Regionalsprache in Schleswig-Holstein - Plattdeutsch
"Plattdeutsch" und "Niederdeutsch" sind zwei Bezeichnungen für dieselbe Sprache. Als Regionalsprache ist Niederdeutsch in ganz Schleswig-Holstein zu Hause. Mehr oder weniger selbstverständlich wird das Niederdeutsche im täglichen Miteinander benutzt, allerdings auf dem Lande stärker als in den Städten.
Letzte Aktualisierung: 02.06.2022
Seine Dialektvielfalt ist dabei groß. Soweit die geschichtliche Kenntnis zurückreicht, haben sich die Menschen in Norddeutschland immer dieser Sprache bedient. Neben Schleswig-Holstein wird Niederdeutsch heute noch in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen sowie in Teilen von Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt gesprochen.
Weltsprache der Hanse
Die älteste überlieferte Form des Niederdeutschen ist das sogenannte Altsächsische oder auch Altniederdeutsche. Gemeint ist damit die Sprache des germanischen Stammes der Sachsen. Zur Blütezeit der deutschen Hanse, vom 13. bis zum 16. Jahrhundert, galt Niederdeutsch als Weltsprache. Die Kaufleute der Hanse bedienten sich der Sprache in ihren Verhandlungen und setzten Verträge auf niederdeutsch auf. Recht und Gesetz wurde in niederdeutsch festgehalten und gesprochen. Das Hochdeutsche existierte kaum.
Vom 16. Jahrhundert an drängte das Hochdeutsche immer stärker von Süden nach Norden. Gründe für diese Veränderung lagen in dem Verlust der wirtschaftlichen und politischen Macht der Hanse und im Einfluss der Reformation. Die Menschen im stadtbürgerlich geprägten Norden empfanden ihre Sprache zunehmend als minderwertig gegenüber der höfischen Kultur des hochdeutschen Südens. Zunächst übernahmen vor allem Adlige und Angehörige der höheren Schichten das Hochdeutsche. Verstärkt durch die Erfindung des Buchdrucks verdrängte Hochdeutsch Niederdeutsch als Schriftsprache. Das Ergebnis dieser Entwicklung war, dass der gesamte öffentliche Sprachgebrauch fortan hochdeutsch war - der ursprünglich rein niederdeutsche Norden wurde zweisprachig. Wer etwas auf sich hielt, konnte zwar Niederdeutsch, bevorzugte aber das Hochdeutsche und sprach platt nur noch in der Familie und Nachbarschaft. Niederdeutsch wurde zur Sprache der 'kleinen Leute'.
Seit man am Ende des 18. Jahrhunderts das "Volk" mit seiner Sprache und Kultur neu zu entdecken begann, wandelte sich jedoch die Einstellung zum Niederdeutschen. Viele Vereine sahen in der Heimatsprache wieder einen besonderen Wert und fingen an, sie bewusst zu pflegen. Allmählich stieg das Niederdeutsche zu einer anerkannten Regionalsprache des Nordens auf. Seit 1999 wird Niederdeutsch offiziell durch das Inkrafttreten der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitssprachen geschützt und staatlich gefördert.
Schleswig-Holstein op Platt
Regionalsprache Niederdeutsch
Einer Studie des Instituts für niederdeutsche Sprache (INS) in Bremen aus dem Jahr 2016 zufolge verstehen gut zwei Drittel der Einwohner Schleswig-Holsteins Plattdeutsch sehr gut bis mäßig. Sehr gute bis mäßige Sprachkenntnisse hat jedoch nur etwa ein Drittel der Einwohner. Auf dem Lande und bei der älteren Generation ist Plattdeutsch häufiger in Gebrauch als bei jungen Menschen und in den Städten.
Um die Regionalsprache Niederdeutsch zu erhalten und ihren Gebrauch zu fördern ist es wichtig, ihr auch in der Bildung einen zentralen Platz einzuräumen. Deshalb fördert das Land Niederdeutschangebote in Kindertagespflegeeinrichtungen seit 2017 mit Zuschüssen vom Sozialministerium an die lokalen Träger der Kindertagespflege. Im Schuljahr 2021/2022 können Schülerinnen und Schüler an 44 Modellschulen (34 Grundschulen, 10 Schulen mit Sekundarstufe 1, davon 3 Gymnasien) systematisch Niederdeutsch lernen. An den Universitäten Kiel und Flensburg kann Niederdeutsch studiert werden.
Niederdeutsche Kultur
Ob Schlager, Folklore, Hip Hop oder Hardrock: Niederdeutsche Musik ist heute in so gut wie jeder Stilrichtung zu hören. Einzigartig war der Erfolg der Gruppe "Fettes Brot". 1995 stürmten sie mit ihrem Lied "Nordisch by Nature" die deutschen Singlecharts und wurden 1996 als beste Nachwuchsband mit dem Musikpreis "Echo" ausgezeichnet.
Für die größere Öffentlichkeit ist das Theater der wohl wichtigste Multiplikator des Niederdeutschen. Die großen Mehrspartentheater in Kiel und Lübeck sowie das Landestheater in Rendsburg bringen niederdeutsche Sprache und Kultur seit vielen Jahren auf die Bühne. Rund die Hälfte aller Aufführungen der etwa 110 Mitglieder des Niederdeutschen Bühnenbundes Schleswig-Holstein und des Landesverbandes der Amateurtheater Schleswig-Holsteins finden in Niederdeutsch statt. Seit vielen Jahren treffen sich im März niederdeutsche Theaterspieler auf dem Scheersberg zum Niederdeutschen Spielgruppentreffen. In 2007 wurde erstmals der Scheersbarg-Theaterpries für niederdeutsche Amateurtheatergruppen verliehen.
Niederdeutsch ist im Norden Deutschlands auch in den Medien präsent. Der Norddeutsche Rundfunk sendet niederdeutsche Regionalnachrichten und produziert Sendungen rund um das Niederdeutsche für Radio und Fernsehen. Auch der Bürgerrundfunk Offener Kanal Schleswig-Holstein und die privaten Rundfunkanstalten bieten verschiedene niederdeutsche Sendungen an.
Organisationen des Niederdeutschen
Länderzentrum für Niederdeutsch gGmbH (LZN)
Die Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben im Dezember 2017 die Gesellschaft "Länderzentrum für Niederdeutsch" gGmbH (LZN) für die niederdeutsche Sprache mit Sitz in Bremen gegründet, das seine Arbeit im Januar 2018 aufgenommen hat. Das LZN koordiniert länderübergreifend die Arbeit von Verbänden, Ehrenamtlichen und wissenschaftlichen Organisationen - mit dem Ziel, das Niederdeutsche zu schützen, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Es soll Bildung, Kultur und Wissenschaftstransfer fördern und sich in der öffentlichen Debatte für niederdeutsche Interessen einsetzen. Gleichzeitig ist es die Aufgabe des Länderzentrums, moderne Lernkonzepte für die Sprache zu entwickeln und den engen Kontakt zu politischen Vertretern in Bund und Ländern sowie Mitgliedern des "Bundesraats för Nedderdüütsch" herzustellen.
In Schleswig-Holstein kümmert sich insbesondere der im Jahr 2000 gegründete Plattdeutsche Rat um alle Belange des Niederdeutschen. Die Geschäftsführung für den Plattdeutschen Rat erfolgt durch den Schleswig-Holsteinischen Heimatbund (SHHB). Der SHHB ist ein kultureller Dachverband von über 300 Vereinen, Verbänden und Initiativen im Land. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehört auch die Förderung der Regionalsprache Niederdeutsch. So veranstaltet der SHHB beispielsweise jedes Jahr den beliebten Vorlesewettbewerb "Schölers leest Platt", um Kinder früh in Kontakt zu ihrer Heimatsprache zu bringen.
Die Zentren für Niederdeutsch in Leck für den Landesteil Schleswig und in Mölln für den Landesteil Holstein sind zwei regional arbeitende Einrichtungen, die vom Land zur aktiven Förderung des Niederdeutschen in Schleswig-Holstein gegründet wurden und die die Arbeit der im Lande aktiven Gruppen, Institutionen und Einzelpersonen unterstützen.
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