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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht und Sozialgerichte : Thema: Gerichte & Justizbehörden

Zu Kosten der Wartung eines Feuerlöschers bei Bezug von sog. Hartz IV-Leistungen (Grundsicherung für Arbeitsuchende)

Letzte Aktualisierung: 26.03.2020

Urteil SG Schleswig AZ: S 8 AS 176/18 (PDF, 362KB, Datei ist barrierefrei)

Blitze aus heiterem Himmel sind selten – und das ist auch gut so, stellen doch schon Blitze, die im Rahmen eines Gewitters auftreten, eine ernstzunehmende Gefahr für Leib und Leben, aber auch für Sachwerte wie z.B. das Eigenheim dar. Gleichwohl handelt es sich bei Blitzeinschlägen und auch bei Wohnungsbränden aus anderen Ursachen heraus für Hauseigentümer lediglich um abstrakte Gefahren in dem Sinne, dass zwar anlässlich eines Unwetters auch mal ein Blitz in das eigene Haus einschlagen oder das Gebäude aus einem anderen Grund wie z.B. der Selbstentzündung eines defekten Elektrogeräts in Brand geraten könnte, dass dies allerdings ganz und gar nicht sicher vorherzusagen oder gar zu erwarten ist. Dass diese Qualifizierung der Gefahr eines Wohnungsbrandes als lediglich abstrakte Gefahr auch sozialrechtliche Auswirkungen haben kann, zeigt der folgende Fall.

Der Fall

Die Klägerin bewohnt ein Eigenheim in Holzbauweise und bezieht von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), sog. „Hartz IV“. Sie beantragte bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten für die Wartung des von ihr in ihrem Haus vorgehaltenen Feuerlöschers Erstattung und anschließend – nachdem der Beklagte diesen Antrag mehrere Monate hindurch nicht beschieden hatte – die Erstattung der Kosten, die ihr mittlerweile in Höhe von 26,06 EUR für die Wartung und erneute Befüllung des Feuerlöschers entstanden waren. Der Beklagte sei zur Übernahme der Kosten verpflichtet, da es sich um einen notwendigen Erhaltungsaufwand für Besitzer von Holzhäusern handele. Die vorhandene Gasheizung bedeute eine gewisse Gefahrenquelle, zudem befürchte sie im Falle eines Brandes Ärger mit der Versicherung, wenn kein funktionsfähiger Feuerlöscher vorhanden sei. Der Beklagte lehnte den Antrag unter Verweis darauf ab, dass es sich bei den Kosten nicht um unabweisbare Aufwendungen handele, da die Befüllung des Feuerlöschers weder der Instandhaltung noch der Reparatur des Eigenheimes diene. Nach dem – für die Klägerin erfolglosen – Durchlaufen des Widerspruchsverfahrens erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Schleswig, mit der sie ihr Begehren nach Kostenerstattung weiterverfolgte. Zur Begründung führte sie vor dem Sozialgericht aus, dass ihr Holzhaus extrem feueranfällig sei. Ein funktionsfähiger Feuerlöscher sei daher zwingende Voraussetzung, um das Wohneigentum zu schützen. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Vermieter Wartungskosten für einen Feuerlöscher auf seine Mieter umlege und diese dann im Rahmen der Leistungen für die Kosten der Unterkunft im SGB II durch den Leistungsträger zu übernehmen seien oder ob diese Kosten direkt beim Wohneigentümer anfielen.

Die Entscheidung

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen, weil es sich bei den Kosten für die Wartung und Befüllung des Feuerlöschers zum einen nicht um im Rahmen der Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende berücksichtigungsfähige Unterkunftskosten handele und weil diese Kosten sich – zum anderen – auch nicht als unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum darstellten. Unterkunftskosten im Sinne des SGB II seien nur solche, die für den Leistungsempfänger unvermeidbar seien. Insoweit bestehe ein Unterschied zwischen Wohnungseigentümern, die im Rahmen der Gesetze das Entstehen von Kosten für ihr Eigenheim selbst in der Hand hätten, auf der einen Seite und Mietern, denen Wohnkosten auf mietvertraglicher Grundlage zur Last fielen, auf der anderen. Diese Unterscheidung werde gerade im vorliegenden Fall deutlich, da eine gesetzliche Verpflichtung zur Vorhaltung von Feuerlöschern auch für Eigentümer von Holzhäusern nicht bestehe. Daher könne die Klägerin als Hauseigentümerin die Entstehung von damit zusammenhängenden Kosten vermeiden. Würde die Klägerin hingegen als Mieterin in einer Immobilie wohnen, für welche der Vermieter einen Feuerlöscher vorhalte, könnten die diesbezüglichen Kosten mietvertraglich auf die Klägerin umgelegt werden – mit der Folge, dass die Kosten als Unterkunftskosten dem grundsicherungsrechtlichen Bedarf der Klägerin zuzurechnen wären. Eine Berücksichtigung der Kosten für die Wartung und Auffüllung des Feuerlöschers als Instandhaltungsaufwendungen scheitere daran, dass solche Aufwendungen nur dann vom Grundsicherungsträger zu übernehmen seien, wenn sie unabweisbar sind. Dies sei nur dann zu bejahen, wenn die Aufwendungen zeitlich besonders dringlich bzw. gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt absolut unerlässlich seien. Eine solche Dringlichkeit der Instandsetzung des Feuerlöschers könne im vorliegenden Fall aber nicht angenommen werden, da die Gefahr von Brandschäden am Haus der Klägerin lediglich als abstrakte Gefahr bestehe, sich aber nicht infolge einer akuten Notsituation alsbald realisieren würden.

Das Recht

Die wesentlichen Regelungen zu den grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarfen im Zusammenhang mit Kosten für Unterkunft und Heizung finden sich in dem sehr umfangreichen § 22 SGB II. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II bestimmt, dass auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum als Bedarf für die Unterkunft anerkannt werden, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Diesen Regelungen hatte auch die Prüfung des Sozialgerichts zu folgen: Zunächst war festzustellen, ob die von der Klägerin geltend gemachten Kosten als allgemeine Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II Berücksichtigung finden konnten. Sollte das verneint werden, war weiter zu prüfen, ob sich ein Anspruch auf Kostenerstattung für die Klägerin aus ihrer Stellung als Hauseigentümerin nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II ergab.

Das Sozialgericht verneinte in einem ersten Schritt die Anerkennung der Feuerlöscherkosten als Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Denn das Bundessozialgericht (BSG), dem das Sozialgericht hier folgte, hatte bereits wiederholt entschieden, dass es für die Frage, ob bestimmte mit dem Bewohnen einer Immobilie im Zusammenhang stehende Kosten als Kosten der Unterkunft anzuerkennen seien, entscheidend darauf ankommt, ob diese Kosten vermeidbar sind oder nicht. Nur im Falle ihrer Unvermeidbarkeit sind die Kosten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als Unterkunftskosten anzuerkennen. So hatte das BSG in einem Urteil vom 19. Februar 2009 (Aktenzeichen: B 4 AS 48/08 R) entschieden, dass Gebühren für das Kabelfernsehen keine angemessenen Kosten der Unterkunft sind, wenn die Nutzung mietvertraglich freigestellt und ein anderweitiger Zugang zum Fernseh- und Radioempfang gewährleistet ist. In einem neueren Urteil vom 16. Juni 2015 (Aktenzeichen: B 4 AS 44/14 R) hat das BSG nochmals seine Rechtsprechung bekräftigt, wonach als Unterkunftskosten nur solche Kosten anzuerkennen sind, ohne deren Übernahme durch den Mieter das Wohnraummietverhältnis nicht zustande gekommen wäre. Diese Rechtsprechung hat das Sozialgericht auf Immobilieneigentümer übertragen und darauf abgestellt, dass für die Klägerin die Kosten für die Wartung bzw. Befüllung des Feuerlöschers nicht zwingend entstanden waren, sondern sie diese Kosten aus freien Stücken ausgelöst hatte – wenn auch zu dem sinnvollen Zweck, einer etwaigen Brandgefahr begegnen zu können. Dabei war für das Sozialgericht maßgeblich, dass eine gesetzliche Verpflichtung zur Vorhaltung von Feuerlöschern für Hauseigentümer gerade nicht besteht. Hätte für die Klägerin hingegen eine (ordnungs-) rechtliche Verpflichtung zur Bereithaltung eines Feuerlöschers bestanden, hätten die im Zusammenhang damit stehenden Kosten wohl als Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II Anerkennung finden können.

Schließlich war für das Sozialgericht auch die Unabweisbarkeit der Feuerlöscherwartung bzw. der dafür aufgewendeten Kosten im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II zu verneinen, weil die Abwehr von abstrakten Brandgefahren für die Klägerin nicht absolut unerlässlich war.  

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