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26. Tätigkeitsbericht der Anti-Korruptionsbeauftragten (01.01. bis 30.06.2020)

Tätigkeitsbericht der Anti-Korruptionsbeauftragten des Landes Schleswig-Holstein für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2020

Korruption findet im Verborgenen und konspirativ statt. Die jeweils Beteiligten verstoßen gegen Gesetze, schotten ihre Aktivitäten aber soweit möglich nach außen ab. Um das dadurch entstehende Dunkelfeld aufzuhellen, ist es erforderlich, durch oft auch vertrauliche Hinweise, vermehrt zur Aufdeckung und Erhellung solcher Sachverhalte beizutragen. Denn Dritte scheuen oft die Preisgabe ihrer Wahrnehmungen oder sind unsicher in der Einschätzung.

Um eine weitere, nicht dem Strafverfolgungszwang unterliegende Anlaufstelle für Hinweisgeber zu schaffen, wurde daher am 01.08.2007 die Kontaktstelle zur Bekämpfung der Korruption (KBK-SH) eingerichtet.

Der nachfolgende Bericht wurde durch die seit 01.01.2020 ehrenamtlich tätige Anti-Korruptionsbeauftragte Cornelia Gädigk, Oberstaatsanwältin a.D., erstellt und knüpft an die Berichte des vorherigen Anti-Korruptionsbeauftragten Hans-Werner Rogge sowie seines Amtsvorgängers Wolfgang Pistol an.

Letzte Aktualisierung: 04.08.2020

Fallzahlenentwicklung

Dieser 26. Bericht - und für mich der erste Bericht in diesem Ehrenamt - stellt die Tätigkeiten der Anti-Korruptionsbeauftragten in der Zeit vom 01.01.2020 bis zum 30.06.2020 dar.

Im Berichtszeitraum hat es 36 Kontaktaufnahmen durch Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber gegeben, die die Anti-Korruptionsbeauftragte auf unterschiedlichen Informationswegen per Telefon, E-Mail oder per Brief über das eingerichtete Postfach erreichten. Überwiegend erfolgte zunächst eine telefonische Kontaktaufnahme, die aufgrund der ersten Kontakte und Gespräche oft zur ergänzenden Informationsübermittlung per E-Mail oder per Post führte.

Im Zuge der Hinweisbearbeitung ergaben sich jeweils zahlreiche weitere, den Sach- und Informationsstand vertiefende Telefonate, Mailkontakte und briefliche Korrespondenzen. In nur wenigen Fällen war sofort ersichtlich, dass die mitgeteilten Sachverhalte sich nicht auf Korruptionsdelikte bezogen.

Zwei Personen, die Hinweise gaben, wandten sich mit jeweils zwei unterschiedlichen Sachverhalten an die Anti-Korruptionsbeauftragte. Insoweit ist nachfolgend die Zahl der mitgeteilten Sachverhalte maßgebend.

Von den 36 Kontakten

  • bezogen sich in vier Fällen die mitgeteilten Sachverhalte auf bereits in der Vergangenheit vorgetragene Fälle, die bei der Staatsanwaltschaft schon anhängig und abgeschlossen waren. In einem dieser Fälle wurde gleichwohl wegen neu mitgeteilter Fallkonstellationen die Staatsanwaltschaft Kiel informiert.
  • Zwei Hinweise wurden an die zuständigen Verwaltungsbehörden weitergeleitet, da ersichtlich kein Korruptionsverdacht, aber durchaus möglicherweise Anhaltspunkte für fehlerhafte Entscheidungen der Verwaltungen vorlagen.
  • In zwei Fällen wurden die hinweisgebenden Personen an andere Beauftragte des Landes verwiesen.
  • Neun Hinweise wurden nach Prüfung und zum Teil Erörterungen nicht weiterverfolgt, da diesen Sachverhalten kein spezifizierter Hinweis auf mögliche Korruption vorlag.
  • In einem Fall erfolgte eine Beratungsanfrage, die im Ergebnis zu Zwecken der Prävention an das zuständige Ministerium berichtet wurde.
  • Ein Kontaktversuch eines Anrufers führte nicht zur Aufnahme von Kommunikation.
  • Zwei Hinweisgebende hatten ausdrücklich kein Interesse an einer strafrechtlichen Verfolgung, sondern es ging ihnen eher generell um Weitergabe von Hintergrundinformationen.
  • Bei 15 weiteren Hinweisen liegen Sachverhalte zugrunde, für die zur Spezifizierung möglicher Korruptionsdelikte eine weitergehende Prüfung und Bearbeitung durch die Anti-Korruptionsbeauftragte erfolgte.

Von diesen Vorgängen wurden inzwischen:

  • sieben Vorgänge an die Staatsanwaltschaft zur weitergehenden Beurteilung und Bearbeitung weitergeleitet, weil ausdrücklich Anzeige erstattet wurde oder die Vorprüfung und vorläufige Bewertung Anhaltspunkte für Straftaten beinhalteten. In zwei dieser Fälle wurden die Ermittlungen eingestellt. In einem Fall, der ergänzend zu bereits anhängigen Verfahren neue Vorwürfe beinhaltete, wurde von einer Wiederaufnahme der Ermittlungen abgesehen.
  • Ein weiterer Vorgang befindet sich in Vorbereitung zur Abgabe an die Staatsanwaltschaft.
  • Bei sieben Hinweisen, die entweder etwas komplizierter oder erst kürzlich mitgeteilt worden sind, dauert die Kommunikation, Prüfung und Bearbeitung an. Insoweit bedarf es weiterer Nachfragen und Überprüfungen. Es wurden teils weitere Informationen angefordert.

Entwicklung der Fallzahlen im Vergleich zum 2. Halbjahr 2019

Im Ergebnis haben sich die Hinweise im ersten Halbjahr ungefähr im Rahmen der Anzahl der mitgeteilten Sachverhalte wie der im langjährigen Durchschnitt bewegt.

Ein gewisser zahlenmäßiger Anstieg dürfte vor allem durch den Wechsel in der Person der Anti-Korruptionsbeauftragten und der damit verbundenen Bekanntgabe in den Medien zusammenhängen. Diejenigen Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber, die bereits vorliegende oder bekannte Sachverhalte mitteilten, fühlten sich offensichtlich infolge der Neubesetzung der Anti-Korruptionsbeauftragten ermuntert, ihre fortbestehenden Zweifel an behördlichen oder staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen zu artikulieren und eine erneute Überprüfung anzuregen.

Der Anstieg der Hinweise bedeutet indes nicht, dass die Korruption im Land Schleswig-Holstein zugenommen hätte.

Überwiegend ging es den Kontakt aufnehmenden Personen um Anliegen, aus denen sich Zweifel an der Sachbezogenheit und Ordnungsgemäßheit behördlichen oder justiziellen Handeln schließen ließen. Möglicherweise fehlt es in der Außenwirkung insoweit an ausreichender Transparenz und Vertrauen. Nur vereinzelt wurden ersichtlich generelle Unzufriedenheiten über behördliches Handeln zum Anlass von Meldungen genommen. Es gilt hervorzuheben, dass nicht jede möglicherweise regelwidrig erfolgte oder nicht nachvollziehbare Entscheidung eine Straftat darstellt.

Entwicklung der Fallzahlen seit Einrichtung der Funktion des AKB in 2007

Die Zahl der eingegangenen Hinweise beläuft sich damit auf nunmehr 813.

Hiervon erwiesen sich insgesamt 233 Fälle als so konkret und möglicherweise strafrechtlich relevant, dass sie der für strukturelle Korruption zuständigen Abteilung der Schwerpunktstaatsanwalt in Kiel übergeben wurden.

Unabhängig davon bedurfte es bei der Mehrzahl der mitgeteilten Sachverhalte jeweils mehrerer Kontaktaufnahmen, Vorprüfungen und Recherchen, um mögliche Korruptionsindikatoren herauszuarbeiten und auf Konkretisierungen seitens der hinweisgebenden Personen hinzuwirken. Wie bereits dargestellt, befinden sich jedenfalls 7 Sachverhalte noch in der näheren Überprüfung.

Die Tabelle zur langjährigen Fallzahlentwicklung wurde fortgeschrieben und ist beigefügt. Die Zahl der mitgeteilten Hinweise von 777 bis Ende 2019 ist auf 813 angestiegen. Die insgesamt 233 Sachverhalte, die nach der Bearbeitung durch den/die Antikorruptionsbeauftragte/n an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurden, belegen die Bedeutung einer unabhängigen Stelle zur Aufhellung des Dunkelfeldes.

Bisherige Erfahrungen der Anti-Korruptionsbeauftragten

Die Tätigkeit in diesem ersten Halbjahr 2020 als Anti-Korruptionsbeauftragte hat die bisherigen Entwicklungen und Vorgehensweise bestätigt. Es gab bereits in diesem kurzen Zeitraum sehr viele interessante Gespräche, nicht nur telefonisch, sondern in Einzelfällen – wegen oder trotz Kontaktbeschränkungen infolge von Covid 19 - auch persönlich, Schriftverkehre und viel Kommunikation per E-Mail. Es wurden Sachverhalte aus vielen Lebensbereichen berichtet, aus denen sich ergab, dass viele Menschen das Gefühl hatten, dass die von ihnen wahrgenommenen Umstände nicht mit rechten Dingen zugehen könnten. Der ganz überwiegende Teil der Menschen, die zur Anti-Korruptionsbeauftragten Kontakt aufnahmen, vermittelten ein großes Vertrauen zu einer Person, die nicht eine unmittelbar behördliche Position innehat, einen möglichen Verdacht, dass Unrecht und Bevorteilung stattgefunden hätten, mitzuteilen. Vielen ging es um die Möglichkeit, ihre Hinweise auf Ungereimtheiten und mögliche strafrechtlich relevante Vorgehensweise artikulieren und hinterfragen zu können. Viele der Personen suchten auch nach der Möglichkeit, dass jemand diese Angelegenheit weiterverfolgen oder sie in ihren Anliegen sonst unterstützen kann.

Wegen der meist konspirativen und verdeckten Vorgehensweise bei der Zuwendung von Vorteilen gleich welcher Art beinhalteten nur wenige Hinweise konkrete Angaben über gewährte Vorteile wie Einladungen, Vermögensmehrungen oder sonstige Zuwendungen an Entscheidungsträger oder Dritte.

Nur wenige Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber machten von der Möglichkeit Gebrauch, ihre Hinweise und Informationen absolut anonym berichten zu können. Die meisten Erstkontakte erfolgten über E-Mail oder Anrufe.

Die Gespräche machten deutlich, dass diese Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber den Weg direkt zur Polizei vor Ort oder zu der in der Regel weiter entfernt gelegenen Staatsanwaltschaft nicht eingeschlagen hätten, da sie sich nicht sicher genug waren, dass ihre persönliche Einschätzung und ihr Gefühl wirklich einen strafbaren Vorwurf ergeben würden.

Aus hiesiger Sicht auffällig ist, dass sich zahlreiche Eingaben neben Unverständnis für behördliche Entscheidungen, teilweise Hinweisen auf persönliche Bereicherungen von Amtsträgern, insbesondere auch auf Entwicklungen in den Städten und Gemeinden zu der Einführung erneuerbarer Energien nach dem EEG befassten. Die Transparenz der Lobbyarbeit der Anbieter für diese Projekte mit den Entscheidungsträgern in den behördlichen Institutionen erscheint verbesserungswürdig. Dies führt zum nächsten Punkt.

Prävention (Vorträge)

Die Tätigkeit der Anti-Korruptionsbeauftragten ist auch auf Prävention und Sensibilisierung ausgerichtet. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen infolge der Covid-19-Bekämpfungsmaßnahmen mussten aber mehrere Präventionsveranstaltungen abgesagt bzw. verlegt werden. Dies ist besonders zu bedauern, da mit diesen Vorträgen und Seminaren insbesondere die Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für korruptionsrelevante Sachverhalte und das Erkennen von Indikatoren für mögliche Korruption vermittelt werden soll, um ihnen eine gewisse Sicherheit im Umgang mit schwierigen Situationen und den Meldepflichten gemäß Nummer 6 der Richtlinie „Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung in der Landesverwaltung Schleswig-Holstein“(Amtsblatt SH 2018, 1160) zu vermitteln.

Solche Veranstaltungen tragen nicht zuletzt auch für das Bewusstsein für eine verbesserte Transparenz behördlicher Entscheidungen bei.

Auf der anderen Seite wurden und werden die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation – auch gegenüber Behörden und Ministerien - genutzt, um auch auf diesem Wege zur Sensibilisierung beizutragen und sich gegenseitig zu unterstützen. Dafür bedanke ich mich.

Nach aktueller Planung sollen ab August entsprechende Veranstaltungen wieder stattfinden.

Zusammenarbeit

Wie aus den Berichten der Vorjahre ersichtlich, besteht seit Einrichtung der Kontaktstelle zur Bekämpfung der Korruption in Schleswig-Holstein mit dem Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig-Holstein, der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein, der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Kiel und dem Landeskriminalamt Schleswig-Holstein eine gute, konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dies war mir bereits aus meiner früheren Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft Hamburg durchaus bekannt.

Von Anfang meiner Tätigkeit als Anti-Korruptionsbeauftragte habe ich dies nun persönlich und unmittelbar erleben dürfen. Mir wurde von Anfang an großes Vertrauen entgegengebracht und uneingeschränkt menschliche wie fachliche und natürlich organisatorische Unterstützung zuteil. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich bei allen Personen, mit denen ich gemeinsam meinen Beitrag zu einer effizienten Vorbeugung und Verfolgung von Korruption leisten konnte. Und ich freue mich auf die Fortsetzung.

gez. Cornelia Gädigk

Anti-Korruptionsbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein
Postfach 1152
25442 Quickborn
Telefon: 015120043503
Mail: antikorruption.landsh@posteo.de

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