Sie haben eine Ladung als Zeugin bzw. Zeuge erhalten und sollen in einem Zivilprozess oder in einem Strafprozess als solche/r aussagen. Vielleicht werden Ihre Fragen schon durch die der Ladung beigefügten Hinweise ausreichend beantwortet. Anderenfalls setzen Sie sich bitte telefonisch mit dem Gericht, das Sie geladen hat, in Verbindung. Die Telefonnummer können Sie der Ladung entnehmen.
Für einen ersten Überblick darüber, was Sie als Zeugin bzw. Zeuge vor Gericht erwartet, stellen wir Ihnen hier einen kurzen Informationsfilm bereit. Bitte beachten Sie, dass es Ausnahmen im Ablauf geben kann, insbesondere bei nicht-öffentlichen Sitzungen.
Möglicherweise helfen Ihnen auch die Antworten auf folgende häufig gestellte Fragen weiter:
Muss ich vor Gericht erscheinen?
Als Zeuge erfüllen Sie eine wichtige staatsbürgerliche Pflicht. Nach dem Gesetz sind Sie als Zeuge verpflichtet, vor Gericht zu erscheinen. Dieser Pflicht können Sie sich nicht entziehen.
Auch wenn Sie meinen, nichts oder nur Unwesentliches zu dem Vorfall aussagen zu können, stellt dies keinen hinreichenden Grund dar, die Ladung nicht zu befolgen. Allerdings sollten Sie sich sogleich schriftlich unter Schilderung des Sachverhalts an das Gericht wenden, wenn Sie tatsächlich keine Angaben zu dem mitgeteilten Beweisthema machen können. Dadurch geben Sie dem Gericht Gelegenheit, Ihre Abladung zu prüfen. Haben Sie früher bereits zu dem Vorfall ausgesagt, etwa vor der Polizei oder vor dem Gericht erster Instanz, und erhalten Sie gleichwohl erneut eine gerichtliche Vorladung, so müssen Sie erscheinen, weil das Gericht Ihre (erneute) unmittelbare Vernehmung für notwendig erachtet oder weil das Gesetz diese gebietet.
Nimmt eine Zeugin oder ein Zeuge ohne genügende Entschuldigung den Termin nicht wahr, ergeben sich daraus einschneidende Konsequenzen: Zum einen hat das Gericht der Zeugin bzw. dem Zeugen die durch das Fernbleiben entstehenden Kosten, die z.B. bei Beteiligung von Anwälten und Sachverständigen beträchtlich sein können, aufzuerlegen. Zum anderen hat die Zeugin bzw. der Zeuge mit einem Ordnungsgeld und, wenn dieses nicht gezahlt wird, mit der Verhängung von Ordnungshaft zu rechnen. Auch ist die zwangsweise Vorführung von Zeugen ist gesetzlich vorgesehen.
Nur wenn ein schwerwiegender Verhinderungsgrund vorliegt, etwa eine ernsthafte Erkrankung oder ein gebuchter Auslandsaufenthalt, muss eine Zeugin bzw. ein Zeuge nicht zum Termin erscheinen. Davon unterrichten Sie aber bitte das Gericht umgehend und wenn möglich schriftlich, ggf. unter Beifügung der Buchungsunterlagen bzw. einer ärztlichen Bescheinigung, aus der hervorgeht, dass Sie nicht verhandlungs- und/oder reisefähig sind. Der "gelbe Schein" reicht zur Glaubhaftmachung Ihrer Verhinderung grundsätzlich nicht aus, weil er in der Regel nur die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Es kann im Einzelfall auch angezeigt sein, dem Gericht gegenüber die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt schriftlich von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden und deren/dessen Name, Anschrift und Telefonnummer mitzuteilen, um klärende Rückfragen durch das Gericht zu ermöglichen.
Reicht die Zeit nicht für eine Mitteilung auf dem Postwege aus, setzen Sie sich bitte mit dem Gericht durch Fax-Schreiben oder zumindest telefonisch - unter der auf der Ladung angegebenen Nummer - in Verbindung. Bis zum Erhalt einer Nachricht des Gerichts gilt die Ladung in vollem Umfange weiter.
Trotz der Unannehmlichkeiten, die eine Vorladung als Zeugin bzw. Zeuge mit sich bringen kann, bedenken Sie bitte, dass auch Sie in eine Situation geraten könnten, in der Sie dankbar sind, wenn Zeugen zur Verfügung stehen.
Falls es vor Ihrer Vernehmung zu Wartezeiten kommt, z.B. weil die Vernehmung zuvor geladener Zeugen unerwartet lange dauert, bitten wir Sie um Geduld und Verständnis dafür, dass dies bei der Vorbereitung des Termins manchmal nicht besser geplant werden kann. Halten Sie sich bitte dennoch weitgehend vor dem Saal auf, da Sie nur dort den Ihnen geltenden Aufruf hören können und man Sie dort erwartet.
Muss ich vor Gericht aussagen?
Sie müssen vor Gericht erscheinen und haben grundsätzlich auch die Pflicht, auszusagen. Das Gericht ist oft auf Zeugenaussagen angewiesen, um zu einer richtigen Entscheidung gelangen zu können.
Von der Pflicht zur Aussage gibt es allerdings Ausnahmen. In bestimmten Fällen, die das Gesetz vorsieht und über die Sie ggf. durch das Gericht belehrt werden, steht Zeuginnen und Zeugen das Recht zu, die Aussage gänzlich zu verweigern - zum Beispiel als Ehegattin/Ehegatte einer Partei im Zivilprozess oder einer/eines Angeklagten im Strafprozess - oder die Beantwortung einzelner Fragen abzulehnen.
Wird die Zeugenaussage ohne gesetzlichen Grund verweigert, werden der Zeugin bzw. dem Zeugen die durch die Verweigerung verursachen Kosten auferlegt. Zugleich wird ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht gezahlt wird, Ordnungshaft festgesetzt. Auch kann zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet werden.
Ist die Zeugin bzw. der Zeuge in einem Strafverfahren Verletzte/r oder Geschädigte/r, ergeben sich für ihn unter Umständen weitergehende Rechte. Über Näheres hierzu informiert ein entsprechendes Merkblatt, welches der verletzten Person in der Regel bereits durch die Polizei ausgehändigt worden ist.
Muss ich unter Eid aussagen?
Sowohl im Strafprozess als auch im Zivilprozess ist die Vereidigung einer Zeugin bzw. eines Zeugen vor allem zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage vorgesehen, im Strafprozess ist die Vereidigung sogar die gesetzliche Regel.
Unter bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen muss oder kann das Gericht nach seinem Ermessen von der Vereidigung absehen. Im Strafprozess beispielsweise sieht das Gericht nicht selten von der Vereidigung ab, wenn Staatsanwaltschaft, Verteidigung und die oder der Angeklagte darauf verzichten. Im Zivilprozess ist die Vereidigung von Zeuginnen und Zeugen eher die Ausnahme.
Hat die Zeugin bzw. der Zeuge ihre bzw. seine Aussage zu beschwören und wird die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigert, so werden der Zeugin bzw. dem Zeugen die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen sie oder ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt. Ferner kann zur Erzwingung der Aussage die Haft angeordnet werden.
Was erwartet das Gericht von mir?
Richterinnen und Richter haben in der Regel über Geschehnisse zu urteilen, an denen sie selbst nicht teilgenommen haben. Sie sind deshalb oft auf Beweismittel angewiesen, um sich ein zutreffendes Bild von dem zur Debatte stehenden Sachverhalt zu machen. Ein wichtiges Beweismittel ist der Zeugenbeweis.
Als Zeugin bzw. Zeuge sagen Sie zu einem tatsächlichen Geschehen aus, von dem Sie durch eigenes Erleben oder durch die Berichte anderer erfahren haben. Schildern Sie dem Gericht, woran Sie sich noch konkret erinnern, und machen Sie deutlich, wenn und inwieweit Ihre Erinnerung mit Unsicherheiten behaftet ist. Beschränken Sie sich bei Ihrer Aussage immer auf das, was Sie selbst gesehen, gehört oder auf andere Weise wahrgenommen haben. Ein Hauptgrund für Missverständnisse und letztlich unzutreffende Zeugenaussagen ist sehr häufig, dass Zeugen Lücken in ihrer Wahrnehmung durch eigene Wertungen, Schlussfolgerungen und Hypothesen ausfüllen, ohne dass dies dem Gericht gegenüber deutlich gemacht wird. Es ist Aufgabe des Gerichts und nicht der Zeugin bzw. des Zeugen, aus den wahrgenommenen Fakten Rückschlüsse zu ziehen.
Jeder Mensch und somit auch Zeuginnen und Zeugen steht in der Gefahr, einer Täuschung oder einem Irrtum zu erliegen. Sie können diese Gefahr erheblich mindern, wenn Sie sich bei ihrer Aussage jeglicher Wertung enthalten und sich strikt auf die von Ihnen wahrgenommenen Tatsachen beschränken. Wenn Sie über Aufzeichnungen oder andere Unterlagen zu dem Vorfall verfügen, dann stellen Sie die Unterlagen vor dem Termin zusammen und bringen Sie sie zum Termin mit. Das Gericht erwartet nicht von Ihnen, ohne Rückgriff auf solche Unterlagen den Vorfall darzustellen. Im Gegenteil: Eine sorgfältige Vorbereitung auf den Termin erleichtert Ihnen und dem Gericht die Vernehmung.
Für verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger ist es eine Selbstverständlichkeit, vor Gericht die Wahrheit zu sagen. Sollte der Zeugin bzw. dem Zeugen aus vom Gesetz vorgesehenen Gründen eine wahrheitsgemäße Aussage nicht abzuverlangen oder zuzumuten sein, so wird sie/er über ihr/sein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht vom Gericht eingehend belehrt. Macht sie/er von dem Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht dann keinen Gebrauch, steht sie/er wie jede/r andere Zeugin/Zeuge auch in der vollen Wahrheitspflicht.
Weil es von der Aussage einer Zeugin bzw. Zeuge Zeugen entscheidend abhängen kann, ob das vom Gericht gefällte Urteil richtig oder falsch wird und weil ein falsches Urteil verhindert werden muss, knüpft das Gesetz an Falschaussagen erhebliche Strafen.
Für eine vorsätzliche eidliche Falschaussage, den Meineid, sieht das Gesetz eine Strafandrohung von 1 Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe vor. Ebenfalls mit einer empfindlichen Bestrafung müssen Zeuginnen und Zeugen rechnen, die sich bei der Aussage nicht hinreichende Mühe geben und dann unter Eid fahrlässig falsche Angaben machen. Von der Wahrheitspflicht werden auch Ihre Angaben zur Person erfasst, und bedenken Sie bitte, dass Sie auch dann der Wahrheitspflicht unterliegen, wenn Sie über Ereignisse berichten, die Ihnen nicht wesentlich erscheinen. Aber auch wenn Sie nicht schwören müssen, unterliegen Sie der Wahrheitspflicht. Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu 5 Jahren wird bestraft, wer nicht vereidigt wird und vorsätzlich die Unwahrheit sagt.
Über die Folgen werden Sie vom Gericht zu Beginn Ihrer Vernehmung belehrt. Dies geschieht nicht, weil das Gericht Zeuginnen und Zeugen misstraut, sondern weil das Gesetz diese Belehrung zwingend vorsieht, um eine mögliche Falschaussage zu verhindern und Zeuginnen und Zeugen vor den Konsequenzen einer solchen zu bewahren.
Pflichten des Gerichts gegenüber Zeugen
Das Gericht ist Zeuginnen und Zeugen gegenüber zur Fürsorge verpflichtet. Zeuginnen und Zeugen müssen ggf. vor einer Lebens- oder Leibesgefahr, in die sie durch seine Aussage geraten könnten, geschützt werden, was ggf. durch entsprechende Zeugenschutzprogramme geschieht. Eine Gefahrenlage, in die Zeuginnen und Zeugen durch eine wahrheitsgemäße Aussage geraten könnten, darf nicht durch die Anwendung von Zwangsmaßnahmen verschärft werden.
Zeuginnen und Zeugen sind, wenn es die faire Verfahrensgestaltung gebietet, insbesondere wenn ein besonderes Interesse des Zeugen am Schutz seines Persönlichkeits-, Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechts in Frage steht, berechtigt, einen Rechtsbeistand zu ihrer Vernehmung hinzuzuziehen. Dies gilt auch für durch eine Straftat verletzte Zeuginnen und Zeugen. Diesen kann auf Antrag bei der Vernehmung die Anwesenheit einer Vertrauensperson gestattet werden. Zeuginnen und Zeugen, die keinen anwaltlichen Beistand hatben, kann im Strafverfahren für die Dauer derVernehmung unter bestimmten sehr engen Voraussetzungen ein anwaltlicher Beistand beigeordnet werden, wenn ersichtlich ist, dass die Zeuginnen und Zeugen ihre Befugnisse bei der Vernehmung nicht selbst wahrnehmen können und ihren schutzwürdigen Interessen auf andere Weise nicht Rechnung zu tragen ist.
Zeuginnen und Zeugen haben einen Anspruch auf angemessene Behandlung und auf Wahrung des Ehrenschutzes. Sie dürfen nicht zum bloßen Verfahrensobjekt gemacht werden, und in ihre Grundrechte darf nur eingegriffen werden, wenn und soweit das für die Wahrheitsfindung unerlässlich ist. Gewisse Unannehmlichkeiten, die mit der Bekundung der Wahrheit verbunden sind, müssen Zeuginnen und Zeugen andererseits aber auch hinnehmen.
Erstattung von Auslagen und Verdienstausfall
Grundsätzlich haben alle vom Gericht geladene Zeuginnen und Zeugen einen Anspruch auf Entschädigung, es sei denn, es ist durch seine Heranziehung ersichtlich kein Nachteil entstanden. Der Anspruch erlischt, wenn nicht innerhalb von drei Monaten ein entsprechender Antrag gestellt wird oder wenn die Zeugin bzw. der Zeuge auf Entschädigung verzichtet.
Der Verdienstausfall wird in Höhe von bis zu 25,00 Euro pro Stunde entschädigt. Für das Zeitversäumnis beträgt die Entschädigung 3,00 Euro pro Stunde. Personen, die nicht erwerbstätig sind und einen Haushalt für mehrere Personen führen, erhalten 17,00 Euro je Stunde. In den zuvor genannten Fällen wird je Tag für höchstens 10 Stunden eine Entschädigung gewährt.
Auslagen werden nur erstattet, wenn sie durch Belege nachgewiesen sind (z.B. Fahrkarten der benutzten öffentlichen Verkehrsmittel).Bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sollten alle Fahrpreisermäßigungen in Anspruch genommen werden. Bei der Anreise mit dem Kraftfahrzeug werden für jeden angefangenen Kilometer des Hin- und Rückweges 0,35 Euro zuzüglich entstandener und nachgewiesener Parkgebühren erstattet. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auf ausdrücklichen Antrag eine Bahnfahrkarte zur Verfügung gestellt werden.