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Thema : Artenschutz

Herdenschutz



Letzte Aktualisierung: 17.10.2022

Bis zur Ausrottung von großen Beutegreifern (Braunbär, Wolf und Luchs) in weiten Teilen Mitteleuropas im 17. und 18. Jahrhundert, war der Schutz von Weidetieren vor Übergriffen für deren Halter überlebenswichtig. Wie auch heute noch in vielen Regionen mit großen Beutegreifern üblich, spielte bis dahin die Behirtung der Nutztierherden eine wesentliche Rolle im Schutz der Herden. Aber auch der Einsatz von Herdenschutzhunden und die Unterbringung in Nachtpferchen sind Methoden des Herdenschutzes, die bereits mehrere tausend Jahre erfolgreich praktiziert wurden.

Durch die strenge internationale Unterschutz-Stellung von großen Beutegreifern in den 1970er und 1980er Jahren, begannen sich die verbliebenen Restpopulationen langsam zu erholen und wieder auszubreiten. So kam es, dass sich im Jahr 2000 in der sächsischen Lausitz wieder ein Wolfsrudel ansiedelte. Dank der guten Lebensbedingungen und des sehr guten Nahrungsangebots verbreiteten sich die Wölfe von dort zunächst in nordöstliche Richtung in die Bundesländer Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Mittlerweile (Stand Monitoringjahr 2020/21, Quelle: DBBW) gibt es in Deutschland wieder 158 Wolfsrudel, 26 Paare sowie 19 territoriale Einzeltiere und bis auf das Saarland kein Bundesland mehr indem nicht schon Wölfe nachgewiesen wurden.

Während die Rückkehr der Wölfe von Naturschützern als großer Erfolg gefeiert wird, bedeutet er für die Halter von Weidetieren, insbesondere von Schafen und Ziegen eine große Herausforderung. Es erfordert von den Tierhaltern sich an die Anwesenheit von Wölfen anzupassen und ihre Tiere vor Übergriffen zu schützen was mit zum Teil deutlichem Mehraufwand verbunden sein kann.

Warum reißen Wölfe Weidetiere?

Die Überlebensstrategie eines Wildtieres ist es, mit möglichst wenig Energieaufwand viel Beute zu machen. Wölfe jagen meist so, dass ein potenzielles Beutetier wie bspw. ein Reh oder Rothirsch, von seiner Gruppe getrennt, gehetzt und dann erlegt wird. Auf einer Weide mit Schafen stellt sich für den Wolf jedoch eine andere, unnatürliche Situation dar. Die Tiere sind auf einer begrenzten Fläche, welche meist ein Weglaufen verhindert. Wenn ein Tier gerissen wird, ist der Rest der Herde panisch und läuft weiter auf der Fläche hin und her. Dies löst bei dem Wolf immer wieder den Jagdinstinkt aus, so dass es während eines einzelnen Angriffs zu mehreren verletzten und toten Tieren kommen kann.

Schafe oder Ziegen können, sind ihre Weideflächen nicht ausreichend geschützt, zu einer leichten Beute des Wolfes werden. Es ist also wichtig, dass die Zäunungen von Weideflächen wolfsabweisend sind.

Ein Wolf sucht seine Beute meist, indem er mit der Nase am Boden Witterung aufnimmt und dieser folgt. Trifft er dabei auf einen Zaun, der ihn von seiner möglichen Beute trennt, wird er ihn untersuchen, um einen Weg zu finden, diesen zu überwinden. Steht der Zaun unter ausreichend Strom, bekommt das Tier einen schmerzhaften Schlag. Im besten Fall meidet es künftig Zäune und Schafe. Hält der Zaun jedoch weder Strom noch einen geeigneten Untergrabeschutz vor, kann er leicht vom Wolf überwunden oder untergraben werden. Vollständig auszuschließen ist das Überwinden von Zäunen, die als wolfsabweisend gelten nicht, da Wölfe sehr lernfähige Tiere sind. Doch sollte man es Ihnen so schwer wie möglich machen Weidetiere zu erbeuten sonst besteht im Erfolgsfall die Gefahr, dass erneute Übergriffe auf Nutztiere stattfinden und es im schlimmsten Fall zu einer Spezialisierung auf Nutztiere kommt.

Welche Schutzmaßnahmen gibt es?

Um Weidetierschäden durch Wölfe weitestgehend zu vermeiden, werden Weidetierhalter in Schleswig-Holstein gebeten, sich auf die mögliche Anwesenheit von Wölfen einzustellen und ihre Tiere durch entsprechende Präventionsmaßnahmen zu schützen. Dies gilt insbesondere für die Tierhalter, die ihre Weideflächen innerhalb der ausgewiesenen Wolfspräventionsgebiete haben. Für diese Tierhalter sind Präventionsmaßnahmen auch Voraussetzung für Ausgleichszahlungen bei Schaf- und Ziegenrissen durch den Wolf.

Als wolfsabweisend werden in Schleswig-Holstein die im folgenden aufgeführten Zaunformen anerkannt:

  1. 5 Litzenzaun mit einer Höhe von 120 cm
    Der Abstand der Litzen zueinander darf 20 – 30 cm nicht überschreiten. Die 5 Litzen sollen in nachfolgend bezeichneter Höhe zum Boden angebracht werden:
    1. Litze: 20 cm (Untergrabschutz)
    2. Litze: 40 cm
    3. Litze: 60 cm
    4. Litze: 90 cm
    5. Litze: 120 cm
    (es wird empfohlen, für diese Litze eine gut sichtbare 2 cm Breitbandlitze zu verwenden)
    Alle stromführenden Teile des Zaunes müssen zu jeder Zeit eine Spannung von mindestens 3.500 V aufweisen und über eine ausreichende Erdung (max. 0.6 kV am letzten Erdungsstab) verfügen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass höhere Stromspannungen – um die 5.000 Volt – einen noch umfassenderen Schutz der jeweiligen Nutztiere gewährleisten können.
  2. Euronetzzaun mit einer Höhe von mindestens 105 cm
    Elektronetze müssen eine Mindesthöhe von 105 cm an der oberen Netzkante aufweisen. Beim Aufbau der Netze ist auf einen guten Bodenabschluss zu achten. Die Netze dürfen in der Oberlinie nicht durchhängen. Alle stromführenden Teile des Zaunes müssen zu jeder Zeit eine Spannung von mindestens 3.500 V aufweisen und über eine ausreichende Erdung (max. 0.6 kV am letzten Erdungsstab) verfügen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass höhere Stromspannungen – um die 5.000 Volt – einen noch umfassenderen Schutz der jeweiligen Nutztiere gewährleisten können. Gleiches gilt für Elektronetze mit einer Höhe von 120 cm an der oberen Netzkante.
  3. 4–Litzen-Zaun mit einer Höhe von einem Meter
    Der Abstand der Litzen zueinander darf 20 – 30 cm nicht überschreiten. Die 4 Litzen sollen in nachfolgend bezeichneter Höhe zum Boden angebracht werden:
    1. Litze: 20 cm (Untergrabschutz)
    2. Litze: 40 – 45 cm
    3. Litze: 65 – 70 cm
    4. Litze: 100 cm
    Alle stromführenden Teile des Zaunes müssen zu jeder Zeit eine Spannung von mindestens 3.500 V--Volt aufweisen  und über eine ausreichende Erdung (max. 0.6 kV am letzten Erdungsstab) verfügen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass höhere Stromspannungen – um die 5.000 Volt – einen noch umfassenderen Schutz der jeweiligen Nutztiere gewährleisten können.
    Dieser Zauntyp ist nur in den besonders windhöffigen Gebieten der schleswig-holsteinischen Marschen zugelassen.
  4. Festzäune
    Festzäune zur Gewährleistung der Hütesicherheit bestehen in der Regel aus Knoten- oder Ursusgeflecht und sollten eine Mindesthöhe von 100 cm aufweisen. Festzäune können durch folgende Maßnahmen wolfsabweisend ertüchtigt werden:
    ● Durch 3 stromführende Drahtlitzen, von denen die ersten beiden an der Außenseite angebracht werden und zwar die erste in 20 cm Abstand vom Boden (Untergrabschutz), die zweite in halber Höhe des Zaunes. Die dritte wird am oberen Rand des Zaunes mit Ringisolatoren (Stiellänge 10 cm) nach oben angebracht.
    Alle drei stromführende Litzen müssen zu jeder Zeit eine Spannung von mindestens 3.500 Volt aufweisen und über eine ausreichende Erdung (max. 0.6 kV am letzten Erdungsstab) verfügen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass höhere Stromspannungen – um die 5.000 Volt – einen noch umfassenderen Schutz der jeweiligen Nutztiere gewährleisten können.
    ● Alternativ kann ein Knotengeflecht als Untergrabschutz mit Bindedraht am vorhandenen Zaun befestigt und in 80 – 100 cm Breite nach außen flach am Boden ausgelegt und mit Erdankern befestigt werden.
    ● Bei Neuzäunungen kann der Untergrabschutz auch dadurch gewähr-leistet werden, dass das Knotengeflecht 40 – 50 cm tief in den Boden gesetzt wird.

Erdung

Eine gute Erdung ist elementar wichtig für die Wirkung eines Elektrozauns und die Bewertung als wolfsabweisend im Sinne der Wolfsrichtlinie. Egal, ob Litzen- Netz oder Festzaun mit Stromlitzen. Bei allen Zaunvarianten mit Stromfluss muss eine hinreichende Erdung, die eine Funktionsfähigkeit eines solchen Zaunes überhaupt erst ermöglicht, gewährleistet sein.
Die Erdung lässt sich mit einem Zaunprüfer überprüfen. Hierbei muss zuerst ein Kurzschluss der stromführenden Teile erzeugt werden. Dazu platziert man ca. 100 m vom Gerät entfernt Eisenstäbe (oder ähnlich gut leitendes Material) in den Boden, die in direktem Kontakt mit dem Zaunleitermaterial stehen. Die Zaunspannung sollte dadurch bis auf ca. 2.000 Volt absinken. Zur Erdungsprüfung kann man den Metallstab des Zaunprüfers ca. 1 m vom letzten Erdungspfahl des Elektrozaungerätes entfernt in die Erde stecken und die Spitze des Prüfers an den Erdungspfahl halten. Eine optimale Erdung liegt bei einer gemessenen Spannung von 0 – 200 V vor. Spannungs-Werte von 200 - 600 V befinden sich noch im Toleranzbereich. Sollte der Wert über 600 V liegen, ist es notwendig, die Erdung durch Anbringen weiterer Erdspieße zu verbessern, um eine ausreichende Spannung am Zaun zu gewährleisten.

Zusatzschutz Elektronetze bzw. Flexinetz mit Breitbandlitze

Nach einem Riss oder bei einem Rissvorkommen in unmittelbarer Nähe, kann eine zusätzliche Breitbandlitze gezogen werden, um den Schutz der Herde kurzfristig zu erhöhen. Die Litze wird 20 cm über dem Elektronetz gespannt (Aufstellen durch Kunststoffpfähle mit 140 cm Höhe) und dient als zusätzliche, optische Barriere (Höhe, Bewegung im Wind).

Kurzfristiger Schutz Lappzäune

Mit den sogenannten Lappzäunen hat man früher Wölfe gefangen, da sich die Tiere nicht durch die flatternden Bänder wagen. Bunte Lappen (bspw. Bauband) können in ca. 1 m Abstand zueinander an einer Schnur befestigt und um die Zäunung gespannt werden. Lappzäune werden bspw. nach einem Riss eingesetzt, wenn keine andere Schutzvariante zeitnah durchgeführt werden kann. Diese Methode bietet nur einen kurzfristigen Schutz, da sich Wölfe mit großer Wahrscheinlichkeit nach einiger Zeit an diese Zaunvariante gewöhnen und dann überwinden.

Herdenschutzhunde

Eine weitere wirksame Methode des Herdenschutzes ist der Einsatz von Herdenschutzhunden. Herdenschutzhunde werden in vielen Ländern seit Jahrhunderten zum Schutz von Weidetieren eingesetzt. Auch in Deutschland nimmt die Haltung von Herdenschutzhunden als weitere Schutzmaßnahme vor Wolf und Luchs zu.

Je Herde sollten mindestens zwei erwachsene, ausgebildete Herdenschutzhunde eingesetzt werden. Die Anzahl der benötigten Hunde ist pauschal nicht zubenennen, da sich diese nach der Art der jeweils gehaltenen Weidetiere, der Herdengröße, dem Verhalten der Herde und der Größe und Übersichtlichkeit der Weidefläche richtet. Herdenschutzhunde sind vor allem für größere Herden zu empfehlen. Geeignet sind sie für Halter, die sich mit diesen Hunden auskennen bzw. eine fachkundige Beratung zur Verfügung haben.

Präventionsförderung in Schleswig-Holstein

Die Kreise Herzogtum Lauenburg, Segeberg, Pinneberg, Steinburg und Dithmarschen sind als sogenannte Wolfs-Präventionsgebiete (WPG) ausgewiesen. In Ihnen wird die Anschaffung von wolfsabweisenden Zäunen zu 100% gefördert. Auch der Erwerb von Herdenschutzhunden kann bei entsprechender Eignung gefördert werden.

Anträge auf Präventionsförderung können online gestellt werden unter: https://serviceportal.schleswig-holstein.de/Verwaltungsportal/Service/Entry/WolfsP

Bei Fragen zum Herdenschutz oder Antragswesen stehen Ihnen auch die folgenden Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung:

wolfsfragen@mekun.landsh.de

Telefon:

04347-704 325 (Herdenschutz)

04347-704 382 (Antragswesen)

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