Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat es in einem Beschwerdeverfahren als zulässig angesehen, wenn das Standesamt für ein während der Ehe geborenes Kind den Ehemann der Mutter als Vater des Kindes einträgt, auch wenn dieser zuvor sein Geschlecht von weiblich in männlich geändert hat und daher eine biologische Abstammung nicht vorliegt.
Der Entscheidung lag folgender Fall zu Grunde: Im Jahr 2015 begründeten die heutigen Eheleute eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft. Im Jahr 2017 wurde das Geschlecht des heutigen Ehemanns von weiblich in männlich geändert. Im Frühjahr 2023 schlossen beide die Ehe. Im Herbst 2023 brachte die Ehefrau, ermöglicht durch eine Samenspende, ein Kind zur Welt.
Der Ehemann hat als Antragsteller gegenüber dem Standesamt Flensburg die Eintragung als Vater verlangt. Das Standesamt legte die Sache dem Amtsgericht zur Entscheidung vor. Das Amtsgericht wies das Standesamt zur Vornahme der Eintragung an. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Standesamts hat der 2. Zivilsenat mit seiner Entscheidung (Beschluss vom 4. Juli 2024, Az. 2 Wx 11/24) zurückgewiesen, allerdings wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Nach Auffassung des Senats wurde das Standesamt vom Amtsgericht zu Recht angewiesen, bei der Beurkundung der Geburt des betroffenen Kindes den Ehemann als Vater einzutragen. Nach der gesetzlichen Regelung in § 1592 Nr. 1 BGB ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist.
Die Entscheidung zur Änderung des Geschlechtes und des Vornamens seien hier bereits wirksam gewesen, so dass der Antragsteller als Mann anzusehen sei. Eine Spezialvorschrift aus dem Transsexuellengesetz (§ 11 TSG) wonach durch die Entscheidung, dass der Antragsteller einem anderen Geschlecht zugehörig ist, das Rechtsverhältnis zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern unberührt bleibt, sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Denn diese Vorschrift, so der Senat, betreffe nur Konstellationen, in denen der Transsexuelle entweder vor der Entscheidung über die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit bereits eine Eltern-Kind-Rechtsbeziehung innegehabt habe oder solche Kinder, die erst nach der Entscheidung über die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit genetisch von der transsexuellen Person abstammten bzw. von ihr auf die Welt gebracht worden seien.
Die hier vorliegende Fallkonstellation, dass ein mit der Mutter des Kindes verheirateter Transsexueller die Eintragung als Vater beantragt, habe der Gesetzgeber zum Entstehungszeitpunkt der Vorschrift im TSG im Jahr 1980 nicht vor Augen gehabt. Zudem sei es auch verfassungsrechtlich geboten, die Vorschrift nicht auf die hier vorliegende Konstellation anzuwenden. Denn dem Kind entstünden keine Nachteile, wenn der Transsexuelle als männlich behandelt werde. Vielmehr würde es - im Gegenteil - Nachteile erleiden, wenn an das vormals weibliche Geschlecht angeknüpft würde. Denn dann wäre der Antragsteller im Verhältnis zum betroffenen Kind nicht als Mann anzusehen, sondern müsste weiter als Frau behandelt werden. Dem durch Art. 6 des Grundgesetzes abgesicherten Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch beide Elternteile sei Geltung zu verschaffen. Dass der Ehemann der Mutter Vater des betroffenen Kindes werden könne, diene diesem Recht.
Die Entscheidung des Senats erfolgte auf der Grundlage des aktuell gültigen Transsexuellengesetzes, das ab dem 1. November 2024 durch das SBGG (Selbstbestimmungsgesetz) abgelöst wird, welches auch das Eltern-Kind-Verhältnis neu regelt.
Die Entscheidung ist im anonymisierten Volltext unter folgendem Link abrufbar:
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