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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht und Sozialgerichte : Thema: Gerichte & Justizbehörden

SGB II-Leistungen – Heizkosten müssen nachgewiesen werden

Letzte Aktualisierung: 27.09.2019

Urteil LSG AZ: L 3 AS 66  (PDF, 314KB, Datei ist barrierefrei)

Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II umfassen auch Heizkosten, soweit sie tatsächlich entstehen und der Höhe nach angemessen sind. Auch Kosten, die entstehen, um sich selbst im Wald mit Holz zu versorgen, können übernommen werden. Ganz ohne Nachweise über die hierbei entstehenden Kosten geht das aber nicht.

DER FALL

Ein Mann lebt allein in seinem etwas älteren kleinen Häuschen. Beheizt wird das Haus durch einen Holzvergaserkessel. Auch Wasser wird hierüber erwärmt. Seit vielen Jahren schon versorgt sich der Mann selbst mit Holz, indem er im Wald das Holz selber schlägt, zersägt und mit seinem Roller und der Hilfe eines Freundes mit einem Auto nach Hause transportiert. Auf seinem Grundstück lagert er das Holz ein und lässt es 3 Jahre lang trocknen, bis er es verwenden kann.

Kosten entstehen dem Mann einerseits für den Betriebsstrom seines Heizkessels, andererseits in Form von Benzin für die Fahrten in den Wald und den Betrieb der Säge. Nach seinen Angaben ist er im Jahr 2016 mit seinem Roller insgesamt 41 Mal in den Wald gefahren. Pro Strecke sind das etwa 42 km. Weitere Fahrten hat er mit dem PKW seines Freundes unternommen. 1.682,80 € möchte er für die Fahrten mit seinem Roller haben, 453,59 € habe er seinem Freund für die Autofahrten gegeben. Diese Kosten hatte der Mann selbst berechnet, indem er über die Anzahl der Fahrten die gefahrenen Kilometer berechnet und pro Kilometer 20 Cent als Pauschale angesetzt hatte.

Das Jobcenter ist bereit, ihm Leistungen für die entstandenen Kosten des Holzmachens zu gewähren. Es verlangt aber Nachweise darüber, dass der Mann die Kosten tatsächlich aufgewendet hat. Diese kann oder möchte der Mann nicht erbringen. Den Namen seines Freundes, der ihm beim Transport des Holzes geholfen hat, möchte er nicht offenlegen.

Er wendet sich an das Sozialgericht Schleswig, um die Heizkosten für das Jahr 2016 einzuklagen.

DIE ENTSCHEIDUNG

Das Jobcenter erkannte im Klageverfahren die Kosten für den Betriebsstrom der Heizungsanlage an. Das waren 75 € für das Jahr 2016. Im Übrigen wies das Sozialgericht die Klage ab. Auch das Sozialgericht war der Auffassung, dass der Kläger in irgendeiner Weise die entstandenen Kosten hätte belegen müssen. Beispielhaft nannte es die Möglichkeit, ein Fahrtenbuch zu führen, Tankquittungen zu sammeln, Kaufbelege oder Barquittungen vorzulegen. Auch Zeugen hätte er benennen können. Dafür hätte er aber die Namen der Freunde angeben müssen, die ihm geholfen haben.

Dagegen ging der Kläger in Berufung vor dem Landessozialgericht. Dieses teilte die Auffassung des Sozialgerichts: Ohne Belege kein Geld. Es sah aber noch ein weiteres Problem. Das Holz, dass der Kläger im Jahr 2016 besorgt hat, wollte er nach der Trocknung erst im Jahr 2019 verfeuern. Es sollte also gar nicht den aktuellen Bedarf des Klägers decken. Zwar könnten grundsätzlich auch die Kosten für eine Bevorratung mit Heizmaterial übernommen werden. Dabei seien aber vom Bundessozialgericht bislang Zeiträume von 6 bis 12 Monaten in den Blick genommen worden. Außerdem komme das nur in Betracht, wenn auch hinreichend wahrscheinlich sei, dass der Kläger in dem Zeitraum, in dem er das Holz tatsächlich für’s Heizen verwenden wolle, noch hilfebedürftig sei. Das sei im vorliegenden Fall aber nicht absehbar.

Das Landessozialgericht wies die Berufung durch Beschluss zurück, ohne die Sache mündlich zu verhandeln.

DAS RECHT

Der Anspruch auf Leistungen für Heizkosten ergibt sich aus § 22 Abs. 1 SGB II. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Heizkosten tatsächlich entstehen und dass sie der Höhe nach angemessen sind.

Im Vordergrund stand hier nicht die Bewertung, ob die Heizkosten angemessen waren (auch das wäre bei ca. 2.100 € für einen 1-Personen-Haushalt wohl zweifelhaft gewesen). Das Jobcenter hatte dem Kläger bereits nicht geglaubt, dass ihm die geltend gemachten Kosten überhaupt entstanden waren. Der Kläger hatte die Kosten über eine Kilometerpauschale berechnet. Er hätte aber stattdessen nur die wirklich aufgewendeten Kosten erhalten können. Dafür hätte er Belege sammeln und vorlegen müssen.

Wenn jemand geltend macht, dass er Geld einem Freund oder Bekannten gegeben hat, um dessen Aufwendungen abzugelten, ist es grundsätzlich zumutbar, wenn die Behörde oder das Gericht verlangt, dass der Name und die Anschrift dieser dritten Person benannt werden, damit z.B über eine Zeugenvernehmung überprüft werden kann, ob die Angaben stimmen. Ebenso kann der Freund auch selbst einen schriftlichen Beleg über das erhaltene Geld ausstellen und evtl. eine eidesstattliche Versicherung hierüber abgeben.

Da es insbesondere bei Holz- oder Ölheizungen üblich und wirtschaftlich ist, den Brennstoff in größeren Mengen zu beschaffen und damit über Monate zu heizen, müssen grundsätzlich auch die Kosten für eine Bevorratung vom Jobcenter übernommen werden. Auf der anderen Seite ist aber zu beachten, dass nur der Bedarf vom Jobcenter zu übernehmen ist, der auch wirklich während des Leistungsbezuges anfällt. Kauft ein Hilfeempfänger z.B. jetzt im Jahr 2019 Holz und möchte es erst drei Jahre später verheizen, kann es gut sein, dass er bis dahin längst wieder eine Arbeit gefunden hat und im Jahr 2022 ohne Probleme selbst in der Lage wäre, die Kosten für sein Heizmaterial zu tragen. Dass es dann vermutlich teurer sein wird, bereits getrocknetes Holz zu kaufen, anstatt es rechtzeitig selbst zu schlagen und zu trocknen, rechtfertigt alleine noch nicht, dass die Kosten drei Jahre früher von der steuerzahlenden Gemeinschaft aufgebracht werden müssen.

Grundsätzlich entscheiden Gerichte erst, nachdem sie den Streitfall mündlich mit den Beteiligten verhandelt haben. Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen. Das Sozialgericht kann über eine Klage auch schriftlich durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache rechtlich nicht schwierig und der Sachverhalt klar ist. Hat das Sozialgericht nicht mündlich verhandelt, muss es nach Einlegung der Berufung spätestens das Landessozialgericht tun (es sei denn, die Beteiligten verzichten ausdrücklich darauf). Hat vor dem Sozialgericht aber eine mündliche Verhandlung stattgefunden, gibt es auch für das Landessozialgericht die Möglichkeit, auf eine erneute Verhandlung zu verzichten. Die drei Berufsrichter eines Senats können die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn sie sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Dies war hier der Fall.  

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