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Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein : Thema: Ministerien & Behörden

Wattenmeerforschung

Wattenmeerforschung

Weiterer Ortsteil von Rungholt nachgewiesen

Eine große Gruppe an Personen wandert beladen mit Arbeitsmaterial durch das Wattenmeer. Zur Unterstützung des Transports dienen drei Schubwagen, die mit extra breiten Reifen ausgestattet sind.
Um das Arbeitsgebiet zu erreichen, muss das Team jeden Tag mehr als eine Stunde zu Fuß durch das Watt laufen und dabei das gesamte Material mitnehmen.

Achttägige Forschungskampagne erbringt neue Erkenntnisse zur Siedlungsgeschichte des nordfriesischen Wattenmeers

Das nordfriesische Wattenmeer ist nicht nur ein faszinierender Naturraum mit reicher Tier- und Pflanzenwelt. Es ist auch ein historischer Siedlungsraum, in dem Forschende heute untersuchen können, wie Menschen angesichts der Bedrohung durch das Meer in früheren Zeiten gelebt und gewirtschaftet haben.

Zwei Personen ziehen und schieben einen Messwagen, der aus dünnen Rohren zusammengebaut ist, durch das Wattenmeer. Im linken Bereich geht eine weitere Person, im Hintergrund liegt eine Hallig. Der Himmel ist strahlendblau.
Mithilfe geomagnetischer Messungen konnten Spuren von 19 bislang unbekannten mittelalterlichen Warften im Wattenmeer nachgewiesen werden.

Ein interdisziplinäres Team des Instituts für Geowissenschaften der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), des Exzellenzclusters ROOTS an der CAU, des Leibniz-Zentrums für Archäologie am Standort Schleswig (LEIZA-ZBSA) sowie des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein (ALSH) hat jetzt während einer achttägigen Forschungskampagne im Wattenmeer vor Nordstrand mit geophysikalischen Messungen Spuren von 19 bislang unbekannten mittelalterlichen Wohnhügeln, sogenannten Warften, entdeckt. „Damit hat sich die Zahl der uns bekannten, im Mittelalter untergegangenen Wohnplätze in diesem Gebiet deutlich erhöht. Wir konnten eine entscheidende Lücke im Wissen über die damalige Siedlungsstruktur schließen“, sagt die Geophysikerin Sarah Bäumler von der CAU.

Das Watt westlich der Halbinsel Nordstrand nahe Husum, in dem das Team gearbeitet hat, wird mit dem historischen, bei der Sturmflut von 1362 zerstörten Verwaltungsbezirk Edomsharde in Verbindung gebracht. Auch der später mythologisch überhöhte Ort Rungholt soll Teil dieser Harde gewesen sein. 

Erst im vergangenen Jahr konnte das Team dort mit geophysikalischen Methoden, Bohrungen und Grabungen den Grundriss einer 40 Meter langen und 15 Meter breiten Kirche nachweisen. „Die Ausmaße entsprechen denen anderer großer Kirchen in Nordfriesland”, erläutert Dr. Bente Sven Majchczack, Archäologe im Exzellenzcluster ROOTS, „wir können also davon ausgehen, dass es eine Hauptkirche der Edomsharde war.“ 

Als Teil der diesjährigen Kampagne hat das Team sieben Grabungen von ein mal ein Meter Größe an entscheidenden Stellen des Kirchengrundrisses durchgeführt, um die Messungen aus dem vergangenen Jahr zu verifizieren und weitere Informationen über die Konstruktion des Kirchenfundaments zu erhalten.

Mittig im Bild steht eine Frau mit einem Bohrkern in den Händen. Dieser enthält Bodenschichten aus dem Wattenmeer, welches sich im Hintergrund vor blauem Himmel erstreckt.
Hanna Hadler aus der Arbeitsgruppe Naturrisikoforschung und Geoarchäologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bearbeitet einen frisch gewonnenen Bohrkern.

Bohrungen in dem Arbeitsgebiet bringen zusätzlich neue Erkenntnisse über die Entwicklung der Landschaft über Jahrtausende hinweg und geben so auch eine Vorstellung von ihrem Aussehen im Mittelalter. „Wir können auf diese Weise unter anderem Aussagen darüber treffen, welche Veränderungen die Menschen hier verursacht haben. Es gibt zum Beispiel Hinweise, dass das Land durch Torfabbau tiefergelegt wurde und Sturmfluten so ein leichteres Spiel hatten“, erläutert die Geographin Dr. Hanna Hadler von der JGU. 

Schon 2017 konnten einige der heutigen Teammitglieder in einem südlicher gelegenen Bereich einen Deich, einen Hafen und mehrere Warften nachweisen. „Die jetzt neu entdeckten Warft-Spuren schließen die Lücke zwischen dem Hafenareal und dem Kirchgebiet. Was wir schon vermutet hatten, trifft also zu: Das heutige Watt war damals großflächig dicht besiedelt“, sagt Dr. Ruth Blankenfeldt vom LEIZA-ZBSA. 

Dafür sprechen auch etliche Einzelfunde von Formziegeln, Metallgegenständen und mittelalterlicher Keramik, die die Forschenden und freiwillige Helfer während der Kampagne im Watt sichern und dokumentieren konnten. 

Forschungen im Wattenmeer 

Dennoch wahren das nordfriesische Wattenmeer und die ehemaligen Siedlungen dort noch viele Geheimnisse. Die Forschung in diesem speziellen Naturraum ist zeitintensiv und anstrengend. Die Forscherinnen und Forscher müssen jeden Tag rund eineinhalb Stunden über Schlamm und Schlick marschieren, um ihr Arbeitsgebiet zu erreichen, und dabei die gesamte Ausrüstung mitnehmen. Rund um Niedrigwasser bleiben dann nur wenige Stunden Arbeitszeit, die intensiv genutzt werden.

„Dementsprechend können wir bei jeder Kampagne nur ein begrenztes Pensum schaffen und nach wie vor bleiben viele Fragen zur den einstigen Siedlungsstrukturen offen“, sagt der Geophysiker Dr. Dennis Wilken von der CAU.

Hintergrundinformationen

An den Forschungen im Rahmen des DFG-Projektes „RUNGHOLT – Kombinierte geophysikalische, geoarchäologische und archäologische Untersuchungen im nordfriesischen Wattenmeer im Umfeld des mittelalterlichen Handelsplatzes Rungholt” sind Dr. Hanna Hadler und Prof. Dr. Andreas …

Weiterer Ortsteil von Rungholt nachgewiesen

Untersuchungen im Rungholtwatt

Zwei Personen ziehen und schieben einen Messwagen, der aus dünnen Rohren zusammengebaut ist, durch das Wattenmeer. Im linken Bereich geht eine weitere Person, im Hintergrund liegt eine Hallig. Der Himmel ist strahlendblau.
Mithilfe geomagnetischer Messungen konnten Spuren von 19 bislang unbekannten mittelalterlichen Warften im Wattenmeer nachgewiesen werden.

2024

Archäologie im Wattenmeer – eine spezielle Forschungsarbeit.

Lange Fußmärsche ins Arbeitsgebiet, kurze Arbeitszeiten wegen Ebbe und Flut, kein Schutz vor Sturm oder Sonne und überall Schlamm!

Eine Person schiebt einen Wagen, der sehr breite Reifen und eine Kiste zum Verstauen hat. Links und rechts wird sie von jeweils einer weiteren Person begleitet. Im Hintergrund rechts wird ein zweiter Wagen von drei Personen durch das Watt befördert.
Ein speziell für das Wattenmeer angefertigter Wagen mit extrem breiten Reifen erleichtert den Transport der Ausrüstung.

Doch das schreckt ein Team der @JGUMainz, des @LEIZA, des Archäologischen Landesamts Schleswig-Holstein und des Exzellenzclusters ROOTS nicht ab.

In der vergangenen Woche waren die Kolleginnen und Kollegen wieder täglich draußen, haben gegraben, gebohrt und geophysikalische Messungen durchgeführt.

Eine Person bedient im Watt das senkrecht stehende Bohrgerät, um eine Probe zu entnehmen. Zwei weitere Personen stehen hilfreich zur Seite. Im Hintergrund zieht ein Vogelschwarm dicht über dem Boden entlang.
Schweißtreibende Entnahme eines Bohrkerns.

Das Ziel:

mehr herausfinden über mittelalterliche Siedlungen im heutigen Watt.

  • Warum sind sie untergegangen?
  • Hat der Mensch selbst dazu beigetragen?
  • Was verbirgt sich hinter dem Mythos Rungholt?

Wenn nach der Kampagne alle Geräte gesäubert sind und sich die Füße erholt haben, folgt die Auswertung.

Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Vermisst seit 1362

Auf einem Drohnenbild sieht man im Vordergrund zwei Menschen, die einen filigran wirkenden Messwagen über die Wattflächen bewegen. Im Hintergrund ist der Leuchtturm von Pellworm zu erkennen.
Ein Messwagen in Leichtbauweise liefert großflächig magnetische Kartierungen von Kulturspuren, die unter der heutigen Wattoberfläche verborgenen sind.

Wissenschaftliches Gemeinschaftsprojekt lokalisiert die untergegangene Kirche von Rungholt im nordfriesischen Wattenmeer

Der heute im UNESCO Welterbe ‚Wattenmeer‘ gelegene, 1362 in einer Sturmflut untergegangene mittelalterliche Handelsplatz Rungholt ist aktuell Ziel interdisziplinärer Forschung. Durch eine Kombination aus naturwissenschaftlichen und archäologischen Methoden gelang es nun Forschenden der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU), des Zentrums für Baltische und Skandinavische Archäologie (ZBSA) sowie des Archäologischen Landesamts Schleswig-Holstein (ALSH), beide Schleswig, den Standort der Rungholter Kirche zu lokalisieren – und somit eine über 100-jährige, vieldiskutierte Forschungsfrage endgültig zu klären.


Auf einem Drohnenbild sieht man im Vordergrund zwei Menschen, die einen filigran wirkenden Messwagen über die Wattflächen bewegen. Im Hintergrund ist der Leuchtturm von Pellworm zu erkennen.
Ein Messwagen in Leichtbauweise liefert großflächig magnetische Kartierungen von Kulturspuren, die unter der heutigen Wattoberfläche verborgenen sind.


Fachübergreifende Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg

Im Rahmen zweier von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderter interdisziplinärer Vorhaben wird seit einigen Jahren die im Wattenmeer untergegangene, mittelalterliche Kulturlandschaft erforscht. Rungholt – überregional bekannt durch seinen mythisch verklärten Untergang und eine europaweit einmalige archäologische Fundsituation – steht dabei als prominentes Beispiel für die bis heute andauernden Auswirkungen massiver menschlicher Eingriffe in den norddeutschen Küstenraum.

Der Schlüssel zum Erfolg der Arbeiten liegt in der engen interdisziplinären Zusammenarbeit. „Unter dem Watt verborgene Siedlungsreste werden zunächst mit unterschiedlichen geophysikalischen Methoden wie magnetischer Gradiometrie, elektromagnetischer Induktion und Seismik lokalisiert und flächenhaft kartiert“, erklärt Dr. Dennis Wilken, Geophysiker an der CAU Kiel. Dr. Hanna Hadler vom Geographischen Institut der JGU ergänzt: „Auf Grundlage dieser Prospektion entnehmen wir gezielt Sedimentbohrkerne, deren Analyse nicht nur Aussagen über räumliche und zeitliche Zusammenhänge der Siedlungsstrukturen, sondern auch zur Landschaftsentwicklung ermöglicht“. Archäologische Untersuchungen liefern an ausgewählten Stellen einmalige Einblicke in das Leben der nordfriesischen Siedler und fördern aus den Wattflächen immer wieder bedeutende neue Funde ans Licht.

 

Auf dem Bild sieht man vier Personen, die schweres Gerät für die durchzuführende Bohrung im Watt positionieren. Befördert wurde die Ausrüstung mit speziell für das Wattenmeer konstruierten Schubwagen, die mit sehr voluminösen Reifen ausgestattet sind.
Sedimentbohrkerne werden zur Erfassung von Siedlungsresten und der Rekonstruktion der Landschaftsentwicklung an ausgewählten Stellen im Watt gewonnen.
 
Untergegangene Kulturlandschaft um Rungholt mit zentraler Kirchwarft erstmals großflächig rekonstruiert

Im Mai 2023 wurde nun bei Hallig Südfall durch geophysikalische Prospektion eine bislang unbekannte, zwei Kilometer lange Kette mittelalterlicher Warften, also künstlicher Siedlungshügel, erfasst. Eine dieser Warften zeigt Strukturen, die zweifelsfrei als Fundamente einer Kirche von 40 Meter mal 15 Meter Größe zu deuten sind. Bohrungen und gezielte Ausgrabungen haben erste Einblicke zum Aufbau und zu den Fundamenten des Sakralbaus ergeben.


Im Vordergrund sieht man einen in den Wattboden eingelassenen Metallrahmen. Die sich ergebende innere Fläche wurde ausgegraben und wird nun von den Forschern dokumentiert.
Ein spezieller Metallrahmen ermöglicht im Watt archäologische Grabungen von einem Quadratmeter Größe, die während einer Ebbe ausgegraben und dokumentiert werden können.


„Damit reiht sich der Fund in die großen Kirchen Nordfrieslands ein“ erläutert Dr. Bente Sven Majchczack, Archäologe im Exzellenscluster ROOTS an der CAU Kiel. Dr. Ruth Blankenfeldt, Archäologin am ZBSA fügt hinzu: „Die Besonderheit des Fundes liegt in der Bedeutung der Kirche als Mittelpunkt eines Siedlungsgefüges, das in seiner Größe als Kirchspiel mit übergeordneter Funktion interpretiert werden muss“.

Die Funde in dem über zehn Quadratkilometer großen untersuchten Gebiet umfassen bislang 54 Warften, systematische Entwässerungssysteme, einen Seedeich mit Sielhafen, zwei Standorte kleinerer Kirchen und nun auch die große Hauptkirche. Damit muss das gefundene Siedlungsgebiet als einer der überlieferten Hauptorte des mittelalterlichen Verwaltungsbezirkes Edomsharde angesehen werden.

Starke Gefährdung der Kulturspuren durch Erosion

Neben dem einzigartigen Archivcharakter, den die Wattflächen für die Rekonstruktion der Kulturlandschaft um Rungholt besitzen, zeigen die Projektergebnisse der letzten Jahre jedoch auch die extreme Gefährdung der über 600 Jahre alten Kulturspuren. „Um Hallig Südfall und in anderen Wattflächen sind die mittelalterlichen Siedlungsreste bereits stark erodiert und oft nur noch als Negativabdruck …

Vermisst seit 1362

Wrackuntersuchung auf dem Süderoogsand

Das erste Holzwrack im Morgenlicht. Im Hintergrund ist das Wrack der ULPIANO zu erkennen.
Das erste Holzwrack im Morgenlicht. Im Hintergrund ist das Wrack der ULPIANO zu erkennen.

Am 6. März fand eine Prospektion statt.

Die Mitarbeiter vermessen das Holzwrack.
Die Mitarbeiter vermessen das Holzwrack.

Infolge des Orkans Ende Februar 2022 sind auf dem Süderoogsand zwei Holzwracks freigespült worden, die von dem örtlichen Ranger des Nationalparks Wattenmeer Holger Spreer-Wree an das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) gemeldet wurden. Die Wrackpositionen waren bereits bekannt, allerdings ragten bisher nur die Spantenden aus dem Sediment. Da erfahrungsgemäß Wrackfundstellen im Wattenmeer durch Erosion, Tidenströmungen und Stürmen starken Veränderungen ausgesetzt sind, ist eine zeitnahe Dokumentation von großer Bedeutung.

Am ersten März-Wochenende lagen optimale Wind- und Wetterverhältnisse vor, um die Wrackfundstellen anzulaufen. Der Schiffsarchäologe Dr. Daniel Zwick übernahm im Auftrag des ALSH die Untersuchung der Wracks, logistisch und organisatorisch unterstützt von Holger Spreer-Wree. Begleitet wurde die Fahrt von dem Fotografen Martin Hain, der mithilfe seiner Drohne auch Bilder aus der Luft machen konnte. Da der Süderoogsand in der Schutzzone 1 des Nationalparks Wattenmeer liegt und hier seltene Seevögel anzutreffen sind, konnte die Drohnenüberfliegung nur mit einer Sondergenehmigung stattfinden. 

Um die Tidezeiten optimal auszunutzen, machte sich das Team am 6. März gegen vier Uhr nachts auf den Weg und lief mit Spreer-Wrees Arbeitsboot das südöstliche Ufer des Süderoogsands an, vor dem eine Stunde später der Anker geworfen wurde. Mit dem Beiboot fuhren sie in fast absoluter Dunkelheit in einen Priel ein. Die erste Station war das noch unbekannte Holzwrack in unmittelbarer Nähe zum Wrack der spanischen Bark ULPIANO von 1870. Mit ablaufendem Wasser kam im Morgenlicht das imposante Wrack frei, das über 25 m lang war. Vom Wrack waren noch der Kiel, viele Spanten bzw. Bodenwrangen und Sitzer, Teile der Beplankung und der Wegerung vorhanden. Sowohl der Vorsteven wie auch der Achtersteven hatten sich aus dem Verband gelöst und lagen neben dem Wrack. Auch hatte sich augenscheinlich von der Backbordseite ein Teil der Bordwand gelöst, die ca. 10 m weiter südlich verdriftet war.

Ein Jungferblock mit Püttingsbeschlag
Ein Jungferblock mit Püttingsbeschlag

Einige wichtige Details konnten beobachtet werden, wie z. die Sponung, in welche die Planken fast rechtwinklig in den Steven einliefen; ein Indiz für ein rundgattiges Fahrzeug. Rundgatts traten in Kombination mit plattbödigen Seeschiffen wie Smakken, Kuffen und Galioten auf und waren typisch für das Wattenmeer, da sie sich bei Ebbe leicht trockenfallen lassen konnten. Ob es sich um ein lokales Schiff handelte, kann zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht bestimmt werden. Einer groben Schätzung zufolge datiert das Wrack in das 18. oder 19. Jahrhundert. Eine genauere Bestimmung kann durch die dendrochronologische Datierung erfolgen. Dafür wurden einige Holzproben entnommen.

Das zweite freigespülte Holzwrack konnte gerade noch im letzten Moment bei auflaufend Wasser besichtigt werden. Genaugenommen handelt es sich hierbei um mindestens zwei Wrackteile, die noch nicht datiert und identifiziert wurden. Hier finden sich sowohl Brandspuren wie auch Abwrackspuren. 

Die Wrackstellen sollen im Rahmen eines Forschungsprojektes weiter ausgewertet werden.

 

weiterführende Literatur:

Zwick 2021: D. Zwick, Archäologie in der Tidenzone - Die neuen Wrackfunde aus dem Nordfriesischen Wattenmeer. In: F. Huber (Hrsg.), Zeitreisen unter Wasser. Spektakuläre Entdeckungen zwischen Ostsee und Bodensee. Darmstadt 2021, S. 130-143. (PDF, 9MB, Datei ist nicht barrierefrei)

Zwick 2021: D. Zwick, A late 17th-century ‘Double Dutch’ construction in the North Frisian Wadden Sea: The case of the Hörnum Odde wreck on the Island of Sylt, Germany, in: G. Boetto, P. Pomey, P. Poveda (Hrsg.): Open Sea ... Closed Sea. Local and inter-regional traditions in shipbuilding (Archaeonautica, 21; Proceedings of the 15th International Symposium on Boat & Ship Archaeology, Marseille 22-27 October 2018), Paris 2021, S. 203-209.

D. Zwick, A late 17th-century ‘Double Dutch’ construction in the North Frisian Wadden Sea: The case of the Hörnum Odde wreck on the Island of Sylt, Germany (PDF, 2MB, Datei ist nicht barrierefrei)

Hier finden Sie eine Datenbank der niederländischen Kulturerbebehörde, auf der auch schleswig-holsteinische Wrackstellen mit weiteren Infos und Literaturangaben eingestellt sind:

https://mass.cultureelerfgoed.nl/

Weitere Information zur Erforschung der Wracks aus der Nordsee:

Shipwreck Archaeology in the Intertidal Zone of the North Frisian Wadden Sea (Germany)

https://kudar.ku.edu.tr/events/

Vortrag (englisch) über die Erforschung der kürzlich …

Wracks nach den Stürmen freigespült

Das Bild zeigt die Bodenreste eines hölzernen Wracks.
Eines der freigespülten Holzwracks.

Sie liegen an den Außensänden der nordfriesischen Nordseeküste.

Wracks an Schleswig-Holsteins Nordseeküste
Wracks an Schleswig-Holsteins Nordseeküste

Die Sturmfluten der vergangenen Wochen haben erneut Wracks am äußersten Rand des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres freigespült. Noch weiter westlich als die im Wattenmeer verstreut liegenden kleinen Halligen und die Marscheninsel Pellworm befinden sich die unbewohnten großen Sandbänke Norderoogsand und Süderoogsand. Die Sandbänke bilden seit jeher ein Hindernis und eine Gefahr für die Schifffahrt. Immer wieder strandeten hier in den vergangenen Jahrhunderten Schiffe, wovon Wracks aus Holz und Metall zeugen, die teilweise nur von Zeit zu Zeit sichtbar werden.

Vor einer Woche fanden in dieser weit abgelegenen Gegend Holger Spreer-Wree und Nele Wree, die einzigen erwachsenen Einwohner der benachbarten Hallig Süderoog, bei einer Begehung bei Niedrigwasser zwei außergewöhnlich frei gespülte Holzwracks, die am Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) von früheren Sichtungen teilweise bekannt sind. Die Familie Spreer-Wree arbeitet beim Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) für den Küstenschutz an der Hallig und deren Bewirtschaftung und als Nationalparkranger. „Da kaum ein Mensch sonst in dieser Region unterwegs ist, schon weil es sich um die Schutzzone 1 des Nationalparkes und Weltnaturerbes Wattenmeer handelt, spielen die beiden auch für Neuentdeckungen und das Monitoring der Wrackfundstellen und damit für den archäologischen Denkmalschutz eine ganz wichtige Rolle“, sagt Dr. Stefanie Klooß, Gebietsdezernentin des ALSH unter anderem für den Bereich der nordfriesischen Küste. „Nur in dieser Zusammenarbeit können wir solche besonderen Situationen überhaupt bemerken.“

Der durch Holger Spreer-Wree an das ALSH gemeldete Zustand der freigespülten Wracks bietet kurzfristig ganz besonders geeignete Bedingungen für eine Dokumentation und Erforschung der verunglückten hölzernen Schiffe. Daher wird in den nächsten Tagen der Schiffsarchäologe Dr. Daniel Zwick im Auftrag des ALSH gemeinsam mit Holger Spreer-Wree die Fundstellen aufsuchen und die Wracks untersuchen, von denen eines mindestens 28 m lang ist und ein kleineres Wrackteil von 11 m Länge. Dabei sollen auch Holzproben für eine dendrochronologische Datierung entnommen werden. Details der Schiffskonstruktion werden gesichtet und bewertet. Erste Hinweise liegen vor, dass es sich um Segelschiffe des 18. bis 20. Jahrhunderts handeln könnte. Eines der Wracks weist deutlich Brandspuren auf. Es ist zu hoffen, dass sich durch Recherchen in Strandungsprotokollen die Wracks bestimmten Schiffsunglücken zuordnen lassen und wir so mehr über die individuelle Geschichte der Schiffe erfahren.

Um die Erforschung der Nordsee- und Wattenmeerwracks fortzusetzen, wird Dr. Daniel Zwick in Kürze für das ALSH und in Kooperation mit dem Historischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität Kiel und dem Forschungs- und Technologiezentrum Büsum einen Forschungsprojektantrag mit dem Titel „Frühneuzeitliche Strandungen und Schiffwracks im nordeuropäischen Wattenmeer mit Schwerpunkt auf Nordfriesland“ einreichen. Während des 3-jährigen Forschungsprojektes sollen die Wrackfunde wissenschaftlich aufgearbeitet und mit historischen Strandungsberichten verglichen werden.

Die Überreste der spanischen Bark „Ulpiano“ liegen im Wattenmeer.
Die spanischen Bark „Ulpiano“.

Nicht weit entfernt von den zu untersuchenden Holzwracks liegt die Wrackstelle der spanischen Bark „Ulpiano“, die in der Weihnachtsnacht am 24.12.1870 auf seiner Jungfernfahrt auf dem Süderoogsand strandete. Hier zeigt sich über die Jahre seit der Auffindung 2012/13 deutlich der Verfall durch die Gewalt der Meeresnatur (Küstenerosion, Tidenströmungen, Stürme). So sind die Relikte des maritimen Kulturerbes fortwährend von Zerstörung bedroht und müssen im rechten Moment dokumentiert werden, um weitere Forschungen zu ermöglichen.

weiterführende Literatur:

Zwick 2021: D. Zwick, Archäologie in der Tidenzone - Die neuen Wrackfunde aus dem Nordfriesischen Wattenmeer. In: F. Huber (Hrsg.), Zeitreisen unter Wasser. Spektakuläre Entdeckungen zwischen Ostsee und Bodensee. Darmstadt 2021, S. 130-143. (PDF, 9MB, Datei ist nicht barrierefrei)

D. Zwick, A late 17th-century ‘Double Dutch’ construction in the North Frisian Wadden Sea: The case of the Hörnum Odde wreck on the Island of Sylt, Germany (PDF, 2MB, Datei ist nicht barrierefrei)

Hier finden Sie eine Datenbank der niederländischen Kulturerbebehörde, auf der auch schleswig-holsteinische Wrackstellen mit weiteren Infos und Literaturangaben eingestellt sind:

https://mass.cultureelerfgoed.nl/

Das ALSH forscht im Wattenmeer

Luftaufnahme von Rungholt

In einer Folge von Terra X wurde am Sonntag, 14. Februar 2021, um 19:30 Uhr im ZDF über das Thema berichtet.

Die Aufnahme zeigt drei Geophysiker:innen mit ihrem Messgerät bei ihrer Arbeit im Wattenmeer.
Geophysikalische Untersuchungen im Wattenmeer

Zur Zeit ist das ALSH an Forschungen zu mittelalterlichen Warftsiedlungen um den historisch überlieferten Ort Rungholt beteiligt. Das Projekt: „RUNGHOLT - Kombinierte geophysikalische, geoarchäologische und archäologische Untersuchungen im nordfriesischen Wattenmeer (Schleswig-Holstein, Deutschland) im Umfeld des mittelalterlichen Handelsplatzes Rungholt“ wird gemeinsam mit Kollegen der Universität Kiel und der Universität Mainz sowie des ZBSA Schleswig durchgeführt und von der DFG gefördert.

In der neuesten Folge von Terra X wird am Sonntag, 14. Februar, 19:30 Uhr im ZDF über das Thema berichtet. Ungeduldigen steht bereits jetzt der Beitrag in der Mediathek zur Verfügung:

https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/ungeloeste-faelle-der-archaeologie-mit-harald-lesch-verlorene-welten-100.html

Beim Süderoogsand wurde ein neu entdecktes Wrack aus dem 17. Jahrhundert untersucht

Wrack Süderoogsand

Die Bauweise entspricht einer Sonderform des Kraweelschiffbaus.

Von einem der entlegensten Außenposten Schleswig-Holsteins erhielt das Archäologische Landesamt vor rund zwei Jahren eine ungewöhnliche Fundmeldung: Aus dem Blaubach-Priel östlich des Süderoogsandes ragte 2018 ein Spant aus dem Sediment, der von Holger Spreer entdeckt wurde. Als Pächter der Hallig Süderoog und Ranger des Nationalparks Wattenmeer ist er einer der wenigen Menschen, die in diesem Gebiet unterwegs sind. Mittlerweile ist der Spant beprobt und datiert. Die dendrochronologische Untersuchung ergab ein Datum von ca. 1640.

Dr. Daniel Zwick untersucht das Wrack im Blaubach-Priel.
Dr. Daniel Zwick untersucht das Wrack im Blaubach-Priel.

Bei einem weiteren Besuch im März 2020 war das Wrackteil mittlerweile vollständig frei erodiert. Da aufgrund der Tidenströmungen und der exponierten Lage zu befürchten war, dass das Wrack binnen kurzer Zeit zerfällt, galt es so viele Informationen wie möglich zu erhalten. Die archäologische „Erstversorgung“ erfolgte Ende März von der benachbarten Hallig Süderoog aus. Holger Spreer und Paul Rusch führten eine erstklassige Fotodokumentation und Beprobung in direkter Abstimmung mit dem ALSH durch. Diese Aktion stieß auf mediales Interesse und wurde von RTL-Nord in einem am 2. April gesendeten Kurzbeitrag ausgestrahlt. Ende April konnte das Wrack schließlich von einem Spezialisten des ALSH dank der exzellenten Kooperation mit dem Finder in Augenschein genommen werden.

Durch die Untersuchung des Wrackteils konnten bereits viele bauliche Details abgelesen werden, die einen Aufschluss über die mögliche Herkunft des Schiffes geben. Die Bauweise entspricht einer in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts praktizierten Sonderform des Kraweelschiffbaus. Zudem weist das Wrack eine doppelte Außenbeplankung auf und ist somit nach dem Hörnum Odde Wrack (um 1690) nun schon das zweite Wrack dieser Art in Schleswig-Holstein. Weltweit sind rund 12 Wrackfunde dieser Art bekannt, von denen die meisten nachweislich Schiffe der Niederländischen Ostindienkompanie waren, wie z. B. die berühmte 1629 vor Australien gesunkene „Batavia“. Aber auch andere Schiffe erhielten zu der Zeit eine doppelte Beplankung, wie z. B. Walfangschiffe oder die sogenannten „Sandskuder“ aus Dänemark.

Altniederländische Fayence, gefunden in unmittelbarer Nähe zum Wrack
Altniederländische Fayence, gefunden in unmittelbarer Nähe zum Wrack

In unmittelbarer Umgebung zum Wrack fanden sich eine Tonpfeife und eine Scherbe einer altniederländischen Fayence mit blauer Pinselbemalung. Derartiges Tischgeschirr war den Wohlhabenden vorbehalten und wurde in den Niederlanden hergestellt und von dort exportiert. Diese Fayencen waren dem chinesischen Porzellan nachempfunden.

Weitere Ergebnisse werden unter anderem mit der Untersuchung zusätzlicher Holzproben und einer archivalischen Recherche der Strandungslisten erwartet. Neben dem Wrack der 1870 gestrandeten spanischen Bark „Ulpiano“ und einem weiteren noch nicht identifizierten Holzwrack liegt mit diesem Wrackfund nun das dritte historische Wrack vom Süderoogsand vor. Aufgrund der starken Küstenerosion sind in den letzten Jahren vermehrt Wrackfunde im Nordfriesischen Wattenmeer zutage gekommen, wie zuletzt 2017 auf dem Japsand bei Hallig Hooge und 2016 auf Hörnum Odde, Sylt.

 

Erfahren Sie mehr über Schleswig-Holsteins Wracks!

Daniel Zwick, Jan Fischer, Stefanie Klooß und Heiner Menzel. Das Wrack am Strand von Hörnum Odde, Sylt. ANSH 23, 2017, 140-147.

Daniel Zwick, Jan Fischer und Stefanie Klooß, Archäologie an der Waterkant. Die Wrackteile vom Japsand bei Hallig Hooge. ANSH 25, 2019, 152-163

Die Archäologischen Nachrichten aus Schleswig-Holstein (ANSH) sind hier erhältlich.

www.rtlnord.de/nachrichten/besonderer-corona-auftrag-nationalpark-ranger-wird-zu-indiana-jones

Ein „Apostel“ aus dem Watt

Musketier mit Gabelmuskete wikipedia Jacob de Gheyn
Ein Musketier mit Gabelmuskete im Dreißigjährigen Krieg (Jacob de Gheyn * um 1565 † 1629)

Das nordfriesische Wattenmeer ist ein Teil Schleswig-Holsteins, in dem zweifellos zahlreiche archäologische Fundstellen verborgen liegen. Daher ist das Wattenmeergebiet nicht nur Nationalpark, sondern auch bereits seit 1973 Archäologisches Grabungsschutzgebiet. Durch die Naturgewalt der Nordsee werden jedoch immer wieder archäologische Funde freigespült. Wie auch an Land unterliegen diese laut Denkmalschutzgesetz der Meldepflicht an das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein.

Hölzerner Pulverbehälter
Hölzerner Pulverbehälter

Ein besonderer Fund aus dem Wattenmeer nördlich von Pellworm wurde durch Frau Gesa Niendorf und Herrn Oliver Niendorf-Kramer gemeldet. Es handelt sich um ein kleines Fläschchen aus Holz mit einem Metalldeckel. Aufgrund des vergänglichen Materials wurde das Objekt in die Konservierungswerkstatt des Archäologischen Landesmuseums in Schleswig überführt. Hier wird der Holzbehälter zurzeit in einer PEG-Lösung konserviert.

Der Fund stammt von einer Stelle, die als untergegangene Warft angesehen werden muss. Durch Sturmfluten gingen umfangreiche, bereits eingedeichte Wirtschaftsländer und erhöhte Siedlungsstellen auf Warften insbesondere im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit im Bereich des heutigen nordfriesischen Wattenmeeres verloren.

Der Holzbehälter ist ca. 12 cm hoch und wurde aus einem Stück gefertigt. Der Boden aus einer dünnen, ovalen Holzscheibe wurde separat eingesetzt. Der Hohlkörper besitzt einen ovalen Querschnitt, weißt zwei seitliche Ösen auf und verjüngt sich hin zu der runden Mündung. Die Öffnung war durch einen Metalldeckel, ebenfalls mit Ösen, verschlossen. Braune Reste auf der Oberfläche der Holzflasche zeugen von einem ehemaligen Lederbezug. Die mikroskopische Holzartbestimmung ergab die Verwendung des harten, feinen Holzes des Schneeballstrauches (Viburnum).

Musketier mit Gabelmuskete wikipedia Jacob de Gheyn
Ein Musketier mit Gabelmuskete im Dreißigjährigen Krieg (Jacob de Gheyn * um 1565 † 1629)

Zahlreiche Bildquellen zeigen, dass das hölzerne Fläschchen ein Pulverbehälter aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges war. Im archäologischen Fundgut sind diese Flaschen aus dem frühen 17. Jahrhundert äußert selten. Die Musketiere trugen vor allem in der frühen Phase des Dreißigjährigen Krieges acht bis vierzehn dieser Flaschen an einem Bandelier über der Schulter. Jede Flasche enthielt dabei die Pulvermenge für einen Schuss, je nach Kaliber waren dies ca. 15-20 Gramm Schwarzpulver. Zusätzlich hingen noch ein Beutel mit Bleikugeln und eine Pulverflasche für das Zündkraut am Bandelier. Mit der Einführung der Papierpatrone durch die schwedischen Truppen noch während des Dreißigjährigen Krieges wurden die Pulverflaschen überflüssig und verschwanden aus dem Gebrauch. Die Bezeichnung „Apostel“ für diese Flaschen ist wohl nicht zeitgenössisch, sondern erst in späterer Zeit geprägt worden und bezieht sich darauf, dass häufig genau zwölf Pulverflaschen am Bandelier getragen wurden.

Zeitlich passt die gefundene Pulverflasche zu dem Ereignis der Buchardiflut im Oktober 1634 (2. Grote Mandränke), als auch die ehemalige Insel Strand in mehrere Teile zerbrach. Denkbar ist auch ein Zusammenhang mit den Kämpfen zwischen den Einwohnern Strands und den Truppen des Herzogs Friedrich III. von Schleswig-Holstein-Gottorf im Jahr 1629.

Der Wrackfund im Watt am Japsand bei Hallig Hooge

Wrack am Japsand bei Hallig Hooge
Winterliche Impression am Japsand bei Hallig Hooge.
Winterliche Impression mit dem Wrackfund am Japsand bei Hallig Hooge.

Bei archäologischen Funden im Wattenmeer muss schnell gehandelt werden, da sie sobald wieder verschwinden können, wie sie aufgetaucht sind. Daher unternahmen Mitarbeiter des Archäologischen Landesamtes nur wenige Tage nach der Meldung eines neuen Wrackfundes am Japsand bei Hallig Hooge eine Untersuchung des Fundes vor Ort.

Anfang Februar 2017 hatten die Einwohner der Hallig Hooge Dirk Bienen-Scholt, Torsten Junker und Paul Rusch das Wrackteil bei einer Wattwanderung etwa 1,5 km westlich von Hooge am Rande des Japsandes entdeckt. Sie unterstützten auch die Probenentnahme und Dokumentation des Wrackfundes mit persönlichem Einsatz und Ortskenntnis. Der Fundort ist nur bei Niedrigwasser über einen Zeitraum von etwa 2-3 Stunden erreichbar; jegliche Ausrüstungsgegenstände, Mess- und Zeichengerät sowie Werkzeuge müssen zu Fuß mitgebracht werden. Gleiches gilt für den Rücktransport der gewonnen Holzproben.

Mitarbeiter des ALSH und die Finder des Wracks Dirk Bienen-Scholt, Torsten Junker und Paul Rusch bei der Dokumentation des Wrackfundes.
Mitarbeiter des ALSH und die Finder des Wracks Dirk Bienen-Scholt, Torsten Junker und Paul Rusch bei der Dokumentation des Wrackfundes.

Wie bereits beim dem Wrackfund von Sylt an der Hörnum Odde praktiziert (siehe Beiträge vom 14.10.2016 und 16.12.2016) wurden eine 3D-Modell-Dokumentation angefertigt, konstruktive Details beschrieben und Holzproben für die dendrochronologische Altersbestimmung und die Materialanalyse gesägt. Für die Berechnung des 3D-Modells wurden zahlreiche überlappende Fotos, von verschiedenen Blickwinkeln in einem 360° Radius aufgenommen.

Der Schiffsfund besteht aus einem Teil der Bordwand und umfasst fünf Planken und neun Spanten aus Eichenholz. Es handelt sich um ein Halbkraweel, bei dem das Unterwasserschiff geklinkert (überlappend) und die Seiten kraweel (bündig) beplankt sind. Diese ungewöhnliche hybride Bauform ist archäologisch erstmals bei einem um 1577 datierenden Wrackfund in Nordschweden nachgewiesen worden. Auch in den nachfolgenden Jahrhunderten tauchen Halbkraweele in archäologischen und schriftlichen Quellen immer wieder vor allem in Schweden auf, vermehrt im 17./18. Jahrhundert. Schiffe mit kraweeler Rumpfbeplankung stellten die Spitze der Schiffbaukunst dar. Dagegen galten Halbkraweele als prätentiös. Durch die kraweele Bauweise oberhalb der Wasserlinie sollten die Klinkerkonstruktionen, die von Zeitgenossen als altmodisch wahrgenommen und mit der ländlich-bäuerlichen Küstenschifffahrt assoziiert wurden, aufgewertet werden.

Das Wrack am Japsand bei Halig Hooge.
Das Wrack am Japsand bei Halig Hooge.

Die dendrochronologische Analyse der Proben von Planken und Spanten ergab für das Hooger Wrack eine Bauzeit von um/nach 1617. Die Herkunftsbestimmung der Schiffshölzer scheint auf eine schleswig-holsteinische Provenienz hinzudeuten. Somit liegt mit dem neuen Wrackfund vom Japsand bei Hallig Hooge nicht nur eines der ältesten Exemplare dieser hybriden Bauform vor, sondern auch das fast einzig bekannte Halbkraweel außerhalb des Ostseeraumes. Lediglich ein 2013 entdecktes Wrackfragment von Westerheversand weist eine ähnliche Konstruktion auf und datiert um/nach 1687.

Waren Halbkraweele also weitaus verbreiteter als bisher angenommen? Der neue Wrackfund vom Japsand bei Hallig Hooge spricht dafür und wirft zudem ein Licht auf eine im schleswig-holsteinischen Wattenmeer bisher wenig bekannte Schiffbautradition.

Wie alt ist das Wrack am Strand von Sylt?

Vermessungsarbeiten am Wrack vor Hörnum.

Im Oktober untersuchten Mitarbeiter des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein Wrackteile, die am Weststrand der Hörnum Odde, der Südspitze Sylts, zum Vorschein kamen (siehe Beitrag vom 14.10.2016: Das Wrack eines Plattbodenschiffs am Strand von Sylt).

Man sieht den Sägeschnitt einer Holzprobe.
Eichenholzprobe


Nun liegen die Ergebnisse der dendrochronologischen Untersuchung der entnommenen Holzproben vor. Die Analyse wurde am Deutschen Archäologischen Institut in Berlin durchgeführt. Sie ergab eine zeitliche Einordnung sowie eine Vermutung zur Herkunft des Holzes für zwei Spanten des Schiffes.


Die Eichenstämme, aus denen die Spanten hergestellt sind, wurden 1684 und 1690 gefällt. Die charakteristische Abfolge der Jahrringbreiten weist darauf hin, dass die Bäume im Havelgebiet gewachsen sind. Sie könnten von dort in die Elbe und dann nach Hamburg transportiert worden sein, denn Holz ist zu dieser Zeit eine begehrte Handelsware. Wo das Schiff gebaut wurde, wo sein Heimathafen lag und wohin es unterwegs war, bleibt jedoch weiter unbekannt.

Kielschwein mit Maststandspur
Kielschwein mit Maststandspur Anfang Dezember

Die erneute Einmessung und Besichtigung der Wrackfundstelle am 9. Dezember 2016 zeigte, dass die im Oktober dokumentierten Bereiche des Wracks nicht mehr vorhanden sind. Dafür kamen neue Bereiche zum Vorschein. Hier wurde wesentlich mehr Nadelholz verbaut. Zwischenzeitlich war auch das Kielschwein freigespült worden. Dieses massive Holzteil ist das innen liegende Gegenstück zum Kiel des Schiffes. In die eckige Aussparung wurde der Mast eingelassen.


Die hochenergetische, erosive Situation an der Hörnum Odde sorgt dafür, dass die Holzteile des Wracks abgetragen werden. Aufgrund der fragmentarischen Erhaltung des Wracks, fehlender Beifunde und der notwendigen hohen Kosten kommt eine Bergung und Konservierung des Fundes jedoch nicht in Frage. Es bleibt die Dokumentation und wissenschaftliche Einordnung der Schiffskonstruktion. Arbeiten an dem Wrack werden jedoch durch die Fundsituation erschwert. Die Wrackteile werden nur bei Ostwindlagen, bei vollständig abgelaufener Ebbe für kurze Zeit sichtbar.

Wrack in der Brandung

Das Wrack eines Plattbodenschiffs am Strand von Sylt

Schiffswrack vor Sylt
Schiffswrack vor Sylt

Die stetigen Landverluste an der Südspitze Sylts führten dazu, dass an der Westseite der Hörnum Odde ein Schiffswrack freigespült wurde. Spaziergänger meldeten Anfang Oktober 2016 hölzerne Wrackteile, die nur bei Niedrigwasser trocken fallen und sichtbar werden. Daraufhin konnten Mitarbeiter des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein im Rahmen einer kurzfristigen Sichtung, Einmessung und Dokumentation eine erste Beurteilung des Fundes vornehmen.


Es handelt sich um die Überreste eines für das Wattenmeer typischen Plattbodenschiffs mit Beplankung in Kraweelbauweise, vermutlich aus dem 17./18. Jahrhundert. Für eine genauere Einordnung muss jedoch die dendrochronologische Untersuchung der drei entnommenen Holzproben von Spanten des Schiffs abgewartet werden. Auf den ersten Blick können der Wrackfund des holländischen Frachtenseglers von Uelvesbüll (zu sehen im Schifffahrtsmuseum Nordfriesland in Husum) und das Wrack aus dem Hedwigenkoog, Kreis Dithmarschen, als Vergleiche herangezogen werden.


Wahrscheinlich war das Schiff bei der Umfahrung der Insel auf Grund gelaufen. Die Position des Fundpunktes zeigt, dass das Wrack jahrhundertelang unter den Dünen des südlichen Sandhakens eingebettet war. Vergleicht man die heutige Situation mit der Königlich Preußischen Landesaufnahme, ergibt sich, im Gegensatz zum jetzigen Fundort, ein Strandungsort an der südöstliche Küste.

Vermessungsarbeiten am Wrack vor Sylt
Vermessungsarbeiten am Wrack vor Sylt

Das Wrack war zum Zeitpunkt der Beobachtung auf einer Länge von etwa 10 Metern sichtbar. Teile der erhaltenen Spanten und der Bodenplanken waren durch die Lagerung verzogen. Weitere Bereiche des Schiffs lagen noch unter dem Sand. Vermutlich ist auf einer Seite des Rumpfes die Kimm, also der Umbruch des flachen Schiffsbodens zur Bordwand, erkennbar und eine 38 cm breite und 7 cm dicke Kimmplanke erhalten. Hier war die Verbindung der Planken durch Hakenlaschen erkennbar. Für die Schiffskonstruktion, die vor allem durch Holznägel verbunden ist, waren relativ schnell gewachsene Eichen, zum Teil noch mit anhaftender Rinde, sowie Nadelholz verwendet worden. Spuren von Eisen, möglicherweise von einer zusätzlichen Stabilisierung des Holzrumpfes, wurden ebenfalls beobachtet. Der unregelmäßige Verlauf der Spanten weist auf die Schalenbauweise des Schiffes hin. Weitere Baudetails wie die Verkeilung der Holznägel mit eckigen Deuteln, Brandspuren vom Biegen der Planken und das Vorhandensein von eckigen Spiekerpennen müssen in die weitere Bearbeitung des Fundes eingehen.


Aufgrund der fragmentarischen Erhaltung des Wracks, bisher fehlender Beifunde und seines verhältnismäßig jungen Alters ist eine Bergung und Konservierung der Holzteile nicht geplant. Auch weitere Untersuchungen sind schwierig zu verwirklichen, da die Fundstelle im Tidebereich nicht dauerhaft freigelegt und grabungstechnisch dokumentiert werden kann.


Dennoch konnten durch den kleinen Einsatz vielfältige Informationen zu dem Fund gesammelt werden. Die erstellte Fotoserie ermöglicht eine nachträgliche Weiterverarbeitung der Dokumentation, beispielsweise für die Erstellung eines 3D-Modells durch Structure from Motion Technik. Darüber hinaus kann der Fundpunkt zur historischen Landschaftsrekonstruktion der bewegten Nehrungs- und Dünenareale an der Hörnum Odde beitragen.

Impressionen
Impressionen
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