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Thema : Artenschutz

FAQ--Frequently Asked Questions Muntjaks

Letzte Aktualisierung: 22.03.2021

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1. Warum werden Muntjaks als invasive Arten angesehen, welche Gefahren bestehen für das heimische Ökosystem?

Eine weltweit wichtige Ursache für den Verlust der biologischen Vielfalt ist das Auftreten von Arten außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes. Hierhin gelangen die Arten infolge menschlicher Aktivitäten wie Handel, Transport und Verkehr. In der Europäischen Union wurde Ende 2014 eine unmittelbar geltende Verordnung erlassen, mit der die Auswirkungen dieser invasiven Arten reduziert werden sollen. Die Verordnung umfasst eine Liste von denjenigen Arten, die in der gesamten Europäischen Union zu bekämpfen sind. Auf ihr wird seit dem Sommer 2016 der Chinesische Muntjak gelistet. Die Aufnahme der Arten erfolgt auf der Grundlage einer Risikoanalyse. Charakteristisch für invasive Arten ist es, dass unmittelbar nach der Einbringung der Einfluss auf die biologische Vielfalt nicht ersichtlich ist; wird dann eine Gefährdung der heimischen Artenvielfalt festgestellt, sind effektive Gegenmaßnahmen meist schon nicht mehr möglich. Daher hat die Vorsorge bei den invasiven Arten Priorität und zur Verhinderung der Neueinbringung von Arten sind besondere Maßnahmen zu treffen.

Chinesische Muntjaks sind in England inzwischen weit verbreitet, nachdem sie in den frühen 1970er Jahren eingeführt wurden. Seit 1985 werden Einflüsse auf die heimische Flora und Fauna festgestellt. Durch den selektiven Fraß treten Verschiebungen in der Vegetationszusammensetzung auf, die sowohl den Rückgang seltener Arten betreffen als auch eine Zunahme von Gräsern, Seggen und anderen gemiedenen Arten. Es wurden aber auch direkte und indirekte Einflüsse auf die Schmetterlingsfauna und Wirbeltiere festgestellt. Indirekt wirken sich die Muntjaks über die Nahrungskonkurrenz auf die heimische Artenvielfalt aus sowie über den Verlust von Habitatstrukturen. Die Reduktion des Blütenangebotes wirkt dabei auf Insekten, der Verlust von sicheren Brutplätzen von Bodenbrütern auf Vogelarten. Darüber hinaus werden aber auch direkte Einflüsse festgestellt, da Muntjaks neben Aas auch Eier und kleine Wirbeltiere fressen.

2. Wie viele freilebende Muntjaks gibt es in Schleswig-Holstein?

In der Region Kosel wird von ca. 5-6 freilebenden Muntjaks ausgegangen. Weitere einzelne freilebende Muntjaks in Schleswig-Holstein sind im letzten Jahr von verschiedenen Orten in Schleswig-Holstein gemeldet worden. Nach verschiedenen Entnahmen in 2020 haben sich die Meldungen zum Jahresende 2020 stark reduziert.

3. Gibt es Hinweise, warum/woher die im März 2020 plötzlich im Gebiet Kosel aufgetretenen Muntjaks stammen können? Erfolgt eine Verfolgung der Verantwortlichen?

Zurzeit lässt sich die Herkunft der Tiere nicht abschließend klären. Das ungenehmigte Aussetzen von Tieren stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die von den zuständigen Behörden verfolgt wird.

4. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um dem Problem der freilaufenden Muntjaks Herr zu werden?

Invasive Arten, zu denen das Muntjak zählt, müssen gemäß Art. 17 EU (VO) 1143/2014 beseitigt werden. Die Beseitigung erfolgt gemäß §40a BNatschG im Ermessen der zuständigen Behörde. Nach dem Erstfund Ende März 2020 wurde die Anzahl der frei laufenden Tiere durch Fang, Abschuss und Verkehrsunfall reduziert. Aktuell werden die jagdlichen Aktivitäten intensiviert.

5. Was ist mit "Beseitigung" gemeint?

Mit dem Begriff der Beseitigung wird die "vollständige und dauerhafte Beseitigung einer Population einer invasiven gebietsfremden Art durch tödliche und nicht tödliche Mittel" bezeichnet (Art. 3 Nr. 13 EU (VO) 1143/2014). Gem. § 40a Absatz 4 Satz 1 BNatSchG kann die zuständige Behörde Exemplare invasiver Arten beseitigen oder durch Beauftragte beseitigen lassen, wenn eine Beseitigung durch den Verursacher der Ausbringung, Ausbreitung oder des Entkommens nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann.

6. Warum müssen die EU rechtlichen Regelungen (u.a. die Beseitigung gemäß Art. 17 EU (VO) 1143/2014) umgesetzt werden? Welchen Entscheidungsspielraum hat das MEKUN beim Vorgehen?

Eine EU Verordnung ist in den Mitgliedstaaten – so auch in Deutschland- für jedermann verbindlich und ist unmittelbar anzuwenden (Art. 288 II AEUV). Die EU Verordnung ist zugleich ranghöheres Recht, sodass selbst bei entgegenstehendem nationalen einfachgesetzlichem Recht ein EU rechtlicher Anwendungsvorrang bestehen würde. Das MEKUN selbst hat die Beseitigungsmaßnahmen nach eigenem Ermessen zu treffen (§40a Abs. 1 BNatschG). Die Ermessenseinräumung erlaubt es der Behörde nicht, vollständig von einer Beseitigungsmaßnahme abzusehen. Sie hat sich bei der Entscheidungsfindung über die Art und Weise der Beseitigung in einem gesetzlich vorgegebenen Ermessensrahmen zu bewegen.

Die zuständige Behörde entschied sich für eine Beseitigung durch mehrere Mittel. Neben dem Abschuss durch die Jägerschaft sieht sie auch eine Beseitigung durch nicht-tödliche Mittel vor. Konkret sieht die Beseitigung durch nicht-tödliche Mittel wie folgt aus: Angesichts des erfolgreichen Fangs von 7 Muntjaks wurde einem Halter die private Haltung erlaubt. Die gewichtigen Entscheidungsgründe für diese Maßnahme (Erlaubnis zur privaten Haltung) sind vor allem, dass die private Haltung eine geeignete Maßnahme darstellt, die invasive Art dem Ökosystem zu entnehmen und so das Ökosystem vor Schädigungen zu bewahren, eine Fortpflanzung der invasiven Art mittels kontrollierter Haltung in Gefangenschaft verhindert werden kann und eine nicht-tödliche Beseitigungsmaßnahme dem Tierwohl der Muntjaks am meisten zugutekommt. Im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens entschied sich die Behörde, die Erlaubnis zur privaten Haltung mit Auflagen zu versehen.

7. Unter welchen Auflagen ist die private Haltung der Muntjaks derzeit als nicht-tödliche Beseitigungsmaßnahme gemäß BNatschG iVm der EU (VO) 1143/2014 erlaubt?

Eine nicht-tödliche Beseitigungsmaßnahme muss in ihrer Wirkung mit einer tödlichen Beseitigungsmaßnahme vergleichbar sein. Zu diesem Zweck wurde die private Haltung als schonendere nicht-tödliche Beseitigungsmaßnahme unter der Voraussetzung zugelassen, dass die Muntjaks nach Geschlechtern getrennt untergebracht, unfruchtbar gemacht und individuell durch Chippen gekennzeichnet werden. Erst die zusätzlichen Auflagen stellen vollständig sicher, dass die private Haltung eine geeignete Alternative zur tödlichen Beseitigung ist.

8. Warum müssen die Muntjaks in der Haltung kastriert oder sterilisiert werden – warum reicht es nicht, dass die Tiere geschlechtergetrennt in doppelter Abzäunung videoüberwachtet dort leben?

Für invasive Arten gilt es, nicht nur das Risiko für die Fortpflanzung in der Haltung zu minimieren, sondern auch das Risiko für das Entkommen zu bewerten und darüber hinaus Vorsorge für den Fall des Entkommens der Tiere aus der Haltung zu treffen. Vorsorgemaßnamen für den Fall eines Entkommen aus einer Haltung sind dabei unabhängig davon zu treffen, wie wahrscheinlich dieses Entkommen ist. Dafür, dass auch aus professionellen Haltungen Tiere entweichen, existieren viele dokumentierte Beispiele.

Im Fall der Muntjaks in Kosel existieren im Umfeld der Haltung freilaufende Muntjaks, so dass fruchtbare Tiere zur Ausbreitung der Art beitragen würden. Allein aus diesem Umstand ergibt sich die Notwendigkeit, die in der Haltung befindlichen Tiere in Kosel durch einen Tierarzt unfruchtbar machen zu lassen. Erst wenn die gefangenen Muntjaks unfruchtbar sind, ist ein zur Tötung der Tiere vergleichbarer Erfolg mit dem bezweckten sicheren Schutz vor der invasiven Art gegeben.

9. Gibt es eine Möglichkeit für den Halter die Muntjaks ohne eine Unfruchtbarmachung weiter zu halten?

Nein.

10. Weiß das MEKUN von Gefahren, die es für männliche und weibliche Muntjaks bei der geforderten Kastration bzw. chemischen Sterilisation gibt?

Zur Unfruchtbarmachung stehen verschiedene, auch bei Wildtieren in Zoos und Tierparks regelmäßig praktizierte Methoden zur Verfügung. Diese werden durch Tierärzte umgesetzt, so dass dem Tierschutz Rechnung getragen wird. Eine Unfruchtbarmachung bei männlichen Muntjaks erfolgt durch Sterilisation, die unter Narkose erfolgt. Bei den weiblichen Tieren steht durch die chemische Kastration eine Methode zur Verfügung, die ohne Narkose umgesetzt werden kann.

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