz existenziell. Dass sie jetzt eine zentrale Rolle im Sondervermögen spielen, ist richtig und wichtig.

Als erfolgreiches Energiewende-Land wissen wir natürlich auch, dass damit erhebliche Wertschöpfung verbunden ist.

Schützen wir das Klima, helfen wir also damit vor allem auch kommenden Generationen.

Für uns ist klar: Wir müssen noch mehr tun, um schnellstmöglich klimaneutral zu werden. Der Weg zur Klimaneutralität kostet Geld, und dabei können wir unsere Wirtschaft und die Menschen nicht alleine lassen.

So sichern wir uns Wettbewerbsvorteile und machen Schleswig-Holstein noch zukunftsfähiger.

Und bei den Stichworten Wettbewerbsvorteile und Zukunftsfähigkeit gehören natürlich auch Bildung, Forschung und Entwicklung unbedingt dazu. Ich bin sicher: Im neuen Koalitionsvertrag werden sie eine wichtige Rolle einnehmen. Dies ist essenziell für die Entwicklung und Stärkung unserer Demokratie und beinhaltet hohes Zukunftspotential.

Auch davon hängt unser Wohlstand und unser mittelfristiges Wirtschaftswachstum ab.

Chancen nutzen

Meine Damen und Herren,

außergewöhnliche Zeiten erfordern mitunter außergewöhnliche Entscheidungen.

Claudia Major hat hier im Landtag gesagt, dass wir uns fragen müssen, wie viel wir bereit sind, zu investieren, um das zu schützen, was wir uns aufgebaut haben – eine wehrhafte Demokratie.

Darauf haben Bundestag und Bundesrat vergangene Woche eine klare Antwort gegeben – in vollem Bewusstsein um die Tragweite dieser Entscheidung.

Für uns als Landesregierung war klar, dass wir dieses Paket unterstützen.

Die Grundgesetzänderung macht uns handlungsfähig. Sie stärkt auch Schleswig-Holstein strukturell und nachhaltig. Sie ist eine große Chance für unser Land.

Es ist ein historisches Momentum: Nutzen wir den Willen zur Reformbereitschaft. Beweisen wir, dass Deutschland es besser kann.

Den meisten ist klar, dass solche Schritte notwendig sind, wenn wir die großen Aufgaben lösen wollen.

Also: Packen wir es an! Nutzen wir diese historische Gelegenheit, nutzen wir Chancen – setzen wir Impulse, für ein handlungsfähiges Deutschland und ein zukunftsfähiges Schleswig-Holstein.

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