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Landgericht Lübeck : Thema: Gerichte & Justizbehörden

Strafrecht - wie funktioniert das?

Informationen für Nichtjuristen

Letzte Aktualisierung: 03.01.2022

Informationen zum Strafrecht Allgemein

Welche Strafen gibt es?


Erwachsene Straftäter werden in Deutschland bei leichteren Straftaten zu einer Geldstrafe und bei schwereren Straftaten oder im Wiederholungsfall zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Dabei wird der Strafrahmen vom Gesetz vorgegeben und die konkrete Strafe von dem zuständigen Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls festgelegt. Maßgebliche Gesichtspunkte für die Strafzumessung sind beispielsweise: Vorstrafen, Geständnis, Schadenswidergutmachung, Tatumstände, Tatmotiv etc.

  • Die Geldstrafe wird nach Tagessätzen bemessen. Dabei wird die Höhe der Strafe durch die Anzahl der Tagessätze ausgedrückt. Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich (nur) nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten. Sie wird ermittelt, indem das zur Verfügung stehende monatliche Nettoeinkommen nach Abzug der Unterhaltspflichten durch 30 Tage geteilt wird. Die häufig zu findende Formulierung „XY wurde zu einer Geldstrafe von 1500,- € verurteilt.“ ist so nicht richtig. Sie besagt zwar, was er zu zahlen hat, sagt aber über die Höhe der Strafe nichts aus. Richtig müsste es heißen „XY ist zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30,- € verurteilt worden.“


  • Die Freiheitsstrafe wird im Gefängnis verbüßt. Sie bedeutet also Freiheitsentzug. Ihre Länge ist mindestens ein Monat, höchstens 15 Jahre. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden.


  • Eine lebenslange Freiheitsstrafe kann nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Allerdings dürfen keine Sicherheitsinteressen entgegenstehen. Anders ist es aber, wenn das Gericht die besondere Schwere der Schuld festgestellt hat. Dann wird im Rahmen der Vollstreckung des Urteils eine über die 15 Jahre hinausgehende Mindestverbüßungsdauer festgelegt. Erst wenn diese abgelaufen ist, wird geprüft, ob der Verurteilte aus Sicherheitsgründen weiter inhaftiert bleiben muss oder entlassen werden kann, § 57a StGB.



Was bedeutet "Schuldfähigkeit"?

Die Verurteilung zu einer Strafe setzt voraus, dass der oder die Angeklagte eine Straftat schuldhaft begangen hat. Die Begehung der Straftat muss dem oder der Angeklagten also persönlich vorwerfbar sein.

Nach § 19 StGB sind Kinder unter 14 Jahren immer schuldunfähig. Das Strafgesetzbuch regelt weiterhin verschiedene Entschuldigungsgründe, also Umstände, die die Schuld ausschließen, z.B. den entschuldigenden Notstand in § 35 StGB.

Praktische Bedeutung haben insbesondere die Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB und die verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB.

Was heißt "Schuldunfähigkeit"?

20 StGB bestimmt, dass eine Person dann schuldlos handelt, wenn sie wegen

  • einer krankhaften seelischen Störung
  • einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung
  • einer Intelligenzminderung oder wegen
  • einer schweren anderen seelischen Störung

unfähig ist,

  • das Unrecht der Tat einzusehen oder
  • nach dieser Einsicht zu handeln.

Es ist also stets eine zweistufige Prüfung erforderlich. Zunächst ist festzustellen, ob bei der oder dem Angeklagten zur Zeit der Tat ein ihn oder sie beeinträchtigender von der Norm abweichender psychischer Zustand vorlag. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine Wahnerkrankung (krankhafte seelische Störung), eine Persönlichkeitsstörung (schwere andere seelische Störung) oder einen Affekt (tiefgreifende Bewusstseinsstörung) handeln. Unter den Begriff der krankhaften seelischen Störung fallen auch erhebliche alkohol- oder drogenbedingte Rauschzustände bei Tatbegehung.

Steht eine solche Beeinträchtigung des oder der Angeklagten zur Tatzeit fest, schließt sich auf zweiter Stufe die Prüfung an, ob sie oder er hierdurch keine Unrechtseinsicht mehr hatte, also nicht mehr wusste, dass die Handlung verboten ist. Dies ist häufig bei Menschen der Fall, die eine Tat in einem akuten Wahn – etwa aufgrund einer Schizophrenie – begehen und deswegen gleichsam „jenseits von Gut und Böse“ sind.

War die grundsätzliche Unrechtseinsicht vorhanden, ist die Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln, die sogenannte Steuerungsfähigkeit, zu prüfen. So wird zum Beispiel auch eine sehr betrunkene Person noch wissen, dass man nicht stehlen darf. Möglicherweise ist sie indes aufgrund des Rausches so enthemmt, dass sie dem Impuls hierzu nicht widerstehen kann.

Bei aufgehobener Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ist die angeklagte Person freizusprechen. Unter Umständen kommt gleichwohl ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt in Betracht.

Was ist mit "verminderter Schuldfähigkeit" gemeint?

Sehr viel häufiger als die Schuldunfähigkeit (sie wird von Strafgerichten in etwa 0,1 % der Fälle festgestellt) kommt es vor, dass die Schuld bei einem oder einer Angeklagten erheblich vermindert war (etwa 3 % der Fälle). In diesem Fall kann das Gericht nach seinem Ermessen gemäß § 21 StGB einen gemilderten Strafrahmen (§ 49 StGB) anwenden und im Ergebnis eine mildere Strafe verhängen als im Fall voller Schuldfähigkeit.

Voraussetzung ist auch hier, dass das Gericht eines der vier oben genannten Eingangsmerkmale feststellt, sprich: eine psychische Beeinträchtigung des oder der Angeklagten zur Zeit der Tat.

Die Beeinträchtigung darf nicht zur Aufhebung von Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit geführt haben, sondern diese nur erheblich vermindert haben. Besonders bedeutsam ist insofern die erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit. Namentlich bei Rauschtaten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss kommt es häufig vor, dass Täter nur noch stark eingeschränkt dazu fähig sind, einem (strafbaren) Impuls zu widerstehen.

Zur Beurteilung der Schuldfähigkeit bedient sich das Gericht regelmäßig der Hilfe von psychiatrischen Sachverständigen.

Wann kommt es zur Verurteilung, wann zur Abschiebung?


Das Gesetz ermöglicht der Staatsanwaltschaft, von der Vollstreckung einer Strafe in Deutschland abzusehen, wenn der Verurteilte abgeschoben wird. Das steht in § 456a der Strafprozessordnung. Nach den hierzu geltenden Richtlinien soll aber in der Regel wenigstens die Hälfte der Strafe vollstreckt werden, auch bei lebenslanger Freiheitsstrafe. Denn es besteht ein öffentliches Interesse, dass verhängte Strafen auch effektiv vollstreckt werden. Schwierig ist die Abschiebung oft bei Staatenlosen. Diese ist oft kaum möglich, da es keinen Staat gibt, der verpflichtet wäre, Staatenlose aufzunehmen.

Informationen zur Untersuchungshaft

Wann wird Untersuchungshaft angeordnet?

Untersuchungshaft dient der Sicherung des Strafverfahrens. Im Unterschied zur Strafhaft ist die Schuld der gefangenen Person noch nicht durch rechtskräftiges Urteil festgestellt. Für sie gilt weiterhin die Unschuldsvermutung. Gegen eine Person wird Untersuchungshaft angeordnet, wenn sie einer Straftat dringend verdächtig ist, d.h. wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie eine Straftat begangen hat.

Auch im Falle eines solchen dringenden Verdachts wird jedoch nicht zwingend, sondern nur ausnahmsweise Untersuchungshaft angeordnet. Es muss nämlich außerdem ein Haftgrund bestehen. Haftgründe sind z.B. die Flucht- und die Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 u. 3 StPO):

  • Fluchtgefahr liegt vor, wenn es wahrscheinlicher ist, dass eine beschuldigte Person sich dem Strafverfahren entziehen, als dass sie sich ihm stellen werde.
  • Verdunkelungsgefahr meint eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie Beweismittel beeinflusst und dadurch die Aufklärung der Tat erschwert, z.B. indem sie Zeugen bedroht oder belastende Urkunden vernichtet.
  • Auch die Gefahr, dass die Person weitere Straftaten begeht, ist ein Haftgrund (§ 112a StPO).

Die Untersuchungshaft muss schließlich stets verhältnismäßig sein. Sie wird in der Regel trotz Vorliegens der übrigen Voraussetzungen nicht angeordnet, wenn nur eine geringfügige Straftat begangen worden ist, für die nur eine niedrige Geldstrafe zu erwarten ist. Nach der Begehung einer Straftat ist die Anordnung von Untersuchungshaft also keineswegs der Regelfall. Sie darf - auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - nur in streng begrenzten Ausnahmefällen verhängt werden.

Wer ordnet die Untersuchungshaft an?

Bis zur Anklageerhebung ist der Ermittlungsrichter bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Tat begangen wurde oder die beschuldigte Person sich aufhält.

Nach Erhebung der Anklage ist das Gericht zuständig, vor dem das Strafverfahren stattfindet (§ 125 StPO).

Wie wird Untersuchungshaft angeordnet?

In der Regel wird der Erlass eines Haftbefehls von der Staatsanwaltschaft beantragt. Die Anordnung der Haft erfolgt durch einen Beschluss des Gerichts. Dieser Beschluss heißt Haftbefehl (§ 114 StPO). Der Haftbefehl wird der beschuldigten Person nach ihrer Festnahme vom Gericht verkündet. In diesem Termin erhält sie u.a. Gelegenheit, sich zum Tatvorwurf zu äußern und die Erhebung von Beweisen, z.B. die Vernehmung von Entlastungszeugen, zu beantragen. Außerdem kann sie einen Rechtsanwalt als Verteidiger hinzuziehen (§§ 114b, 115, 136 StPO). Häufig kommt es vor, dass die beschuldigte Person diese Möglichkeiten schon vor Erlass des Haftbefehls erhält, nachdem sie vorläufig festgenommen worden ist und die Staatsanwaltschaft den Erlass eines Haftbefehls beantragt hat. Das Gericht entscheidet dann erst nach der Vernehmung und ggf. weiterer Aufklärung durch Beweiserhebungen über den Erlass des Haftbefehls.

Wie lange dauert die Untersuchungshaft?

Die Untersuchungshaft kann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens dauern. Sie kann dann unmittelbar in Strafhaft übergehen. Die Zeit der Untersuchungshaft wird auf die verhängte Strafe angerechnet (§ 51 StGB). Ist also z.B. eine Freiheitsstrafe von vier Jahren verhängt worden und hat die verurteilte Person schon sechs Monate Untersuchungshaft verbüßt, so dauert die Freiheitsstrafe noch drei Jahre und sechs Monate. Die Untersuchungshaft muss aber keineswegs bis zum Abschluss des Verfahrens dauern. Fallen der Haftgrund oder der dringende Tatverdacht weg, ist der Haftbefehl aufzuheben (§ 120 StPO).

Die Untersuchungshaft soll grundsätzlich die Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Ist nach Ablauf dieser Zeit noch nicht mit der Hauptverhandlung begonnen worden, so prüft das Oberlandesgericht, ob die Haft ausnahmsweise wegen der besonderen Schwierigkeit, des Umfangs der Ermittlungen oder aus einem anderen wichtigen Grund fortdauern darf (§ 121 Abs. 1 StPO). Liegen solche Gründe nicht vor, hebt das Oberlandesgericht den Haftbefehl auf. Solche Entscheidungen sorgen, wenn es um den Vorwurf schwerer Straftaten geht, oftmals für ein großes mediales Aufsehen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts bedeutet dabei aber keinesfalls, dass die Tat nicht oder auch nur milder bestraft wird.

Schließlich gibt es auch die Möglichkeit, dass ein Gericht den Vollzug des Haftbefehls aussetzt (§ 116 StPO). Der Haftbefehl bleibt dann bestehen, die beschuldigte Person wird aber von der Haft „verschont“. Um eine Flucht zu verhindern, wird sie z.B. angewiesen, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden, ihren Personalausweis abzugeben oder eine Sicherheit („Kaution“) zu leisten. Kommt die Person Anweisungen nicht nach, so wird der Vollzug des Haftbefehls angeordnet und sie muss (wieder) in Haft.

Wie wird die Untersuchungshaft vollzogen?

Die Untersuchungshaft wird in Justizvollzugsanstalten (Gefängnissen) vollstreckt. Die Untersuchungsgefangenen werden dabei von den Strafgefangenen getrennt untergebracht. Meist gelten für sie besondere Einschränkungen, z.B. können ihre Post kontrolliert und Besuche und Telefonate überwacht werden. Solche Einschränkungen werden vom Gericht angeordnet (§ 119 StPO).

Können Untersuchungsgefangene gegen einen Haftbefehl vorgehen?

Gegen den Haftbefehl kann Beschwerde eingelegt werden (§ 304 StPO). Es entscheidet dann das nächst höhere Gericht – also das Landgericht, wenn der Haftbefehl vom Amtsgericht erlassen wurde, und das Oberlandesgericht, wenn er vom Landgericht stammt – darüber, ob die Untersuchungshaft zu Recht vollstreckt wird. Außerdem kann die inhaftierte Person eine Haftprüfung beantragen (§ 117 StPO). In diesem Fall hat das Gericht, das den Haftbefehl erlassen hat, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

Informationen zu Bewährungsstrafen

Was bedeutet "Verurteilung auf Bewährung"?

Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe kann unter bestimmten Voraussetzungen zur Bewährung ausgesetzt werden (§§ 56 ff. StGB). Die Folge ist, dass der Verurteilte die Strafe nicht antreten (also nicht ins Gefängnis) muss, sondern sich über einen  bestimmten Zeitraum – der deutlich länger ist als die eigentliche Freiheitsstrafe –  bewähren muss. Er darf also keine neuen Straftaten begehen, muss die ihm in der Regel erteilten Weisungen (z.B. Nachweis der Drogenfreiheit, Kontakt zu einer Drogenberatungsstelle) und Auflagen (z.B. Zahlung einer Schadenswidergutmachung) erfüllen, den Kontakt zu einem Bewährungshelfer halten und dadurch zeigen, dass er in der Lage ist, ein straffreies Leben zu führen.

Wann wird eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt?

  • Eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr wird zur Bewährung ausgesetzt, wenn dem Verurteilten eine günstige Sozialprognose gestellt werden kann. Dies ist der Fall, wenn zu erwarten ist, dass er sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Vollstreckung der Strafe keine neuen Straftaten begehen wird. Das Gericht wird dies insbesondere dann annehmen, wenn der Verurteilte über feste soziale Bindungen (Familie, geregelte Arbeit, geregelte Wohnsituation u. ä.) verfügt, kein Wiederholungstäter ist und im Prozess gezeigt hat, dass er die Straftat und deren Folgen bedauert.
  • Eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren kann ausnahmsweise bei einer günstigen Sozialprognose und Vorliegen besonderer Umstände, die sich aus der Tat und/oder der Persönlichkeit des Verurteilten ergeben, zur Bewährung ausgesetzt werden. Dies kann der Fall sein, wenn der Verurteilte schon einige Zeit in Untersuchungshaft gewesen ist, sich in besonderem Maße um eine Schadenswiedergutmachung bemüht hat oder seine Lebensverhältnisse erkennbar – im Unterschied zur Zeit der Straftat – stabilisiert hat.
  • Eine Freiheitsstrafe über zwei Jahren kann nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.

Kann eine Bewährung widerrufen werden?

Eine Strafaussetzung zur Bewährung kann widerrufen werden, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit erneut straffällig wird, sich an Weisungen und/oder Auflagen nicht hält, untertaucht oder den Kontakt zum Bewährungshelfer abbricht.

Wird die Bewährung widerrufen, muss der Verurteilte die gegen ihn verhängte Strafe antreten, er muss also ins Gefängnis.

Was passiert nach dem Ende der Bewährungszeit?

Hat der Verurteilte die Bewährungszeit durchstanden, ohne erneut straffällig zu werden und hat er sich an alle Auflagen und Weisungen gehalten, so wird die Strafe erlassen.  Allerdings kann es auch nach dem Ablauf der Bewährungszeit noch zu einem Widerruf kommen, z.B. wenn der Verurteilte in den Verdacht gerät, während der Bewährungszeit eine Straftat begangen zu haben. In diesen Fällen stellt das Gericht die Entscheidung über den Erlass der Strafe bis zum Abschluss des Strafverfahrens zurück. Eine einmal erlassene Strafe kann nachträglich grundsätzlich nicht mehr widerrufen werden.

Informationen zur Sicherungsverwahrung

Was versteht man unter "Sicherungsverwahrung"?

Die Sicherungsverwahrung ist eine freiheitsentziehende „Maßregel der Besserung und Sicherung“ und in den §§ 66 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt.

Bei der Sicherungsverwahrung werden besonders gefährliche Straftäter nach Verbüßung ihrer Strafe nicht in Freiheit entlassen, sondern zum Schutz der Allgemeinheit weiterhin untergebracht. Die Sicherungsverwahrung kann bei Erwachsenen im Urteil verhängt oder vorbehalten werden. In seltenen Fällen kann die Sicherungsverwahrung auch nachträglich angeordnet werden. Bei jugendlichen und heranwachsenden Straftätern sieht das Jugendgerichtsgesetz (JGG) in § 7 JGG besondere Voraussetzungen für den Vorbehalt und die Anordnung von Sicherungsverwahrung vor.

In der Regel wird die Sicherungsverwahrung in allgemeinen Justizvollzugsanstalten vollzogen. Da die Strafe mit Eintritt in die Sicherungsverwahrung aber bereits verbüßt ist und die Sicherungsverwahrung nicht an die Schuld des Täters anknüpft, sondern an dessen Gefährlichkeit, muss sich für die Betroffenen die Sicherungsverwahrung vom normalen Strafvollzug unterscheiden. Sie ist vor diesem Hintergrund anders auszugestalten als die Strafhaft.

Wann wird Sicherungsverwahrung angeordnet?

Die Grundvoraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung enthält § 66 StGB. Es gibt sehr unterschiedliche Voraussetzungen für die Anordnung. Immer bedarf es der Gefahr, dass der Täter auch in Zukunft schwere Straftaten begehen wird.

Der „klassische“ Anwendungsfall ist in § 66 Abs. 1 StGB geregelt. Danach wird Sicherungsverwahrung angeordnet, wenn:

  • Der Täter in der Vergangenheit bereits zweimal wegen einer im Gesetz konkret aufgezählten Straftat, z.B. einer schweren Gewalttat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
  • wegen dieser Taten mindestens zwei Jahre Haft verbüßt hat und
  • als Gefahr für die Allgemeinheit anzusehen ist.

Da die Sicherungsverwahrung immer nach Verbüßung der Strafe vollzogen wird und deshalb zwischen ihrer Anordnung und dem Vollzug unter Umständen viele Jahre liegen können, prüft das Gericht vor dem Ende der Haftstrafe, ob die angeordnete Sicherungsverwahrung zur Bewährung ausgesetzt werden kann oder doch zu vollstrecken ist. Dies hängt von der prognostischen Einschätzung ab, wie gefährlich der verurteilte Straftäter noch ist.

Wie lange dauert die Sicherungsverwahrung?

Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist grundsätzlich unbefristet. Mindestens einmal im Jahr überprüft das Gericht aber die Entscheidung und muss sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Gefährlichkeit des Sicherungsverwahrten fortbesteht. Wird diese Frage verneint, setzt das Gericht die Sicherungsverwahrung zur Bewährung aus. Wenn dann in einem Zeitraum von in der Regel fünf Jahren kein Widerruf der Entscheidung erfolgt, gilt die Sicherungsverwahrung endgültig als erledigt. Andernfalls beginnt die Überprüfungsfrist von neuem.

Nach zehn Jahren erklärt das Gericht die Sicherungsverwahrung grundsätzlich für erledigt, es sei denn, es besteht die Gefahr fort, dass der Sicherungsverwahrte erhebliche Straftaten begehen wird, durch die die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

Informationen zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

Was ist eine Unterbringung - und wann wird sie angeordnet?

Neben oder anstelle einer Strafe kann das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen, § 63 StGB. Es handelt sich um eine sogenannte Maßregel der Besserung und Sicherung.

Erforderlich ist zunächst, dass der Täter (sehr viel seltener: die Täterin) die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldunfähigkeit begangen hat.

Weiterhin muss zu erwarten sein, dass vom Täter infolge seiner psychischen Erkrankung für die Allgemeinheit gefährlich ist, weil von ihm weitere erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch die die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt werden oder ein schwerer wirtschaftlicher Schaden entsteht. Häufig wird die Unterbringung angeordnet, wenn schwerwiegende Gewalt-, Sexual- oder Brandstiftungsdelikte zu erwarten sind.

Die Unterbringung erfordert also zum einen die Diagnose einer psychischen Krankheit und zum anderen eine Prognose, ob schwerwiegende Straftaten aufgrund der diagnostizierten Erkrankung zu erwarten sind. Hierfür muss das Gericht ein (psychiatrisches) Sachverständigengutachten einholen, § 246a Abs. 1 StPO.

War der Täter aufgrund seiner Krankheit schuldunfähig, kann nur die Unterbringung angeordnet und keine Strafe verhängt werden. Gegebenenfalls erfolgt die Unterbringung neben einem Freispruch. War er vermindert schuldfähig, wird eine Strafe verhängt und daneben die Unterbringung angeordnet.

Was ist der Zweck einer Unterbringung?

Die Unterbringung dient zum einen dem Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern - die Krankenhäuser sind besonders gesichert und ähneln Gefängnissen. Zum anderen hat sie zum Ziel, die untergebrachte Person erfolgreich zu behandeln. Der oder die Untergebrachte erhält während der Unterbringung in der Regel eine psychiatrische Behandlung. Hinzukommen psychotherapeutische und ergotherapeutische Angebote.

Wie lange dauert eine Unterbringung?

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist wie diejenige in der Sicherungsverwahrung unbefristet. Im Jahr 2019 wurden die Unterbringungen nach § 63 StGB im Durchschnitt nach etwa achteinhalb Jahren beendet.

Nach Beginn der Vollstreckung überprüft das Gericht (eine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts) in jährlichem Abstand, ob die Voraussetzungen der Unterbringung noch vorliegen, § 67e Abs. 2 StGB. Vor der Entscheidung holt es eine Stellungnahme des Krankenhauses ein. Außerdem hört es die untergebrachte Person persönlich an. In regelmäßigen Abständen (zunächst alle drei, nach längerer Unterbringung alle zwei Jahre) holt das Gericht zu der Frage, ob die untergebrachte Person noch krankheitsbedingt gefährlich für die Allgemeinheit ist, ein psychiatrisches Sachverständigengutachten ein, § 463 Abs. 4 StPO.

Die Zeit des Vollzugs der Unterbringung wird auf eine zugleich verhängte Strafe bis zur Dauer von zwei Dritteln der Strafe angerechnet, § 67 Abs. 4 StGB. Wird die Unterbringung für erledigt erklärt, weil die untergebrachte Person nicht mehr gefährlich ist, wird in der Regel die Vollstreckung des restlichen Drittels der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

Informationen zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

Wann wird eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet?

Wann wird eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet?

Neben oder anstelle einer Strafe kann das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, § 64 StGB. Es handelt sich um eine sogenannte Maßregel der Besserung und Sicherung.

Die Unterbringung in der Entziehungsanstalt soll angeordnet werden, wenn bei der oder dem Angeklagten ein Hang besteht, Alkohol oder Drogen im Übermaß zu sich zu nehmen, er oder sie infolge dieses Hanges die angeklagte Tat begangen hat und die Gefahr besteht, dass er oder sie infolge des Hanges weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Unterbringung wird nur angeordnet, wenn die Aussicht einer erfolgreichen Behandlung des oder der Angeklagten innerhalb von zwei Jahren besteht.

War der oder die Angeklagte bei Begehung der Tat - rauschbedingt – schuldunfähig, kann keine Strafe verhängt werden. In den meisten Fällen liegt indes allenfalls eine verminderte Schuldfähigkeit vor. Dann erfolgt die Anordnung der Unterbringung neben der Verhängung einer Strafe.

Häufig wird die Unterbringung in Fällen angeordnet, in denen Angeklagte unter Alkoholeinfluss immer wieder gewalttätig werden. Auch Fälle von Betäubungsmittelhandel oder Vermögensdelikten zur Finanzierung der eigenen Drogensucht sind ein „klassischer“ Anwendungsbereich des § 64 StGB.

Was ist der Zweck der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt?

Die Unterbringung ist in erster Linie eine Maßregel der Besserung, d.h. sie zielt darauf ab, die in der Regel bestehende Suchterkrankung der untergebrachten Person erfolgreich zu behandeln. Die Maßregel hat aber auch sichernden Charakter. Es handelt sich um eine geschlossene Unterbringung.

Wie lange dauert die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt?

Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist anders als diejenige in der Sicherungsverwahrung oder einem psychiatrischen Krankenhaus zeitlich begrenzt. Die Höchstdauer beträgt zwei Jahre, § 67d Abs. 1 S. 1 StGB. Das Gericht (eine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts) überprüft im Abstand von sechs Monaten, ob die Unterbringung fortzudauern hat, § 67e Abs. 2 StGB.

Die Unterbringung wird grundsätzlich vor einer zugleich verhängten Strafe vollstreckt. Die Zeit des Vollzugs wird auf die Strafe (bis zwei Drittel erreicht sind) angerechnet, § 67 Abs. 4 StGB. Das Gericht soll anordnen, dass bei einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren ein Teil der Strafe vor der Unterbringung zu vollziehen ist, damit im Falle eines Therapieerfolgs im Anschluss an die Unterbringung die Vollstreckung der restlichen Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann, § 67 Abs. 1 u. 2 StGB.

Ist absehbar, dass der beabsichtigte Erfolg nicht mehr eintreten wird, erklärt das Gericht die Unterbringung für erledigt. In diesem Fall wird die restliche Strafe in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen.

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