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Ministerium für Justiz und Gesundheit : Thema: Ministerien & Behörden

Prof. Dr. Kerstin von der Decken

Ministerin für Justiz und Gesundheit

„Kein Täter werden in Schleswig-Holstein“ – Maßnahmen zur Prävention von Kindesmissbrauch

Letzte Aktualisierung: 29.08.2019

Bundesweites Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ startet in Schleswig-Holstein regionale Kampagne. Justizministerin stellt Maßnahmen vor, wie Betroffene stärker auf die therapeutischen Angebote aufmerksam werden.

Nach empirisch begründeten Schätzungen fühlt sich etwa ein Prozent der deutschen Bevölkerung sexuell zu Kindern hingezogen. Das sind in Deutschland etwa 250.000 Betroffene, in Schleswig-Holstein etwa 7.000. Diese sexuelle Präferenzstörung wird als „Pädophilie“ bezeichnet. Pädophilie kann nicht behoben oder geheilt, aber kontrolliert werden. Das Zentrum für Integrative Psychotherapie (ZIP) am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, startet deshalb im Sommer 2019 die Kampagne „Kein Täter werden in Schleswig-Holstein“, um das therapeutische Angebot bekannter zu machen, Betroffenen zu helfen und damit den Kinderschutz in Schleswig-Holstein zu stärken.

Um über den aktuellen Stand der Projektarbeit zu informieren, stellte Justizministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack gemeinsam mit dem Projektkoordinator des ZIP, Prof. Dr. Christian Huchzermeier, die regionale Kampagne vor. Dr. Sütterlin-Waack betonte den hohen Anspruch von „Kein Täter werden“: „Alle in diesem Projekt beschäftigten Fachkräfte besitzen höchstes Fachwissen. Zugleich ist das schleswig-holsteinische Projekt den fachlichen Standards des bundesweiten Netzwerks verpflichtet. Beide Aspekte sind uns sehr wichtig. Nur so erhalten wir bei allen kriminalpräventiven Maßnahmen die bestmögliche Gewähr für eine hohe Qualität des Angebots. Nur so erreichen wir bei dieser schwierigen wie sensiblen Zielgruppe auch gute Ergebnisse. Denn das Projekt ‚Kein Täter werden‘ will Männern und Frauen, die auf Kinder ausgerichtete sexuelle Neigungen verspüren und über ein entsprechendes Problembewusstsein verfügen, die Möglichkeit eröffnen, sich sexualtherapeutisch behandeln zu lassen“, erklärte Sütterlin-Waack. Seit 2018 werden die Behandlungsmaßnahmen nicht mehr vom Land, sondern von der Gesetzlichen Krankenversicherung getragen. Das Land fördert in diesem Jahr aber mit knapp 100.000 Euro die nun vorgestellte Kampagne zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades des Projektes. 

Bereits im Jahr 2005 wurde an der Berliner Charité das Projekt „Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch im Dunkelfeld“ gestartet. Innerhalb der folgenden Jahre sind an verschiedenen Standorten in Deutschland ähnliche Therapiezentren eröffnet worden, die sich 2011 zu dem bundesweiten Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ zusammengeschlossen haben. Mittlerweile ist über das Präventionsnetzwerk an zwölf Standorten in Deutschland professionelle Hilfe für Personen mit pädophilen Neigungen verfügbar – freiwillig, unter Schweigepflicht und seit 2018 als Gesundheitsleistung von der Krankenkasse in einem speziellen multizentrischen Modellprojekt finanziert. Der Kieler Standort ist 2009 eröffnet worden und gehört zu den Gründungsmitgliedern des bundesweiten Präventionsnetzwerks.

In zehn Jahren „Kein Täter werden“ in Kiel meldeten sich allein in Schleswig-Holstein etwa 400 Personen, die wegen einer pädophilen Problematik Hilfe suchten – ein deutlicher Hinweis darauf, dass dieses Angebot von Betroffenen mit einem Leidensdruck angenommen wird. Aus Sicht des Direktors der Abteilung Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am ZIP, Prof. Dr. Christian Huchzermeier, brauche es eine Vielzahl von Maßnahmen, um Kinder wirksam vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Er betont: „Sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhindern, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das spezielle Ziel unseres Präventionsangebots im ZIP ist, pädophile Menschen zu erreichen, bevor es zu sexuellen Übergriffen kommt.“

Die nun vorgestellte Informationskampagne hat das Ziel, das Projekt zur Verhütung von Kindesmissbrauch in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. So soll der Bekanntheitsgrad des Angebots in der Bevölkerung erhöht und zugleich die Anzahl der Kontaktaufnahmen von Betroffenen gesteigert werden. In diesem Rahmen wurden verschiedene PR-Maßnahmen entwickelt. Dazu gehören neben einem neuen Kampagnenfilm auch Plakatwerbung, die Auslage von Informationsmaterialien in Arztpraxen, Beratungsstellen sowie öffentlichen Einrichtungen, das Schalten von Anzeigen online sowie offline und die Bündelung aller Informationen auf einer Kampagnenwebsite. Durch Beiträge in (Fach-)Zeitschriften und Informationsveranstaltungen soll ein landesweites Netzwerk entstehen. Neben diesen klassischen Bestandteilen einer Informationskampagne setzt Prof. Dr. Huchzermeier mit seinem Team auf einen Online-Fragebogen, der Betroffenen eine erste Einschätzung über eine mögliche pädophile Präferenz ermöglichen kann. Zudem sollen die neuen Möglichkeiten der Telemedizin genutzt werden, um den Zugang zu den therapeutischen Angeboten auch für Personen zu erleichtern, die nicht in Kiel, sondern z.B. in Nordfriesland oder Dithmarschen leben.

Die bisher vorliegenden Daten aus dem bundesweit tätigen Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ zeigen, dass diese Zielsetzung erreicht werden kann: Zwischen 2005 und 2018 haben über 9.515 Betroffene an den zwölf verschiedenen Standorten in Deutschland Hilfe gesucht. Beinahe 3.000 von ihnen haben die Diagnostik absolviert und über 900 Betroffene haben sich in eine längerfristige Therapie begeben, von denen zwischenzeitlich fast 400 die Therapie erfolgreich abgeschlossen haben. „Die bisherige Auswertung der Therapieergebnisse hat ergeben, dass die meisten der Teilnehmer eine deutlich bessere Kontrolle über ihr sexuelles Verhalten erreicht haben. Die angebotenen medizinisch-therapeutischen Interventionen tragen also dazu bei, sexuellen Kindesmissbrauch zu verhindern“, so Huchzermeier.

Die Website und der Film zur Informationskampagne ist abrufbar unter https://www.kein-taeter-werden.sh/

Für Rückfragen steht zur Verfügung:
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Zentrum für Integrative Psychiatrie (ZIP)
Prof. Dr. Christian Huchzermeier
Tel.: 0431 500-98600, E-Mail: Christian.Huchzermeier@uksh.de

Verantwortlich für diese Presseinformation:
Oliver Grieve, Pressesprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Mobil: 0173 4055 000,
E-Mail: oliver.grieve@uksh.de
Campus Kiel   Arnold-Heller-Straße 3, Haus 31            24105 Kiel        Tel.: 0431 500-10700    Fax: -10704
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