Die Benutzung von Sprache und Symbolen sind Kennzeichen für das menschliche Leben und die menschliche Kultur. Dem Bildungsbereich "Sprache(n), Zeichen/Schrift und Kommunikation" geht es darum, Kinder dabei zu unterstützen, Sprache als Denkstruktur und als wichtigste menschliche Kommunikationsform zu entwickeln.
Thema
Sprache ist nicht an artikulierte Laute gebunden, sie kann auch durch Gestik, Mimik, Bewegung, Gebärden, Bilder, Zeichen und vieles mehr erfolgen – Kinder sprechen hundert Sprachen und alle sind es wert in Kindertageseinrichtungen unterstützt zu werden. Auch gehörlose und taubblinde Kinder können sprechen lernen, indem sie grammatisch geordnete Zeichen verwenden. Die Grundlagen der Sprache sind die Wahrnehmung und die Bewegung. Sprechen ist die Fortsetzung des kommunikativen Handelns zwischen Bindungsperson und Kind mit anderen Mitteln. Der Spracherwerb des Kindes beginnt – auch unter dem Aspekt der Bedeutungsgebung – bevor das Kind wirklich in Worten zu sprechen beginnt. Er beginnt, wenn Mutter und Kind einen gemeinsamen Mikrokosmos aus Gesten, vertrauten mimischen Äußerungen, einer ruhigen, positiv gestimmten Atmosphäre schaffen. Er dient als Hintergrund vor dem sich die neu auftauchenden Gegenstände und/oder Ereignisse abheben und vom Kind verstanden werden können (Schäfer 2003 Seite 100). Wörter können vom Kind nur verstanden werden durch ihre Einbettung in soziale Zusammenhänge. Indem das Kind einen Zusammenhang zwischen Wörtern und Dingen konstruiert, erhalten diese Bedeutung. Wörter stellen Repräsentationen der mit anderen Menschen geteilten Welt dar: Dinge, Ereignisse, Sachverhalte können durch sie präsent sein, ohne sinnlich wahrgenommen zu werden. Nach und nach erweitert das Kind seinen Wortschatz und beginnt, die Worte mittels Grammatik zu ordnen und zu strukturieren. Dabei benennt und ordnet es auch seine Wahrnehmungen der Welt und lernt sie immer feiner zu unterscheiden. Doch Sprache dient nicht nur dazu, Vorhandenes zu beschreiben und zu ordnen. Sprache erzeugt auch neue Vorstellungen und wird so zum Motor der geistigen Entwicklung. "Die Erfahrung führt zum Wort, das Wort zurück zur Erfahrung", schreibt Butzkamm (1999 Seite 247).
Die Entwicklung von Sprache und die Entwicklung des Denkens sind eng miteinander verbunden. Sprache erweitert das Denken. Wörter repräsentieren immer komplexere Gedanken und Ideen. Die Kinder bilden auch Begriffe für Dinge, die man nicht sehen kann: für Gefühle, für Vergangenes oder Zukünftiges. Wörter kleben nicht mehr an Dingen oder Ereignissen. Diese können vielmehr durch Sprache erweitert oder verformt werden. Sprache ist „nicht nur ‚die Welt noch einmal’. Sie vermehrt den Bestand unserer Welt. Sie erzeugt alternative Welten (Butzkamm 1999 Seite 248). In der Schrift löst sich die Sprache schließlich vom Sprechenden. Aufgeschriebene Worte behalten ihre Bedeutung und können von verschiedenen Personen gelesen und verstanden werden. Für Kinder bedeutet Sprache zuallererst Kommunikation. "Sprechen heißt: miteinander sprechen", so Schäfer (2003 Seite 173). Sprechen zu lernen setzt voraus, dass man miteinander ins Gespräch kommt. Um zum Sprechen motiviert zu werden, müssen Kinder auf ein Gegenüber treffen, das ein erkennbares Interesse an dem bekundet, was sie zu sagen haben. "Kinder brauchen Erzieherinnen, die ihnen zuhören, wenn sie ihnen etwas mitteilen wollen, und die sich darum bemühen, ihre individuelle Art der Mitteilung zu verstehen", beschreibt Schäfer (2003 Seite 174). Damit spielt Partizipation auch für Sprachförderung eine Schlüsselrolle. Wenn sie beteiligt werden, erleben Kinder, dass ihnen zugehört wird und dass ihre Meinung wichtig ist. Sie entwickeln daraus den Mut sich zu äußern. Die Beschäftigung mit den Themen Sprache(n), Zeichen/Schrift und Kommunikation in Kindertageseinrichtungen kann die Kommunikationsfähigkeit von Kindern erweitern und ihre geistige Entwicklung unterstützen.
Kinder und Sprache(n), Zeichen, Schrift und Kommunikation
Miteinander Sprechen
Kinder kommunizieren von Geburt an aktiv mit den ihnen nahen Menschen. Eigenen sprachlichen Äußerungen geht immer Verstehen voraus. Die ersten Wörter erweitern die Möglichkeiten der Kinder, sich mitzuteilen. Sich anderen mitteilen zu wollen, ist und bleibt eine zentrale Motivation für aktives Sprechen.
Über etwas Sprechen
Durch Sprache kann man sich über viele Themen miteinander austauschen. Sprache und Symbole/Schrift begegnen Kindern in allen Bildungsbereichen. Sie begleiten und fördern die Auseinandersetzung mit allen Bildungsthemen (vergleiche Jampert et al 2006). Dabei erweitern die Kinder ständig ihren individuellen Wortschatz.
Strukturen von Sprache
Kinder lernen zunächst Laute und Lautfolgen zu unterscheiden. In Reimen und Wortspielen verfeinern sie dieses Vermögen noch lange Zeit und identifizieren immer mehr Wortbausteine. Mit zunehmender Übung nutzen sie nach ihren individuellen Möglichkeiten verschiedene Wortarten, Fälle, Zeiten oder Steigerungsformen. Sie verallgemeinern Regeln ("ich laufte") und eignen sich die zahlreichen Ausnahmen an. Ihre Fähigkeit, grammatisch richtige Sätze zu bilden, nimmt zu. Dieses Lernen komplexer Strukturen findet scheinbar nebenbei im Alltag statt.
Gesprächsregeln
Jede Gesprächssituation ist durch unausgesprochene Regeln gekennzeichnet. Schon im Säuglingsalter entwickeln sich zwischen Mutter/Vater und Kind "Dialoge" wechselseitiger Ansprache. Neugeborene erkennen rasch die Muster wechselseitiger Aktivität im vorsprachlichen Dialog. Mit zunehmenden Gesprächspartnern verfeinert das Kind seine Kenntnisse über die soziale Einbettung der Sprache.
Symbole
(Schrift)Sprache ist immer auch mit der Entwicklung eines Symbolverständnisses verbunden. Kinder erkennen, dass bestimmte Formen, Farben oder Geräusche eine immer wiederkehrende Bedeutung haben, dass sie Symbole sind. Nach und nach differenzieren sie mehr Symbole – Zahlen, Piktogramme, die Klingel (als Ankündigung von Besuch).
Schriftsprache
Kinder begegnen Schrift auf Papier, auf der Straße, auf Verpackungen und vor allem in Büchern. Hier finden sie Geschichten, Gedichte oder Lieder, aber auch Antworten auf Fragen oder Gebrauchsanweisungen (wie in Sach- oder Kochbüchern). Selbst wenn sie noch nicht lesen können, erwerben Kinder in ihrer Familie oder in Kindertageseinrichtungen Kompetenzen im Umgang mit Büchern, indem sie zum Beispiel die Erwachsenen auffordern, eine Geschichte vorzulesen oder ihnen bestimmte Informationen aus Büchern zu beschaffen. Indem Kinder lernen, Symbole und Zeichen, denen sie überall begegnen, zu unterscheiden und zu deuten, entwickeln sie zunehmend Kenntnisse über Gestalt und Verwendung von Schrift. Sie erfahren, dass Schrift Gedanken festhält und etwas, was heute aufgeschrieben wird, morgen wieder vorgelesen werden kann.
Andere Sprachen
Einige Kinder begegnen schon früh mehreren Sprachen. Insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund lernen, dass die Sprache, die sie mit ihren Eltern sprechen, anders klingt als die Sprache, der sie auf dem Spielplatz begegnen. Wenn sie erkennen, dass es für das gleiche Ding oder Ereignis verschiedene Wörter gibt, erfahren sie schon früh, dass das Wort nicht mit der sinnlichen Erfahrung identisch ist. In der Begegnung mit anderen Kulturen unterscheiden Kinder Sprachen und experimentieren mit ihnen. Auch Kinder, die mit Plattdeutsch oder Friesisch aufwachsen, lernen schon früh, zwischen verschiedenen Sprachen hin und her zu wechseln.
Anforderungen an Bildungsbegleitung
Sprachkompetenz hat eine zentrale Bedeutung für die weiteren Bildungsprozesse. Daher wird Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen ein hoher Stellenwert beigemessen. Diesem Ziel dient auch das integrative Sprachförderkonzept in Schleswig-Holstein. Dabei sind insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Kommunikation Vorrang geben
Im Vordergrund der Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen steht die alltägliche Kommunikation. Sprachförderung basiert auf einer Kultur der Verständigung. Wenn pädagogische Fachkräfte im aktiven Zuhören geübt sind, erleben die Kinder die Freude am gemeinsamen Sprechen, Erzählen und Geschichten-Erfinden. Sie üben sich nach und nach darin, sich für andere verständlich mitzuteilen, lernen ihre Gefühle und Stimmungen sprachlich auszudrücken, die Mitteilungen von anderen zu verstehen und sich für die Gedanken des anderen zu interessieren. Sie lernen, sich in unterschiedlichen Gruppierungen und bei unterschiedlichen Anlässen an Gesprächsregeln zu halten. Sie üben sich im Nachfragen, respektieren andere Meinungen und lernen die Beiträge anderer zu würdigen.
Individualität des Spracherwerbs achten
Sprechen lernen ist individuell unterschiedlich: Die Sprachentwicklung verläuft bei jedem Kind anders. Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte ist es, jedes Kind in seiner individuellen Aneignung von Sprache zu unterstützen. Dazu gehört auch, Sprachstörungen wahrzunehmen und gegebenenfalls weitere fachliche Unterstützung einzuholen.
Die Familiensprache(n) respektieren
"In allen Bildungseinrichtungen gebührt der Familiensprache eines Kindes unbedingter Respekt". so List (2007 Seite 29). Sprachförderung von Kindern mit Migrationshintergrund heißt, sie in vielfältige (nicht nur sprachlich dominierte) Kommunikationssituationen einzubinden. Es bedeutet aber auch, ihre muttersprachlichen Kompetenzen zu achten und als Sprachressource zu nutzen. Dieses erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Eltern und gegebenenfalls auch die Vermittlung von Sprachkursen für Mütter und Väter. Eine weitere Unterstützung können entsprechende muttersprachliche Fachkräfte bieten.
Bilinguale Konzepte integrieren
Mehrsprachigkeit sollte als Bereicherung für alle begriffen werden und kann in Kindertageseinrichtungen bewusst angeboten werden, zum Beispiel durch Fachkräfte mit nicht-deutschen muttersprachlichen Kompetenzen.
Bücher und Symbole/Schrift im Alltag nutzen (Literacy)
Kindertageseinrichtungen halten eine vielfältige Auswahl an Bilderbüchern, Sachbüchern oder (Land-)Karten bereit. Diese sind den Kindern jederzeit zugänglich. Kinder erleben Erwachsene, die Bücher benutzen, für sich und mit den Kindern, zu unterschiedlichen Zwecken, zur Unterhaltung und Freude oder zur Klärung offener Fragen, voller Begeisterung oder sachlich nüchtern. Wenn Kinder zu einem verantwortlichen Umgang mit Büchern angehalten werden, können sie spüren, dass diese geschätzt werden, ein Schatz sind. So entsteht Lesefreude. Die Bedeutung von Symbolen muss mit Kindern im Alltag besprochen und vereinbart werden. Dazu kann es hilfreich sein, sie mit ihnen gemeinsam zu entwickeln. Symbole können verschiedene Räume, bestimmte Tätigkeiten, Dienste oder auch Zutrittsverbote für Räume repräsentieren. In Partizipationsgremien können auch die Protokolle mittels gemeinsam vereinbarter Symbole geschrieben werden.
Schon Säuglinge stehen in einem Dialog mit den Menschen, die ihnen vertraut sind. Kommunikation beginnt mit der Geburt. Im ersten Lebensjahr entwickelt das Kind eine Einengung seiner Sprachwahrnehmung auf die Muttersprache. In enger Kommunikation mit vertrauten Menschen übt das Kind Laute und versieht diese nach und nach mit Bedeutung. Dabei geht der Lautäußerung immer das Hören, dem Sprechen immer das Verstehen voraus. Pädagogische Fachkräfte unterstützen den Spracherwerb, wenn sie Kinder von Anfang an als ernstzunehmende "Gesprächs"-Partner in einen verlässlichen und achtsamen Dialog einbinden.
Ein Blick auf die Schulkinder
Eine besondere Rolle spielt in diesem Alter das Lesen- und Schreibenlernen. Mit zunehmenden Fähigkeiten können Kinder sich jetzt unabhängig von Erwachsenen mit Texten beschäftigen oder Texte herstellen. Außerschulische Bildungseinrichtungen können Kindern viele Möglichkeiten geben, diese neuen Fähigkeiten zu erweitern und zu üben, indem sie ihnen Schriften zu Themen, die sie bewegen, zugänglich machen oder sie dabei unterstützen, selber Schriften herzustellen (zum Beispiel eine Kindergartenzeitung oder ein Theaterstück).
Für Pädagogen
Pädagogische Fachkräfte können Kinder in diesem Bildungsbereich insbesondere fördern, indem sie:
jedes Kind in seinem individuellen Ausdruck ernst nehmen, in der Einrichtung eine Kommunikationskultur aufbauen, die jedem Kind signalisiert: deine Gedanken interessieren uns
in der Alltagsgestaltung Symbole verwenden und mit den Kindern entwickeln, die das Kind versteht und selbst aktiv einsetzen kann
Bücher selbst aktiv nutzen
Kindern den selbständigen Zugang zu Schriften eröffnen (durch Bilderbücher, Sachbücher, Landkarten und vieles mehr)
die Sprachkultur der Herkunftsfamilie kennen, achten und gegebenenfalls in die Arbeit integrieren (Mütter lesen Bilderbücher in ihrer Muttersprache)
verbale und nonverbale Kommunikation unterstützen
Wenn pädagogische Fachkräfte sich in Gegenwart der Kinder Notizen machen, Mitteilungen lesen oder sich von ihnen Briefe oder Eintragungen in ein Gruppentagebuch diktieren lassen, wird die Nutzung von Schrift zum selbstverständlichen Bestandteil des Alltags.
Hinweis zur Verwendung von Cookies
Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: