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Thema : Minderheiten

Minderheiten in Schleswig-Holstein -
deutsche Sinti und Roma

Die schleswig-holsteinischen Sinti und Roma deutscher Staatsangehörigkeit sind eine Minderheit, die hier schon lange zu Hause ist. Die erste urkundliche Erwähnung ist aus dem Jahre 1417 in Lübeck überliefert. Ursprünglich stammen die Sinti und Roma aus Indien. In Schleswig-Holstein leben heute schätzungsweise 5.000 Sinti und Roma.

Letzte Aktualisierung: 23.02.2023

Lachende Sinti und Roma-Kinder

Immer wieder in der Geschichte waren Sinti und Roma Diskriminierungen ausgesetzt. Als "Zigeuner" beschimpft, wurden sie aus ihren Berufen verdrängt und aus Städten oder Regionen vertrieben. Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erlebten Sinti und Roma in ganz Europa systematische Verfolgung und Völkermord mit dem Ziel der totalen Vernichtung. Hunderttausende von ihnen wurden ermordet und ihr kulturelles Erbe wurde weitgehend zerstört. Über 500.000 Sinti und Roma fielen im besetzten Europa dem Holocaust zum Opfer. Auch etwa 400 schleswig-holsteinische Sinti und Roma kehrten aus den Lagern der Nationalsozialisten nicht zurück.

In Schleswig-Holstein zu Hause

Heute leben etwa 60.000 deutsche Sinti und 10.000 deutsche Roma in der Bundesrepublik. Der schleswig-holsteinische Landesverband Deutscher Sinti und Roma e.V. schätzt die Zahl der Sinti und Roma mit deutscher Staatsangehörigkeit in Schleswig-Holstein auf etwa 6.000 Menschen. Sie wohnen und leben vor allem in den Städten Kiel und Lübeck sowie im Flensburger und Hamburger Umland.

Schutz in der Landesverfassung verankert

Am 14. November 2012 hat Schleswig-Holstein als erstes Bundesland die deutschen Sinti und Roma als Minderheit in die Landesverfassung aufgenommen. "Der Beschluss ist historisch. Die Sinti und Roma leben seit mehr als sechs Jahrhunderten in Schleswig-Holstein und gehören zu diesem Land wie Deutsche, Dänen und Friesen. Es ist ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung, dass sich dies nun endlich auch in unserer Verfassung widerspiegelt", fasste der damalige Ministerpräsident Torsten Albig in Kiel zusammen.

Anerkannte Minderheitensprache: Romanes

Die kulturelle Identität der Sinti und Roma gründet in ihrer Sprache Romanes, ihrer Musik und dem Zusammenleben in großen Familienverbänden, aber auch in der Erfahrung jahrelanger Verfolgung. Romanes gehört zu den nach der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen geschützten Minderheitensprachen. Es handelt sich um eine eigenständige, aus dem altindischen Sanskrit stammende Sprache, die in verschiedenen Varianten gesprochen wird.

Die Sprache wird ausschließlich im Rahmen der Familie und Familienverbände gepflegt und an kommende Generationen weitergegeben. Romanes wird weder in der Schule unterrichtet, noch ist es Studienfach an den Hochschulen. Während die deutschen Roma ihre Sprache verschriftlichen, lehnt die Minderheit der deutschen Sinti es ab, Romanes durch das staatliche Bildungssystem zu lehren oder die Sprache zu verschriftlichen.

Die Familie und das Zusammenleben in großen Familienverbänden sind den Sinti und Roma sehr wichtig. Die ältere Generation genießt die besondere Achtung der Jüngeren. Sinti-Kinder wachsen mit Romanes als Muttersprache auf. Später kommt Deutsch dazu.

Wohnsiedlung "Maro Temm"

Zersiedeltes Wohnen widerspricht der Kultur der Sinti und Roma und bedroht ihre Sprache. So entstand der Wunsch nach einem Ort, an dem Sinti und Roma generationenübergreifend miteinander leben und ihre kulturellen Besonderheiten und ihre Sprache Romanes bewahren können - ohne sich von der Mehrheitsbevölkerung abzuschotten.

Siedlung  Maro Temm
Siedlung Maro Temm

"Maro Temm" ist Romanes und bedeutet "Unser Platz". Für das Wohnprojekt "Maro Temm" bot die Landeshauptstadt Kiel ein 10.000 Quadratmeter großes Erbpachtgrundstück in der Diedrichstraße im Stadtteil Gaarden an. Eine eigens gegründete Wohngenossenschaft und viele Helfer bauten hier eine Reihenhaussiedlung mit 13 Wohneinheiten auf. Hausaufgabenhilfe, Freizeitaktivitäten, Versammlungen und kleine kulturelle Begegnungsfeste sind möglich. Minderheitenpolitisch hat dieses Projekt entsprechend Beachtung gefunden.

Verband Deutscher Sinti und Roma in Schleswig-Holstein

Träger der politischen und kulturellen Arbeit in Schleswig-Holstein ist der Verband Deutscher Sinti und Roma e. V. - Landesverband Schleswig-Holstein. Eines der wichtigsten Ziele des Landesverbandes war die Aufnahme der Minderheit in den Minderheitenartikel der schleswig-holsteinischen Verfassung. Jedes Jahr gedenkt der Landesverband der Deportation der schleswig-holsteinischen Sinti und Roma am 16. Mai 1940 durch die Nationalsozialisten mit einer Gedenkfeier im Kieler Hiroshima-Park.

Im Rahmen seiner Jugendarbeit bietet der Landesverband verschiedene Freizeitangebote in der Muttersprache Romanes an. Hierzu gehören Gitarrenunterricht im klassischen Sinti-Jazz, Jazz-Dance für Mädchen und Frauen sowie Gesprächs- und Bastelkreise für Kinder- und Jugendliche. Im Rahmen der politischen Bildung werden Bildungsfahrten angeboten, Veranstaltungen und Vorträge zu verschiedenen Themenbereichen durchgeführt, die sich sowohl an die Mitglieder der Mehrheits- als auch an die der Minderheitsgesellschaft richten.

Frauen und Männer, die sich über eine lange Zeit für den Verband Deutscher Sinti und Roma e. V. – Landesverband Schleswig-Holstein verdient gemacht oder die Anliegen der Minderheit der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein, Deutschland oder Europa gefördert haben, werden seit 2012 jährlich im Rahmen eines Jahresempfangs mit der Auszeichnung "Schleswig-Holsteinischer Meilenstein" geehrt. Zu den Inhabern des Meilensteins gehören unter anderem Björn Engholm, Heide Simonis sowie Ute und Günter Grass.

Zu einer weiteren wichtigen Aufgabe des Landesverbandes gehört die Beratung der Minderheit in sozialen Fragen. Hierfür stehen unter anderem ein Rechtsanwalt und Sozialberater zur Verfügung.

Außerdem wird in einem gemeinsamen Projekt mit der Deutschen Angestellten-Akademie (DAA) seit 2015 eine niedrigschwellige Sozialberatung für zugewanderte Roma angeboten.

Mediatorinnen und Bildungsberater in Schulen

Vertragsunterzeichnung der Bildungsberater
Vertragsunterzeichnung der Bildungsberater

Der Landesverband wird mit Mitteln des Landes Schleswig-Holstein gefördert. Die Förderung beinhaltet auch Gelder für die Arbeit von Mediatorinnen an Kieler Schulen. Sinti-Kinder haben oft einen schweren Stand in der Schule.

Zum einen stößt ihre Kultur auf Vorbehalte, zum anderen behindern häufig mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache den Lernerfolg. Die Mediatorinnen vermitteln bei kulturellen und sprachlichen Problemen zwischen den Lehrern und Eltern und sind Ansprechpartner für die Kinder bei Hausaufgaben und vielem mehr.

Die Arbeit der Projektmitarbeiterinnen fand ihre verdiente Anerkennung im Mai 2006, als die "Stiftung zugunsten des Romavolkes" sie mit dem Otto-Pankok-Preis ehrte. Die Stiftung wurde 1997 vom Literaturnobelpreisträger Günter Grass und seiner Frau Ute gegründet. Der Otto-Pankok-Preis wird in unregelmäßigen Abständen an Personen verliehen, die sich in besonderer Weise für Belange der Sinti und Roma eingesetzt haben.

Im Schuljahr 2020/2021 wurden die Mediatorinnen von zehn Bildungsberaterinnen und Bildungsberatern bei der Betreuung der Schülerinnen und Schüler der Minderheit unterstützt.

Die Bildungsberaterinnen und Bildungsberater sind landesweit an allgemeinbildenden Schulen eingesetzt.

Kontakt

Verband Deutscher Sinti und Roma e.V.
Landesverband Schleswig-Holstein
1. Landesvorsitzender Matthäus Weiß
Landesgeschäftsführerin Anna Weiß
Dorfstraße 11, 24146 Kiel
Tel.: 0431 12209-22
Fax: 0431 12209-24
E-Mail: lv@sinti-roma-sh.de
Internet: www.sinti-roma-sh.de

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