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Thema : Kredite und Zinsmanagement

Einsatz von Finanzderivaten im Rahmen des Kredit- und Zinsmanagements des Landes Schleswig-Holstein

Letzte Aktualisierung: 28.08.2018

Ausgangssituation und Hintergrund:

Die Verschuldung des Landes Schleswig-Holstein beträgt rd. 26 Mrd. . Die Zinsausgaben haben sich im Zuge der Niedrigzinsphase seit 2011 in etwa halbiert und betragen aktuell rd. 500 Mio. . Trotzdem bleiben sie eine wesentliche Ausgabenposition im Landeshaushalt.

 

Diagramm Schulden und Zinsausgaben seit 2000
Diagramm Schulden und Zinsausgaben seit 2000

Das Land Schleswig-Holstein befindet sich in der Rolle eines Dauerschuldners: Der überwiegende Teil der Kredite wird bei Fälligkeit durch neue Kredite ersetzt. Auch bei einem konstanten oder wie in den letzten Jahren- leicht sinkenden Schuldenstand müssen aufgrund der Fälligkeiten der bestehenden Schulden jährlich ca. 3 bis 4 Mrd. neu finanziert werden. Eine vereinfachte Rechnung macht das Problem deutlich: Wenn die Zinsen nur um einen Prozentpunkt steigen, ist dies mit ungeplanten, höheren Ausgaben von 30 bis 40 Mio. pro Jahr verbunden. Die Mehrausgaben kumulieren sich im Trend steigender Zinsen auf 60 bis 80 Mio. im zweiten Jahr usw. Damit wird klar, dass der stärkste Druck auf die Ausgaben im Fall steigender Zinsen im Bereich der mittel- bis langfristigen Anschlussfinanzierungen entsteht. Die höheren Zinsausgaben müssen kurzfristig bei anderen Haushaltspositionen eingespart werden. Wichtige Zukunftsausgaben, wie etwa Investitionen in Bildung oder Infrastruktur, würden deutlich eingeschränkt. Insbesondere Infrastrukturausgaben benötigen einen langen Planungsvorlauf und einen verlässlichen Finanzierungsrahmen.

Hinzu kommt, dass sich Schleswig-Holstein seit 2012 an eine Konsolidierungsvereinbarung mit den anderen Bundesländern und dem Bund gebunden hat, wonach der Schuldenabbau festen, in der Verfassung verankerten Regeln unterliegt. Ab 2020 gilt die sog. „Schuldenbremse“. Danach dürfen neue Schulden nur noch in festgelegten Ausnahmesituationen aufgenommen werden. Im Zusammenhang mit der Schuldenbremse werden seit 2014 im jährlichen Haushalt Obergrenzen für die Zinsausgaben und für die anteiligen Zinsänderungsrisiken für die nächsten 5 Jahre verbindlich gesetzlich festgeschrieben. Die Festlegung der Obergrenzen basiert auf einer finanzpolitischen Grundsatzfrage, die vereinfacht lautet: Welche Zinsschwankungsbreite nach oben verträgt der Gesamthaushalt in Schleswig-Holstein? In diese Fragestellung werden weitere wichtige finanzielle Einflussgrößen wie beispielsweise die Steuereinnahmen oder die möglichen Ausgaben im Zusammenhang mit dem Verkauf der HSH-Nordbank einbezogen. Insgesamt wird deutlich, dass die finanzielle Planungssicherheit für Schleswig-Holstein eine besonders hohe Bedeutung hat.

Diagramm Zinsentwicklung seit 2007
Diagramm Zinsentwicklung seit 2007

Kredit- und Zinsmanagement:

Die Kreditfinanzierungen des Landes Schleswig-Holstein werden im Fachreferat für „Kredit- und Zinsmanagement, Schulden- und Derivatverwaltung“ umgesetzt. Mit jeder Kreditfinanzierung werden – wie bei der privaten Baufinanzierung  – die Zinskonditionen festgeschrieben. Im Zuge der sehr niedrigen Zinsen verfolgt das Land seit Jahren eine konservative Finanzierungsstrategie. Die Zinskonditionen werden überwiegend über eine lange Laufzeit und zu festen Sätzen abgeschlossen. So beträgt die durchschnittliche Laufzeit der Kredite seit Jahren rd. 7 Jahre. Über 80% der Schulden tragen eine feste Verzinsung .

Aus der Sicht des Kredit- und Zinsmanagements ist folgender Aspekt wesentlich: Jede Finanzierungsentscheidung im Einzelfall ist eine Abwägung zwischen den damit verbundenen Kosten und Risiken. Sie ist unter Unsicherheit zu treffen. Die Festschreibung der Zinssätze über einen langen Zeitraum bedeutet zwar eine Begrenzung des sog. Zinsänderungsrisikos sowie ein – für den Haushalt so wichtiges – hohes Maß an Planungssicherheit. Die lange Zinsbindung ist aber in der Tendenz auch mit höheren Kosten verbunden. Das Land hat sich im Grundsatz in den letzten Jahren für ein Weniger an Risiken und damit verbunden für ein Mehr an Kosten entschieden. Die Notwendigkeit, mit den vorhandenen Risiken unter den finanziellen Rahmenbedingungen des Landes umgehen zu müssen, führt zur Nutzung von Zinsderivaten im Rahmen des Kredit- und Zinsmanagements.

 

Einsatz von Zinsderivaten:

Das Land Schleswig-Holstein setzt bereits seit Mitte der 90er Jahre Derivate im Rahmen seines Kredit- und Zinsmanagements ein. Der Derivateinsatz erfolgt auf gesetzlicher Grundlage und dient ausschließlich der Steuerung der Zinsausgaben aus aufgenommenen Krediten. Es wird nicht mit Derivaten gehandelt, um kurzfristig vermeintliche Gewinne zu erwirtschaften, also kein Handelsgeschäft betrieben. Vielmehr werden diese Instrumente verwendet, um Zinsänderungsrisiken zu begrenzen und um Zinskonditionen zu optimieren. Das Land hält aktuell fast 350 Derivate mit einem Nominalwert von annähernd 33 Mrd. Euro. Über 80% des Gesamtvolumens sind im Zusammenhang mit der Strategie der Zinssicherung abgeschlossen worden.

 

Strategie der Zinssicherung durch Zinsderivate:

Vor dem Hintergrund der finanziellen Situation des Landes einerseits und des Trends niedriger Zinsen andererseits wurde von der Regierung in Schleswig-Holstein bereits in 2013 eine Strategie der Zinssicherung beschlossen. In die entsprechende Grundsatzentscheidung wurden alle im Landtag vertretenen Parteien und auch der Landesrechnungshof eingebunden.

Kernaspekt ist die vorzeitige Festschreibung der Zinskonditionen für die planmäßigen Finanzierungen in späteren Jahren mit einem Anteil von jeweils mindestens 50%. Die technische Umsetzung der Zinssicherung erfordert den Einsatz von Zinsderivaten, konkret handelt es sich um standardisierte Zinsswaps und Zinsoptionen. Beispielsweise kann im aktuellen Marktumfeld durch einen sog. Zinsswap ein Zinssatz in Höhe von 1,75% für eine zehnjährige Finanzierung in 2023 festgeschrieben werden (Termingeschäft). Das Land trägt hier in der Zukunft die ursprünglich vereinbarte Festsatzbindung und gibt damit die Möglichkeit auf, von nach dem Entscheidungszeitpunkt weiter sinkenden bzw. gleichbleibenden Zinsen in den Jahren ab 2023 zu profitieren, erhält aber die notwendige Planungssicherheit. Eine weitere Möglichkeit der Zinssicherung durch Finanzderivate ist der Kauf einer Zinsoption. Diese wirkt wie eine Versicherung. Wie bei Versicherungen üblich muss dafür eine Prämie bezahlt werden. Das Land hat bislang rd. 40 Mio. hierfür ausgegeben. Bei einem Zinsausgabenvolumen von rd. 6-7 Mrd. in den nächsten 10 Jahren ist der entsprechende Aufwand (deutlich unter 1%) vergleichsweise gering.

Schleswig-Holstein hat inzwischen jeweils etwa 40 bis 50% der planmäßigen Anschlussfinanzierungen bis einschließlich 2023 durch Zinsderivate gesichert. Hierbei sind die zusätzlichen Schulden aus der Beteiligung an der HSH-Nordbank in Höhe von knapp 5 Mrd. bereits berücksichtigt. Insgesamt wurden in etwa hälftig Zinsswaps und Zinsoptionen in der beschriebenen Form eingesetzt. Die Grafik aus dem aktuellen Finanzplan verdeutlicht die Auswirkungen der Strategie unter der Annahme verschiedener Zinsszenarien: Einerseits wurde die potenzielle Schwankungsbreite der Zinsausgaben für den Fall steigender Zinsen in etwa halbiert. Andererseits –und dies liegt in der Natur der Sache- wurden auch die Möglichkeiten, von weiter sinkenden Zinsausgaben zu profitieren, reduziert. Schleswig-Holstein hat sich frühzeitig für das notwendige Maß an Planungssicherheit für die zukünftigen Haushalte entschieden.

Diagramm Zinsausgabenspektrum mit/ ohne Zinssicherung
Diagramm Zinsausgabenspektrum mit/ ohne Zinssicherung

Der Einsatz von Zinsderivaten im Rahmen des Kredit- und Zinsmanagements ermöglicht die risikoadäquate Steuerung der Zinsausgaben. Über die Finanzierungsstrategie und den Einsatz von Zinsderivaten wird im Landtag (Finanzausschuss) regelmäßig berichtet, die entsprechenden Berichte sind öffentlich zugänglich.

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