Navigation und Service

Thema : Reaktorsicherheit

Kernkraftwerksfernüberwachung Schleswig-Holstein (KFÜ--Kernkraftwerksfernüberwachung-SH)

Die Kernkraftwerksfernüberwachung als Instrument der täglichen atomrechtlichen Aufsicht dient u.a. zur Überwachung der Strahlenexposition in der Umgebung der Kernkraftwerke in Schleswig-Holstein, die Messwerte werden arbeitstäglich veröffentlicht.

Letzte Aktualisierung: 08.06.2022

Allgemeines

Bereits seit 1981 wird in Schleswig-Holstein durch die atomrechtliche Aufsichts- und Genehmigungsbehörde die Kernkraftwerksfernüberwachung (KFÜ) betrieben und ständig weiterentwickelt.                      

Neben der kontinuierlichen Überwachung

  • von Emissionswerten
  • ausgewählten anlagentechnischen Parametern
  • und meteorologischen Ausbreitungsbedingungen

an den Standorten der Kernkraftwerke Brunsbüttel, Krümmel und Brokdorf wurde ein

  • ortsfestes Messnetz zur Erfassung der Gamma-Ortsdosisleistung (ODL)

in der Umgebung der Anlagen bis zu einer Entfernung von 25 km eingerichtet.

Bertin Funkmesssonde GammaTRACER XL Funk: Eine der in der KFÜ-SH zur Umgebungsüberwachung eingesetzten Funkmesssonden
Bertin Funkmesssonde GammaTRACER XL Funk: Eine der in der KFÜ-SH zur Umgebungsüberwachung eingesetzten Funkmesssonden

Die Bedeutung der Kernkraftwerksfernüberwachung liegt einerseits in der Nutzung als Instrument der täglichen atomrechtlichen Aufsicht. Andererseits erlaubt die KFÜ-SH die Beobachtung der Strahlenexposition in der Umgebung im Zusammenhang mit den Emissionen und den Ausbreitungsbedingungen. Die Kernkraftwerksfernüberwachung besitzt daher auch große Bedeutung für den Katastrophenschutz in der Umgebung der kerntechnischen Anlagen.

2002 wurde in Schleswig-Holstein das Dosisleistungsmessnetz vollständig erneuert. Dabei ging es um

  • den Einsatz moderner Strahlenmesstechnik vor Ort und Datenübertragung entsprechend dem Stand von Wissenschaft und Technik,
  • die Neustrukturierung des Messortkonzeptes gemäß den aktuellen Überwachungsaufgaben und den Anforderungen des Katastrophenschutzes.

Bei der Festlegung der ca. 80 landeseigenen KFÜ-Messorte wurde davon ausgegangen, dass durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bereits bundesweit ein Netz von ortsfesten ODL-Messstationen betrieben wird, von denen sich ca. 60 in der 25 km-Zone der Kernkraftwerke befinden.

  • Die KFÜ-Messstationen sind so angeordnet, dass sie sich mit den BfS-Messstationen zu einem gleichmäßigen und dichten Messnetz ergänzen, das der Aufteilung der Umgebung in Katastrophenschutz-Zonen und -Sektoren Rechnung trägt.
  • Die Daten der mitbenutzten BfS-Stationen werden in die Datenbank der KFÜ-SH übernommen.
  • Die Daten der KFÜ-Stationen werden für die BfS-Zentrale bereitgestellt.

Der Nutzen besteht für das Bundesamt für Strahlenschutz und für die atomrechtliche Aufsichtsbehörde in Schleswig Holstein gleichermaßen darin,

  • mit dem Zugriff auf insgesamt etwa 140 Messstationen an der Unterelbe über ein dichteres Radioaktivitätsmessnetz und damit auch
  • online über den gleichen Datenbestand zur Beurteilung der radiologischen Lage zu verfügen.

Historie                         

 Das Atomgesetz (Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren) weist den Bundesländern in § 19 in Verbindung mit § 24 die Aufsichtspflicht für die im Lande bestehenden Atomkraftwerke zu. Daher begann die Aufsichtsbehörde - heute das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) – bereits 1981 in Schleswig-Holstein mit der Errichtung einer automatisierten Kernkraftwerksfernüberwachung (KFÜ) als ein Mittel zur ständigen Aufsicht über das damals einzige in Betrieb befindliche Kernkraftwerk Brunsbüttel.    

Alle Daten werden in der KFÜ-Zentrale gebündelt, verarbeitet und gesichert. Diese Daten stehen an den PC-basierten Arbeitsplatzrechnern zur Auswertung und für Berechnungen zur Verfügung.
Alle Daten werden in der KFÜ-Zentrale gebündelt, verarbeitet und gesichert. Diese Daten stehen an den PC-basierten Arbeitsplatzrechnern zur Auswertung und für Berechnungen zur Verfügung.

Bereits seit Beginn der Fernüberwachung in Schleswig-Holstein wird die Aufsichtsbehörde bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben fachtechnisch durch externe unabhängige Institutionen und Firmen unterstützt. Für den sicheren Betrieb des Rechnernetzes und der Kommunikationseinrichtungen ist Dataport mit Sitz in Altenholz zuständig. Die Betreuung der Datenerfassung, die Bewertung der Messergebnisse und der fachtechnische Betrieb obliegen der ESN Sicherheit und Zertifizierung GmbH (ESN) mit Sitz in Schwentinental.        

1983 und 1986 wurde die Kernkraftwerksfernüberwachung jeweils zur Überwachung der in Betrieb gehenden Kernkraftwerke Krümmel und Brokdorf erweitert. Dabei wurde gleichzeitig mit der automatisierten Überwachung der Kernkraftwerke auch ein Messnetz zur Überwachung der Gamma-Ortsdosisleistung (ODL-Messnetz) in der Umgebung dieser Kernkraftwerke errichtet.                                     

1996 erfolgte die grundlegende Erneuerung der Rechentechnik und der Kommunikationseinrichtungen der KFÜ. Lieferant des neuen KFÜ-Systems war die Firma Siemens. Das Kommunikationsnetz wird von T-Systems bereitgestellt.                      

2002 erfolgten die Neustrukturierung des ODL-Messnetzes und der Ersatz der 80 ortsfesten Messstationen durch infrastrukturunabhängige Funkmesssonden vom Typ "Saphymo GammaTracer". Durch die zusätzliche Einbeziehung von 60 Messstationen des Bundesamtes für Strahlenschutz konnte die Effektivität der Umgebungsüberwachung wesentlich verbessert werden.          

Struktur und Standorte             

Die Abbildung rechts zeigt die Struktur des KFÜ-Rechnernetzes. Die Datenerfassung geschieht in den Kernkraftwerken und in deren Umgebung. Alle Daten werden in der KFÜ-Zentrale gebündelt, verarbeitet und gesichert.

Diese Daten stehen an den KFÜ-Arbeitsplatzrechnern zur Auswertung und für Berechnungen zur Verfügung.    

Karte mit Standorten des KFÜ SH
Standorte des KFÜ SH.

Arbeitsplatzrechner

Insgesamt gibt es mehr als 40 Arbeitsplatzrechner bei der Aufsichtsbehörde, bei ESN und Dataport, im Lagezentrum des Innenministeriums, bei den unteren Katastrophenschutzbehörden in den Kreisen Steinburg, Dithmarschen, Pinneberg und Herzogtum Lauenburg sowie in den Kernkraftwerken.                            

Der Funktionsumfang und der Datenbestand sind für alle Arbeitsplatzrechner gleich und werden benutzerspezifisch zugewiesen. Auf der Bedienoberfläche des KFÜ-Arbeitsplatzrechners können alle im System vorgehaltenen Messwerte, wie ODL-Messwerte, Emissions- und Wetterdaten gemeinsam dargestellt werden.     

Die KFÜ-Zentrale

Die KFÜ-Zentrale in Kiel besteht im Kern aus zwei sich gegenseitig überwachenden Servern, denen noch ein weiterer Notfallserver zugeordnet ist. Die Server dienen zur Systemadministration, zur Steuerung der Kommunikation im Rechnerverbund, zur Durchführung von Ausbreitungsrechnungen sowie zur Datenhaltung und Pflege des Datenbestandes. Dieser umfasst alle seit 1983 erfassten 10-Minuten-Mittelwerte.

Datenerfassung            

In den Kernkraftwerken werden die Daten der betreibereigenen Instrumentierung sowie Wetterdaten und ausgewählte Anlagenparameter ausgekoppelt. Insgesamt sind dies jeweils zwischen 30 und 50 analoge Messwerte und eine Anzahl binärer Parameter, die über Trennverstärker bereitgestellt werden. Die Erfassung erfolgt auf redundant ausgelegten Kraftwerkstationsrechnern, die sich gegenseitig überwachen und von der KFÜ-Zentrale abgefragt werden.   

Die Erfassung der Gamma-Ortsdosisleistung (ODL) in der Umgebung der Kernkraftwerke erfolgt über Messstationen der Aufsichtsbehörde und des Bundesamtes für Strahlenschutz. Die Messorte sind so gewählt, dass pro 30-Grad-Sektor drei bis fünf ODL-Messstellen in verschiedenen Entfernungen bis maximal 25 km vorhanden sind. Insgesamt umfasst das Messnetz an der Unterelbe 140 Standorte, davon 80 KFÜ-eigene und 60 des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS).                                  

Die Daten der KFÜ-eigenen Stationen werden zyklisch über Funk an vier Basisstationen in der Umgebung der Kraftwerke gesendet und von dort leitungsgebunden an die KFÜ-Zentrale übermittelt. Die Messwerte der ergänzenden BfS-Stationen werden einmal täglich, im Ereignisfall stündlich durch die KFÜ-Zentrale abgefragt.

Aufgaben 

Nach § 19 in Verbindung mit § 24 des Atomgesetzes haben die Bundesländer die atomrechtliche Aufsichtspflicht für die im Land befindlichen Kernkraftwerke. Die zuständige Aufsichtsbehörde - in Schleswig-Holstein das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) - hat zur Wahrnehmung der atomrechtlichen Aufsichtspflicht den Betrieb der Kernkraftwerke zu überwachen und sich dabei von der Einhaltung der rechtlichen Verpflichtungen durch die Betreiber zu überzeugen.                                      

Die Fernüberwachung von Kernkraftwerken umfasst fünf Schwerpunkte:

  1. Überwachung solcher Anlagenparameter, die für die Emissionsüberwachung bedeutsam sind oder Hinweise auf den Betriebszustand und die Einhaltung besonderer Schutzziele geben
  2. Überwachung der Ableitung und Freisetzung radioaktiver Stoffe (Emissionsüberwachung)
  3. Überwachung der Aktivitätskonzentration und Ortsdosisleistung (ODL) an ausgewählten Punkten des Kontrollbereiches der Anlage
  4. Erfassung der für die Ausbreitung und Ablagerung radioaktiver Stoffe bedeutsamen meteorologischen Einflussgrößen (Meteorologie)
  5. Überwachung der Gamma-Ortsdosisleistung auf dem Betriebsgelände und in der Umgebung der Anlage

Darüber hinaus kommt der KFÜ-SH auch eine wesentliche Aufgabe nach Stör- oder Unfällen in einem Kernkraftwerk mit radiologischen Folgen für die Umgebung zu. Die KFÜ-Ausbreitungsrechnungen sollen bei Freisetzungen radioaktiver Stoffe in die Atmosphäre schnelle und fundierte Entscheidungshilfen liefern. Das System ist somit ein wichtiges Hilfsmittel für die Ermittlung und Bewertung der radiologischen Situation und die Beratung der Katastrophenschutzeinsatzleitung durch den Fachberater Strahlenschutz.

Die Kernkraftwerksfernüberwachung liefert Grundlagen für eine möglichst frühzeitige Entscheidung über ggf. erforderliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung.

Verfügbarkeit der Daten

Dargestellt werden KFÜ-Messwerte zur Gamma-Ortsdosisleistung (ODL) in der Umgebung der Kernkraftwerke Brunsbüttel, Brokdorf und Krümmel, ergänzt durch meteorologische Ausbreitungsparameter, die am KKW-Standort gemessen werden.
Die Messwerte werden arbeitstäglich qualitätsgesichert.

Bei der Qualitätssicherung (QS) im Rahmen der KFÜ-Betriebsführung werden u.a. ergänzende Kommentare erstellt zu Wetterlagen, wiederkehrenden Messgeräteprüfungen, Ausfall von Messstationen oder anderen Besonderheiten, die die Datenerfassung am Messort beeinflussen können.

Daher werden die qualitätsgesicherten Daten erst ab dem frühen Nachmittag eines jeden Arbeitstages zur Verfügung gestellt. Bis zum Abschluss der QS werden die Daten für den Vortag nicht angezeigt - an Wochenenden oder Feiertagen auch für mehrere vorangegangene Tage.

Die Darstellung der Messwerte erfolgt als PDF-Grafik und Protokoll für die letzten 7 Tage oder die letzten 6 Monate, inkl. der Kommentare. Die PDF-Dokumente können gedruckt oder auf andere Weise weiterverwendet werden. Die Messwert-Auswahl kann über die geodatenbasierte Oberfläche und alphabetisch geordnete Messort-Auswahllisten vorgenommen werden.

Auswertung der Messergebnisse

Die Gamma-Ortsdosisleistung resultiert aus kosmischer Strahlung, aus der terrestrischen Strahlung vom Boden und aus der Wolkenstrahlung infolge der atmosphärischen Ausbreitung radioaktiver Stoffe. In Schleswig Holstein wird in der Regel eine Ortsdosisleistung von 60 bis 100 nSv/h, bzw. 0,06 bis 0,10 μSv/h gemessen. Der bundesweite Vergleich mit dem ODL-Messnetz des Bundesamtes für Strahlenschutz ist unter www.bfs.de zu finden.

Im bestimmungsgemäßen Betrieb der Kernkraftwerke zeigen die ODL-Messwerte in der Umgebung der KKW Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel nur selten Schwankungen. Diese sind teils auf statistische Schwankungen der Zählraten, teils auf wetterbedingte Einflüsse wie z.B. Starkregen zurückzuführen. Außerdem kann es vereinzelt durch mobile Strahlenquellen wie Röntgengeräte oder vorbeigehende Transporte von Gestein, Mineraldünger oder anderem Material zu erhöhten Messwerten kommen. Die Gründe für diese erhöhten Werte werden in den Kommentaren zu den betreffenden Messstationen angegeben.

Aufgrund des großen Messbereiches der Messstationen von 10 E-9 Sv/h bis 10 Sv/h erfolgt die grafische Darstellung mit logarithmischem Maßstab.

Beispiel: 0,080 μSv/h = 0,080 E-6 Sv/h.

Windrose

Die Wetterdaten beziehen sich in jedem Falle auf den KKW-Standort. Bei der Interpretation ist zu beachten:

  • „Windrichtung“:

    Aus dieser Richtung kommt der Wind, z.B. Westwind aus Westen = 270 Grad

  • „Ausbreitungsrichtung“:

    In diese Richtung weht der Wind, z.B. bei Westwind nach Osten = 90 Grad

Die Umgebung der KKW wird in 12 Sektoren zu je 30 °unterteilt, der Bereich zwischen 345° und 15° bildet den Sektor 1.
Die grafische Darstellung der Windrichtung aus Norden (Sektor 1) sieht in der linearen PDF-Grafik insbesondere dann, wenn der Wind um Norden pendelt, bemerkenswert aus, ist aber in der Realität nur eine geringe Veränderung.

Zur Bezeichnung von Wind- und Ausbreitungsrichtungen können auch die Sektoren angegeben werden. Diese Sektoren sind hilfreich für die Auswahl der ODL-Stationen eines Sektors.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link:

Datenschutz

Auswahl bestätigen

Mastodon