Minderheiten in Schleswig-Holstein - dänische Minderheit
Die Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark ist kaum spürbar: Viele Menschen sprechen deutsch und dänisch. Und etwa 50.000 Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit bekennen sich zur dänischen Minderheit.
Letzte Aktualisierung: 05.04.2022
Die Mitglieder der dänischen Minderheit leben vor allem in der Grenzstadt Flensburg, den Kreisen Nordfriesland und Schleswig-Flensburg sowie im nördlichen Teil des Kreises Rendsburg-Eckernförde. In Flensburg und einigen kleineren Orten gehören sogar bis zu 20 Prozent der Bevölkerung zur dänischen Minderheit. Neben der Dänischen Minderheit leben noch etwa 6.000 dänische Staatsbürger in Schleswig-Holstein, sogenannte Reichsdänen.
Geschichte
Der Norden Schleswig-Holsteins, das früher zum Herzogtum Schleswig gehörte, wurde ab 1460 von dänischen Königen regiert. Nach mehreren deutschen Herzögen übernahm 1773 wieder ein dänischer König die Herrschaft, diesmal auch für den zweiten Landesteil, das Herzogtum Holstein. Die Herrschaft König Christian I von Dänemark führte zu bedeutender wirtschaftlicher und politischer Entwicklung in Schleswig-Holstein.
Erst der zunehmende Nationalismus im 19. Jahrhundert verbunden mit Bestrebungen aus Kopenhagen, das Herzogtum Schleswig ins Königreich Dänemark einzugliedern, zerrüttete das gute Verhältnis zwischen Deutschen und Dänen und führte 1848 zur Schleswig-Holsteinischen Erhebung. Nach einer erfolglosen Erhebung der deutschen Bevölkerung (1848) kam es 1864 zum Krieg, den der Deutsche Bund gewann. 1866 wurden die Herzogtümer Schleswig und Holstein zur Provinz des Königreiches Preußen.
Die deutsche Niederlage im 1.Weltkrieg machte den Weg frei für eine neue Entscheidung. 1920 wurde per Volksabstimmung der heutige Grenzverlauf bestimmt: Nordschleswig votierte für Dänemark, während sich Südschleswig in seiner Mehrheit für Deutschland entschied. Auf beiden Seiten verblieb eine Minderheit.
Nach Ende des 2. Weltkrieges schafften die "Kieler Erklärung von 1949" des Schleswig-Holsteinischen Landtages und die "Bonn-Kopenhagener Erklärungen" von 1955 die Grundlagen für eine kontinuierliche Verbesserung des deutsch-dänischen Verhältnisses. Sie beinhalten das Prinzip der "Bekenntnisfreiheit", also das Recht, sich zu einer nationalen Minderheit zu bekennen, ohne dass dies von Amts wegen nachgeprüft werden darf.
Heute leben in Dänemark etwa 15.000 Deutsche, in Deutschland 50.000 Dänen. Aus den Konflikten zwischen Deutschen und Dänen hat sich ein enges und friedliches Miteinander von Mehrheit und Minderheit entwickelt.
Für Schleswig-Holstein markiert das Jahr 2020 mit dem 100-jährigen Jubiläum der Grenzziehung zwischen Deutschland und Dänemark daher ein besonderes Ereignis. Der deutsche Außenminister Heiko Maas und sein dänischer Amtskollege Anders Samuelsen übernahmen im Juni 2018 die Schirmherrschaft für das "Deutsch-Dänische Freundschaftsjahr 2020", um die über ein Jahrhundert lang gewachsene und heute hervorragende Nachbarschaft in der deutsch-dänischen Grenzregion zu würdigen und weiter zu fördern.
Die dänische Sprache und Kultur gehören zum Alltag im Landesteil Schleswig (in Südschleswig). Ob Vorträge in dänischer Sprache, Konzerte, Theateraufführungen oder Ausflüge und Besichtigungen - der Südschleswigsche Verein (Sydslesvigsk Forening) kümmert sich um ein breites Spektrum kultureller Aktivitäten. Er ist die kulturelle Hauptorganisation der dänischen Minderheit. Der Verein pflegt eine lebendige Verbindung zu Dänemark und den nordischen Ländern.
Schleswig-Holstein auf Dänisch
Jedes Jahr organisiert der Südschleswigsche Verein das Jahrestreffen der dänischen Minderheit (Årsmøde). An einem Wochenende im Mai oder Juni finden eine Vielzahl von Veranstaltungen statt, zu denen Politiker und andere Persönlichkeiten aus Dänemark kommen, um die Verbundenheit zwischen Minderheit und Königreich zu unterstreichen.
Von besonderer Bedeutung für den Erhalt der dänischen Sprache ist das gut ausgebaute Privatschulsystem. Die 40 Grundschulen und die zehn Gemeinschaftsschulen des Dänischen Schulvereins (Dansk Skoleforening for Sydslesvig) besuchen um die 5.700 Schüler, die 56 Kindergärten etwa 2.600 Kinder. Die Schulen sind gezielt auf die Bedürfnisse der dänischen Minderheit abgestimmt. Die Unterrichtssprache ist dänisch. Zusätzlich gibt es im Schuljahr 2021/2022 an sieben Modellschulen (Grundschulen) im öffentlichen Schulsystem ein freiwilliges Unterrichtsangebot Dänisch.
Politische Mitwirkung
Die politische Mitwirkung der dänischen Minderheit wird dadurch sichergestellt, dass dem Südschleswigsche Wählerverband (Sydslesvigs Vaelgerforening) als Vertreter der dänischen Minderheit eine politische Beteiligung im Land durch die Befreiung von der Fünf-Prozenthürde bei Landtagswahlen erleichtert wird. Der SSW ist mit rund 3.600 Mitgliedern eine feste politische Größe im Land und war von 2012 bis 2017 an der Regierung beteiligt. Nach der Bundestagswahl 2021 wird der SSW mit einem Abgeordneten im Bundestag vertreten sein.
Dänische Organisationen
Dank einer Vielzahl starker und selbstständiger Organisationen kann die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein ihre eigenen Werte und Traditionen leben. Neben dem Südschleswigschen Verein (Sydslesvigsk Forening) und dem Dänischen Schulverein (Dansk Skoleforening for Sydslesvig) gibt es die dänischsprachige Tageszeitung "Flensborg Avis" und ein eigenes dänisches Bibliothekssystem (Dansk Centralbibliotek). Die evangelisch-lutherische dänische Kirche (Dansk Kirke) ermöglicht als Freikirche mit 25 Kirchengemeinden das kirchliche Leben der dänischen Minderheit im Land. Mit 22 Pastorinnen und Pastoren werden rund 60 Orte gottesdienstlich betreut.
Sozialstationen, Altenheime und Heime für Kinder und Jugendliche werden vom dänischen Gesundheitsdienst (Dansk Sundhedstjeneste for Sydslesvig) betrieben. Der dänische Jugendverband Südschleswigs (Sydslesvigs danske Ungdomsforeninger) organisiert die Kinder- und Jugendarbeit. Daneben haben sich Angehörige der dänischen Minderheit noch in zahlreichen weiteren Vereinen organisiert. Im Gemeinsamen Rat für die dänische Minderheit (Det Sydslesvigske Samråd) arbeiten sie alle zusammen.
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