20 StGB bestimmt, dass eine Person dann schuldlos handelt, wenn sie wegen
- einer krankhaften seelischen Störung
- einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung
- einer Intelligenzminderung oder wegen
- einer schweren anderen seelischen Störung
unfähig ist,
- das Unrecht der Tat einzusehen oder
- nach dieser Einsicht zu handeln.
Es ist also stets eine zweistufige Prüfung erforderlich. Zunächst ist festzustellen, ob bei der oder dem Angeklagten zur Zeit der Tat ein ihn oder sie beeinträchtigender von der Norm abweichender psychischer Zustand vorlag. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine Wahnerkrankung (krankhafte seelische Störung), eine Persönlichkeitsstörung (schwere andere seelische Störung) oder einen Affekt (tiefgreifende Bewusstseinsstörung) handeln. Unter den Begriff der krankhaften seelischen Störung fallen auch erhebliche alkohol- oder drogenbedingte Rauschzustände bei Tatbegehung.
Steht eine solche Beeinträchtigung des oder der Angeklagten zur Tatzeit fest, schließt sich auf zweiter Stufe die Prüfung an, ob sie oder er hierdurch keine Unrechtseinsicht mehr hatte, also nicht mehr wusste, dass die Handlung verboten ist. Dies ist häufig bei Menschen der Fall, die eine Tat in einem akuten Wahn – etwa aufgrund einer Schizophrenie – begehen und deswegen gleichsam „jenseits von Gut und Böse“ sind.
War die grundsätzliche Unrechtseinsicht vorhanden, ist die Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln, die sogenannte Steuerungsfähigkeit, zu prüfen. So wird zum Beispiel auch eine sehr betrunkene Person noch wissen, dass man nicht stehlen darf. Möglicherweise ist sie indes aufgrund des Rausches so enthemmt, dass sie dem Impuls hierzu nicht widerstehen kann.
Bei aufgehobener Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ist die angeklagte Person freizusprechen. Unter Umständen kommt gleichwohl ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt in Betracht.