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Landgericht Lübeck : Thema: Gerichte & Justizbehörden

Nicht alles was ein bisschen nach Kreuzung aussieht ist auch eine!


Den Parkplatz am Güterbahnhof kennt wahrscheinlich in Lübeck fast jeder. Aber Vorsicht: Der „Platz“ davor (siehe Foto) ist keine Kreuzung! Autos, die von dem Parkplatz abfahren, müssen immer warten, bis der Weg frei ist, § 10 Satz 1 StVO (Urteil vom 10. Mai 2024).

Letzte Aktualisierung: 30.05.2024

Foto des Parkplatzes am Güterbahnhof in Lübeck mit einem gelben und einem blauen Pfeil für die Fahrtrichtung der im Artikel genannten Autos.
Parkplatz am Güterbahnhof

Was ist passiert?

Ein Auto fuhr die Hermann-Lange-Straße in Lübeck auf den oben abgebildeten „Platz“ zu, um nach links abzubiegen (gelb). Ein anderes Auto befand sich auf dem abgebildeten Parkplatz.  Als es von dort auf die Straße fuhr (blau) stieß es auf dem „Platz“ mit dem Linksabbieger zusammen.

Was regelt die Straßenverkehrsordnung hierzu?

Nach § 10 S. 1 StVO hat sich ein Fahrzeugführer, der aus einem Grundstück auf die Straße oder von anderen Straßenteilen auf die Fahrbahn einfahren will, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Zu den „anderen Straßenteilen“ im Sinne dieser Bestimmung gehören etwa Gehwege, Seitenstreifen und Parkplätze einschließlich ihrer Zu- und Abfahrten. Wer von dort auf die Straße fährt, muss äußerste Sorgfalt wahren, vor allem gegenüber dem fließenden Verkehr.

Wie hat das Gericht entschieden?

Das Landgericht Lübeck hat entschieden, dass der Fahrer des vom Parkplatz kommenden Autos 75 % der Unfallschäden erstatten muss. Warum nicht 100 %? Weil die Situation ziemlich unübersichtlich war. Die Bodenbeläge aus Asphalt und Pflasterung lassen keine klaren Rückschlüsse zu, wo der Parkplatz endet und die Straße beginnt und es gibt keine klare Beschilderung. Die Richterinnen und Richter der Berufungskammer führen aus: „Insgesamt hat die Straßenführung vor Ort durchaus die Anmutung einer Kreuzung mit vier Fahrtrichtungen. Aufgrund dieser unklaren Straßenverhältnisse und aufgrund des Umstands, dass der Kläger an einer tatsächlichen Kreuzung nach § 9 StVO vorfahrtsberechtigt gewesen wäre, wiegt der Verstoß der Beklagten nicht derart schwer, dass er die allgemeine [Haftung] der Klägerseite vollständig in den Hintergrund treten lässt.“ Anmerkung: die Straße wurde mittlerweile bereits teilweise umgebaut (vgl. Foto oben)

Übrigens: Hermann Lange, nach dem die Straße oben benannt ist, war ein deutscher katholischer Priester, der zu den so genannten Lübecker Märtyrern gehört. Er wurde im Juni 1943 vom Berliner Volksgerichtshof, der hierzu nach Lübeck gereist war, zum Tode verurteilt und am 10. November 1943 hingerichtet. Der Volksgerichtshof wurde am 25. Januar 1985 vom Bundestag einstimmig als „Terrorinstrument zur Durchsetzung nationalsozialistischer Willkürherrschaft“ bewertet. Rechtsverbindlich aufgehoben wurden die Urteile des Volksgerichtshofs erst 1998.

Das Urteil vom 10. Mai 2024 (Az. 14 S 7/23) ist rechtskräftig. Es ist kostenfrei abrufbar über die Landesrechtsprechungsdatenbank Schleswig-Holstein.

Ansprechpartner: Online-Redaktion@justiz.landsh.de


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