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Thema : Bauen

Hinweise zu § 3 Abs. 2, § 4a Abs. 4 Satz 1 BauGB und § 4 Abs. 3 der Gemeindeordnung

Erlass vom 14. April 2020

An die Landrätin und Landräte, Kreisfreien Städte und Städte über 20.000 Einwohner, Ämter und amtsfreie Städte und Gemeinden

Letzte Aktualisierung: 14.04.2020

Hinweise zur Bekanntmachung in Ergänzung zum aktuellen Verfahrenserlass zur Bauleitplanung vom 5. Februar 2019 (Amtsblatt SH Nr. 8, S. 222)

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Ergänzung zu dem aktuellen Verfahrenserlass zur Bauleitplanung vom 5. Februar 2019 (Amtsblatt SH Nr. 8, S. 222) sowie zu meinen Hinweisen vom 09.09.2019 (zu § 4a Abs. 4 Satz 1 BauGB, § 3 Abs. 3 BauGB und der DSGVO) und meinen Hinweisen vom 18.03.2020 (zu Fragen der Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung in der Zeit von Maßnahmen zur Eindämmung des SARS-VoV-2) möchte ich folgende Hinweise geben:

  1. Zu § 3 Absatz 2 BauGB
    Im o.a. aktuellen Verfahrenserlass wird in Ziffer 2.7.1 (Durchführung der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit) ausgeführt:
    "Stellungnahmen können elektronisch, schriftlich oder zur Niederschrift abgegeben werden".

    Unter Ziffer 2.11.2 (Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung) wird ausgeführt
    "Die Bekanntmachung muss den Hinweis enthalten, dass während der Auslegung Stellungnahmen schriftlich oder zur Niederschrift abgegeben werden können."

    In Anlagen 5 und 6 des Verfahrenserlasses wird jeweils ausgeführt, dass "Stellungnahmen schriftlich oder während der Dienstzeiten zur Niederschrift abgegeben werden können".

    Das Oberverwaltungsgericht Münster geht in aktueller Rechtsprechung davon aus, dass Einwendungen wohl auch per E-Mail erhoben werden können. Es hat in drei Urteilen die Auffassung vertreten, dass der Zusatz, Stellungnahmen könnten "schriftlich oder zur Niederschrift" vorgebracht werden, einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 BauGB darstellt, weil damit Stellungnahmen per E-Mail ausgeschlossen würden, und weil dadurch interessierte Bürger von Stellungnahmen – durch E-Mail – abgehalten werden könnten (OVG Münster, Urt. v. 21.01.2019 - 10 D 23/17.NE Rn. 65 ff.; OVG Münster, Urt. v. 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE Rn. 49; OVG Münster, Urt. V. 09.09.2019 – 10 D 36/17.NE Rn. 38).

    Es spricht in der Tat einiges dafür, dass die mit der Formulierung "schriftlich oder zur Niederschrift" in einer Bekanntmachung gemachte Einschränkung über den Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB hinausgeht. § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB schreibt diese Form nicht ausdrücklich vor. Die Formulierung "schriftlich oder zur Niederschrift" könnte dadurch unter Umständen geeignet ein, einzelne Bürger von einer Beteiligung im Aufstellungsverfahren abzuhalten.
    Darüber hinaus dürfte der Einsatz von E-Mails für einen Großteil der Bürgerinnen und Bürger heute zum Alltag gehören. Bei der Behördenbeteiligung wird dieser Weg auch akzeptiert, obwohl der Wortlaut in § 4 Abs. 2 BauGB insoweit keine anderslautende Formulierung enthält.
    Die Verwendung der Einschränkung "schriftlich oder zur Niederschrift" könnte somit einen beachtlichen Fehler nach § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB darstellen.

    Das Bundesverwaltungsgericht (Beschl. v. 28.01.1997 - 4 NB 39/96, juris) hatte diese Frage noch ausdrücklich anders entschieden - wobei dies nach Auffassung des OVG Münster (s.o.) überholt sei. Die Abgrenzung des BVerwG damals bestand zu mündlichen Stellungnahmen. Dort hieß es u.a.
    "Lediglich mündlich vorgetragenen Argumenten, die nirgendwo fixiert werden, kommt das ihnen gebührende Gewicht nicht in gleicher Weise zu; denn bei ihnen besteht auch bei einer gewissenhaft arbeitenden Verwaltung die Gefahr, in Vergessenheit zu geraten oder abweichend von der eigentlichen Meinung des Einwenders festgehalten zu werden."

    Vom Oberverwaltungsgericht Schleswig ist keine Rechtsprechung bezüglich § 3 Absatz 2 BauGB und einem notwendigen Hinweis in Bekanntmachungen auf die Möglichkeit von Stellungnahmen per E-Mail bekannt.
    Allerdings hatte das Oberverwaltungsgericht Schleswig (Urteil vom 15. März 2018 – 1 KN 4/15 –, Rn. 37, juris) bereits einmal ausgeführt, dass die Möglichkeit, Stellungnahmen per E-Mail einzureichen, keinen Fehler des Planaufstellungsverfahrens darstellt, wenn eine eindeutige Identifizierung des Absenders ermöglicht ist:
    "Keinen Fehler des Planaufstellungsverfahrens stellt überdies die von dem Antragsteller angesprochene Möglichkeit zur Einreichung von Stellungnahmen per E-Mail dar. § 4a Abs. 4 Satz 1 BauGB in der für die rechtliche Beurteilung gemäß § 233 Abs. 1 BauGB maßgeblichen Fassung vom 11.06.2013 (BauGB a.F.) eröffnete der Gemeinde bei der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ergänzend die Möglichkeit, elektronische Informationstechnologien zu nutzen und verlieh ihr damit etwa die Befugnis, ergänzend zur öffentlichen Auslegung den Bebauungsplan in das Internet einzustellen. Hiervon hat die Antragsgegnerin Gebrauch gemacht. Daneben war sie mithin auch befugt, neben der Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme auch die Einreichung von E-Mails – Letzteres ggf. nur unter Voraussetzungen, die eine eindeutige Identifizierung des Absenders ermöglichen – zuzulassen. Dessen ungeachtet bleibt anzumerken, dass § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB in der Fassung vom 11.06.2013 (BauGB a.F.) Verstöße gegen die in § 4a Abs. 4 BauGB a.F. enthaltenen Anforderungen ohnedies bereits nicht erfasste, so dass ein solcher etwaiger Fehler gemäß § 233 Abs. 2 Satz 2 BauGB auch insoweit unbeachtlich bliebe."

    Wir halten es daher vorsorglich für empfehlenswert, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OVG Münster, in Bekanntmachungen auch auf die Möglichkeit zur Abgabe von Stellungnahmen per E-Mail hinzuweisen.
    Dies könnte nach unserer Auffassung zum Beispiel dadurch geschehen, dass formuliert wird:
    "Während der Auslegungsfrist können alle an der Planung Interessierten die Planunterlagen und umweltbezogenen Stellungnahmen einsehen sowie Stellungnahmen hierzu schriftlich oder während der Dienststunden zur Niederschrift abgeben. Stellungnahmen können auch per E-Mail an (…) gesendet werden."

  2. Zu § 4 Absatz 3 der Gemeindeordnung (GO)
    Im aktuellen Verfahrenserlass wird in der Anlage 12 (Bebauungsplansatzung mit Verfahrensvermerken) in den dortigen Ziffern 12 und 14 auf § 4 Abs. 3 GO hingewiesen. § 4 Abs. 3 GO lautet:
    "Ist eine Bebauungsplansatzung oder eine sonstige städtebauliche Satzung nach dem Baugesetzbuch oder nach dem Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch unter Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften über die Ausfertigung und Bekanntmachung oder von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzes zustande gekommen, so ist die Verletzung unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung gegenüber der Gemeinde unter Bezeichnung der verletzten Vorschrift und der Tatsache, die die Verletzung ergibt, geltend gemacht worden ist. Diese Rechtswirkungen treten nur ein, wenn auf sie bei der Bekanntmachung hingewiesen worden ist. Satz 1 gilt nicht, wenn die Vorschriften über die Öffentlichkeit der Sitzung verletzt worden sind."
    In der Anlage 14 (Bekanntmachung des Beschlusses eines B-Planes einer Änderung eines B-Planes) und der Anlage 15 (Bekanntmachung eines B-Planes nach § 8 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 oder Abs. 4 BauGB) zum Verfahrenserlass sind die Hinweise auf § 4 Abs. 3 GO entfallen.
    Nach § 4 Abs. 3 GO ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften der GO unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung gegenüber der Gemeinde unter Bezeichnung der verletzten Vorschrift und der Tatsache, die die Verletzung ergibt, geltend gemacht worden ist. Diese Rechtswirkung tritt jedoch nur ein, wenn auf sie bei der Bekanntmachung hingewiesen worden ist.
    In der Kommentierung (PdK SH B-1, GO § 4, Schliesky/Schulz, 2011, Rn. 266, beck-online) wird ausgeführt, dass der Hinweis unbedingt bei der Bekanntmachung erfolgen müsse und eine getrennte Veröffentlichung den gesetzlichen Anforderungen nicht genüge.
    Nach derzeitigem Kenntnisstand wäre der Hinweis auf § 4 Abs. 3 GO daher weiterhin in die Bekanntmachungen aufzunehmen, vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 GO.

  3. Zu § 4a Absatz 4 Satz 1 BauGB
    In meinem Schreiben vom 09.09.2019 hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass gemäß § 4a Absatz 4 Satz 1 BauGB der Inhalt der ortsüblichen Bekanntmachung nach § 3 Absatz 2 Satz 2 BauGB und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 BauGB auszulegenden Unterlagen zusätzlich in das Internet einzustellen und über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich zu machen sind. Mein Schreiben vom 09.09.2019 liegt diesem erneut bei.
    Im Fall des Unterbleibens des Einstellens des Inhalts der ortsüblichen Bekanntmachung in das Internet liegt ein beachtlicher Fehler vor, vgl. § 214 Absatz 1 Nr. 2 BauGB in Verbindung mit § 214 Absatz 1 Nr. 2 e) BauGB.
    In meinem Schreiben vom 09.09.2019 hatte ich daher empfohlen, dies bei den Planungen entsprechend zu beachten und in den Antragsunterlagen zur Genehmigung von Flächennutzungsplänen zu dokumentieren, da das zeitgerechte Einstellen der Bekanntmachung ins Internet im Genehmigungsverfahren nach § 6 BauGB zu prüfen ist.
    Für eine mögliche Dokumentation der zeitgerechten Einstellung in das Internet erachten wir eine entsprechende Bestätigung der planenden Gemeinde für erforderlich.
    Diese kann durch amtliche Bestätigung per E-Mail oder auch auf einem "Screenshot" erfolgen. Ein "Screenshot" allein bestätigt aber nicht den Zeitpunkt der Einstellung und die Dauer der Abrufbarkeit, so dass ein "Screenshot" allein nicht ausreichen dürfte.

Es wird darum gebeten, auch diese Hinweise entsprechend bei den Planungen zu berücksichtigen.

Den aktuellen Verfahrenserlass können Sie aus dem Landesportal zur Bauleitplanung herunterladen.

www.schleswig-holstein.de/bauleitplanung

Anlage: Hinweise vom 09.09.2019 zu § 4a Abs. 4 Satz 1 BauGB, § 3 Abs. 3 BauGB und der DSGVO in Kopie

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