Mit der Ernennung eines Minderheitenbeauftragten leistete Schleswig-Holstein 1988 Pionierarbeit. In der 19. Legislaturperiode berät Johannes Callsen (MdL) den Ministerpräsidenten ehrenamtlich in Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Nordschleswig, der dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig und der friesischen Volksgruppe sowie der deutschen Sinti und Roma in Schleswig-Holstein.
Letzte Aktualisierung: 13.10.2022
Das schleswig-holsteinische "Modell"
Schleswig-Holstein hat in der Minderheitenpolitik Pionierarbeit geleistet: Schon 1988 führte der damalige Ministerpräsident das Ehrenamt "Beauftragter für Grenzland- und Minderheitenfragen in Schleswig-Holstein" ein. Heute ist die Bezeichnung des Amtes "Der Beauftragte des Ministerpräsidenten in Angelegenheiten nationaler Minderheiten und Volksgruppen, Grenzlandarbeit und Niederdeutsch" kurz: "Der Minderheitenbeauftragte". Nicht zuletzt aufgrund der guten Erfahrungen mit einem solchen Amt in Schleswig-Holstein, hat die deutsche Bundesregierung im November 2002 das Amt des Aussiedlerbeauftragten um den Aufgabenbereich der nationalen Minderheiten in Deutschland erweitert.
Der Minderheitenbeauftragte Johannes Callsen berät den Ministerpräsidenten in Fragen der dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig, der deutschen Minderheit im dänischen Nordschleswig, der schleswig-holsteinischen Friesen und der im Land lebenden deutschen Sinti und Roma sowie der Regionalsprache Plattdeutsch/Niederdeutsch in Schleswig-Holstein. Das partnerschaftliche Miteinander von nationalen Minderheit und der Mehrheitsbevölkerung sowie eine erfolgreiche grenzüberschreitende Zusammenarbeit haben für ihn große Bedeutung. Zu seinem Aufgabenspektrum als Minderheitenbeauftragter zählen insbesondere:
Beratung und Information des Ministerpräsidenten,
Zusammenarbeit mit allen Ministerien der Landesregierung,
Pflege und Förderung der Kontakte zur deutschen Minderheit in Nordschleswig, zur dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig, zur friesischen Volksgruppe und zur Minderheit der deutschen Sinti und Roma sowie zu deren Organisationen und Einrichtungen,
Zusammenarbeit mit der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) und Mitglied im Beirat der FUEN,
Zusammenarbeit mit dem European Centre for Minority Issues (ECMI) und Mitglied im Vorstand des ECMI,
Berichterstatter der Landesregierung im Friesen-Gremium und Gast in den Sitzungen des Nordschleswig-Gremiums des Schleswig-Holsteinischen Landtags,
Vertreter des Landes Schleswig-Holstein in den Beratenden Ausschüssen des Bundesministeriums des Innern (BMI) für Fragen der dänischen Minderheit, der friesischen Volksgruppe, der Sinti und Roma und für die niederdeutsche Sprachgruppe,
Vorsitzender im DialogForumNorden,
Pflege und Förderung der Kontakte zu den drei deutschen Grenzverbänden (ADS-Grenzfriedensbund, Deutscher Grenzverein und Schleswig-Holsteinischer Heimatbund),
Erarbeitung des Minderheitenberichts und des Sprachenchartaberichts gemeinsam mit der Landesregierung.
Unterstützung für europäische Bürgerrechte und die "Minority Safepack Initiative" (MSPI)
Der Minderheitenbeauftragte unterstützt ebenso wie der Ministerpräsident die Minority Safepack Initiative (MSPI), die als erste europäische Bürgerinitiative Minderheitenschutz und -rechte zum Inhalt und Ziel hat. Sie wird von der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) und einem Bürgerkomitee getragen.
Im Kern geht es um die Verbesserung der Rechte und des Schutzes von nationalen Minderheiten und Sprachminderheiten in Europa. Die Initiatoren haben dazu ein Bündel von Maßnahmen und konkreten Rechtsakten (Gesetzen) zur Förderung und zum Schutz der europäischen Minderheiten sowie der Regional- und Minderheitensprachen erarbeitet.
Die Europäische Bürgerinitiative ist ein relativ neues Instrument der direkten Demokratie in der Europäischen Union. Es wurde mit dem Lissaboner Vertrag 2012 eingeführt. Jede registrierte Initiative hat zwölf Monate Zeit, um in mindestens sieben EU-Mitgliedsstaaten mindestens eine Million Unterschriften zu sammeln.
Im April 2018 überschritt die Bürgerinitiative die notwendigen eine Million Unterschriften in mindestens sieben EU-Mitgliedsstaaten mit 1,238 Millionen sogar. Aufgrund der ablehnenden Haltung der EU-Kommission gegenüber der MSPI hat das FUEN-Präsidium entschieden, erst nach der Europawahl im Mai 2019 die Unterschriften an die neu konstituierte EU-Kommission zu übergeben. Am 10. Januar 2020 hat die FUEN schließlich die Unterschriftenlisten an die EU-Kommission übergeben.
Am 15. Oktober 2020 fand im Europäischen Parlament eine öffentliche Anhörung als europaweit zugängliche Videokonferenz statt. Die Mehrheit der teilnehmenden Europaabgeordneten haben dabei ihre Unterstützung für die Forderungen der MSPI zum Ausdruck gebracht. Am 27. November hat auch der Deutsche Bundestag seine Unterstützung für die Initiative deutlich gemacht und eine Resolution verabschiedet, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, die Umsetzung der Vorschläge aus der MSPI weiter zu unterstützen (BT-Drs. 19/24644). Die einstimmige Annahme der Resolution durch das Parlament des bevölkerungsreichsten EU-Mitgliedstaates sendete ein starkes Signal der Unterstützung an die europäischen Institutionen, ein umfassendes Maßnahmenpaket zum Schutz nationaler Minderheiten auf EU-Ebene zu erlassen.
Am 15. Januar 2021 hat die EU-Kommission schließlich die Mitteilung über die Europäische Bürgerinitiative 'Minority SafePack – one million signatures for diversity in Europe' veröffentlicht. Darin lehnt sie es ab, die von der MSPI gemachten Vorschläge in konkrete rechtliche Maßnahmen umzusetzen. Sie begründet dies damit, dass diese Vorschläge bereits durch bestehende Förderprogramme, Maßnahmen erfüllt würden und führt dies auch aus.
Sie stellt erneut fest, dass sie "keine allgemeine gesetzgeberische Kompetenz speziell für den Schutz nationaler Minderheiten" besitze. Die Zuständigkeit für den Schutz nationaler Minderheiten und die Förderung von Minderheiten- und Regionalsprachen sieht sie weiter ausschließlich auf der Ebene der Mitgliedsstaaten. Gleichzeitig legt sie dar, welche Maßnahmen unterhalb von Rechtsvorschriften, so genannte "Folgemaßnahmen", sie ergreifen will, um die Anliegen der Bürgerinitiative zu unterstützen.
Diese Entscheidung der EU-Kommission bleibt deutlich hinter dem zurück, was die Organisatoren, das Europäische Parlament, der Deutsche Bundestag, der Schleswig-Holsteinische Landtag und andere regionale Parlamente in Europa gefordert haben. Ministerpräsident Daniel Günther hat diese Position in der gemeinsamen Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Präsidentin der EU-Kommission am 18. März 2021 angesprochen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat daraufhin ein bilaterales Gespräch mit dem Ministerpräsidenten zugesagt, um über dieses Thema zu diskutieren.
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